Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
80 Days - Die Farbe der Begierde: Roman (German Edition)

80 Days - Die Farbe der Begierde: Roman (German Edition)

Titel: 80 Days - Die Farbe der Begierde: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vina Jackson
Vom Netzwerk:
hinaufhangeln.
    »Wunderschön, nicht wahr«, sagte jemand zu meiner Linken mit Südstaatenakzent.
    Die Stimme gehörte einem blonden Mann in einem marineblauen Nadelstreifenanzug mit schmaler Krawatte, der in einer Hand ein Schnapsglas und in der anderen eine Zigarre hielt. Er hatte einen der Tische an den Rand gezogen und sich daraufgestellt. Jetzt lehnte er sich mit seinem ganzen Gewicht ans Geländer und sah mit dem Selbstvertrauen eines Menschen in die Nacht hinaus, der sich entweder für gefeit vor jener Art von Missgeschicken hält, bei denen jemand von der Brüstung einer Terrasse in den Tod stürzt, oder der davon überzeugt ist, dass die Gesetze der Schwerkraft für ihn nicht gelten.
    »Ja, das ist es«, antwortete ich und inhalierte ein bisschen von dem Zigarrenrauch, der ihn umgab.
    Überraschend elegant sprang er von seinem Aussichtspunkt herunter und stellte sich neben mich.
    »Woher kommen Sie?«, fragte er.
    »Ursprünglich aus Neuseeland. Später London, dazwischen Australien.«
    »Sie kommen ganz schön rum, was?«
    »Kann man so sagen.«
    Ich sah, dass es bei meiner Antwort in seinen Augen aufblitzte, und lehnte mich ein bisschen näher zu ihm hinüber, nur falls aus meinen Worten allein noch nicht deutlich geworden war, dass ich flirtete.
    »Möchten Sie noch etwas trinken?«
    Ich beäugte den Rest meines unterdurchschnittlichen Mojitos.
    »Vielleicht woanders?«
    Das brauchte er nicht zweimal fragen. Fünfundvierzig Minuten später waren wir in seiner Wohnung an der Upper East Side, die so minimalistisch chic eingerichtet war, wie ich es von Dominiks Bleibe erwartet hatte, ehe ich ihn besser kennenlernte. Inzwischen war mir klar, dass Reichtum nicht unbedingt mit Eleganz einherging, obwohl ich mir bei Dominik noch immer nicht sicher war, ob er wirklich Geld hatte. Vielleicht hatte er seine sämtlichen Ersparnisse in den Kauf meiner Bailly gesteckt und fristete sein Leben seither mit dem ganz normalen Gehalt eines Universitätsprofessors.
    Der Mann, den ich aufgegabelt hatte, stellte sich als Derek vor, gebürtiger New Yorker, der in der Versicherungsbranche arbeitete. Ich erzählte ihm, ich hieße Helen und sei Rechtsanwaltsgehilfin. Die Erfahrung hatte mich gelehrt, dass die meisten Männer mit Sekretärinnen und Krankenschwestern gut klarkamen; außerdem umging ich dadurch die Gefahr, sie könnten mich irgendwann in meiner Musikwelt aufspüren und plötzlich in einem Konzert sitzen.
    Derek hieß tatsächlich Derek, stellte ich fest, als mein Blick auf einen Stapel Post auf seiner Küchentheke fiel.
    Seine Wohnung stank vor Geld, aber leider auch nach kürzlich gegrilltem Lachs und Zigarrenrauch, und die meisten Fenster ließen sich nicht öffnen. Wahrscheinlich war es ihm zu mühsam, auf den Balkon zu gehen, und er rauchte drinnen.
    »Was magst du?«
    Zuerst dachte ich, er wolle mir etwas zu trinken anbieten, aber dann wurde mir klar, dass er sich nicht von der Stelle rührte. Weder machte er Anstalten, am Herd den Kessel aufzusetzen, noch eine Flasche aus dem Kühlschrank zu holen. Dass er sich so unverblümt nach meinen sexuellen Vorlieben erkundigte, verschlug mir die Sprache.
    »Ähm …«
    Er trat auf mich zu und brach mit einem Kuss das Eis. Er war wirklich kein schlechter Küsser, doch der Geruch seiner Fischmahlzeit machte mir zu schaffen.
    Kurz überlegte ich, das Ganze abzublasen, aber als unerschütterliche Optimistin hoffte ich, dass es besser würde, sobald wir zur Sache kamen. Außerdem versuchte ich, meine Taxikosten herunterzuschrauben und Geld zu sparen, um im Lauf des Jahres ein bisschen reisen zu können. Wenn ich über Nacht blieb, konnte ich morgen früh die U-Bahn nehmen oder zu Fuß nach Hause gehen.
    Ich wäre beinahe zusammengezuckt, als Derek meinen Mund ausgiebig mit der Zunge zu erforschen begann und sie tief in mich hineinbohrte, ein Manöver, das weiter unten bei mir weit besser platziert gewesen wäre.
    Dabei fiel mir Dominik ein, der sich dabei ausgesprochen geschickt anstellte, und ich fragte mich, ob seine Talente wohl schlummerten, seit er New York verlassen hatte, oder ob er in London gerade ebenfalls ein Tête-à-tête hatte. Die Vorstellung von Dominik und einer anderen Frau törnte mich an. Ich schob Derek aus der Küche ins Wohnzimmer, wo die Luft besser war.
    »Oha«, murmelte er, »eine Frau, die sagt, wo’s langgeht. Das gefällt mir.«
    Die Sache entwickelte sich ganz und gar nicht wie erhofft.
    Vorsichtig streifte mir Derek die Spaghettiträger

Weitere Kostenlose Bücher