80 Days - Die Farbe der Begierde: Roman (German Edition)
war als Dominiks blasser englischer Körper. Ich fragte mich, ob Simón wohl behaart war, so wie Baldo. Ich stand auf behaarte Männer. Das verband ich mit Leidenschaft und Testosteron, mit Männlichkeit eben. Dominik hatte nur einen zarten Flaum auf seiner Brust, sein Bauch war kahl, und erst in der Leistengegend sprossen die Haare wieder. Wie ein dunkler Pfeil wiesen sie auf seinen Schwanz.
Am Ende gab ich es auf, die zwei auseinanderzuhalten, und hatte sie in meiner Vorstellung beide zugleich, Dominik in meinem Mund, mein Gesicht vor seinem Schwanz, Simón in meiner Möse.
Aber irgendwie konnte ich mir von keinem der beiden vorstellen, dass er sich mit einem anderen eine Frau teilte.
Marija mochte ich in dieser Angelegenheit nicht mehr um Rat fragen. Obwohl sie Dominik gar nicht kannte, misstraute sie ihm zutiefst. Sie war ganz und gar auf Simóns Seite und stachelte mich ständig an, seinem Werben nachzugeben.
»Sei nicht dumm, Mädchen. Mit diesem Mann würde dir die Welt zu Füßen liegen. Oder zumindest das Lincoln Center. Was tut denn schon dieser Engländer für dich, hm?«
Sie hatte Baldos Gewohnheit übernommen, bei voll aufgedrehter Heizung lediglich in Unterwäsche in der Wohnung herumzulaufen. Marija bevorzugte Sets aus Baumwolle in allen möglichen leuchtenden Farben; Spitze oder Satin waren offenbar nicht ihre Welt. Zum Glück zahlte ich eine Pauschalmiete inklusive aller Nebenkosten, sodass die zusätzlichen Heizkosten allein an den beiden hängen blieben. Marija hatte die langen dünnen Beine eines Stelzvogels, ihre Oberschenkel waren ungefähr so dick wie meine Oberarme, obwohl sie aß wie ein Scheunendrescher. Baldo hingegen war permanent auf Diät, blieb dabei aber doch stets, wie er war, rund und drall. »Mein molliges Äffchen«, nannte ihn Marija gern und kicherte, wenn er sich darüber aufregte.
»Es geht nicht darum, was der eine oder andere für mich tut«, seufzte ich.
»Red keinen Unsinn! Natürlich geht es darum. Und wenn du unbedingt weiter mit dem Engländer rummachen willst, dann halt wenigstens die Klappe. Der Dirigent wird dich nicht weiter bevorzugen, wenn er alle Hoffnung aufgeben muss, dir eines Tages doch noch an die Wäsche gehen zu können.«
»Schau mal einer an, und ich dachte, sie ist mit mir zusammen, weil sie mich liebt«, warf Baldo ein.
»Mich interessiert nur dein Körper«, antwortete Marija, schlang die Arme um seinen Hals und schmiegte sich an ihn.
Rasch schnappte ich meine Tasche und machte mich davon, bevor sich die beiden wieder von ihrer Zuneigung überwältigen ließen.
An diesem Abend war ich mit Cherry verabredet. Sie trat bei einer Revue mit einer Burlesque-Nummer in einer Bar in Alphabet City auf. Es war eine gute Show und Cherry eine der Hauptattraktionen. Das Programm begann um acht, aber da Cherry erst um elf dran war, blieb uns genügend Zeit, miteinander zu plaudern.
Als ich ankam, war sie bereits da. Ihr pinkfarbener Schopf leuchtete im Schummerlicht der Bar wie ein Signalfeuer. Sie winkte mich an ihren Tisch, als sie mich an der Tür erblickte, und reichte mir einen Cosmopolitan.
»Das habe ich ja schon seit Jahren nicht mehr getrunken«, sagte ich.
»Vermutlich nicht mehr, seit Sex and the City im Fernsehen lief?«
»Ja, könnte hinkommen«, sagte ich mit einem Lachen.
»Du bist im Rückstand. Das ist nämlich schon mein zweiter. Der ganze Trick bei meiner Nummer ist, den schmalen Grat zwischen angeheitert und betrunken zu finden, dann läuft es ganz von allein.«
»In einem Orchester funktioniert das leider nicht«, meinte ich. »Ein Bier, und der Dirigent schmeißt mich raus.«
»Du solltest Rockmusikerin werden.«
»Ich fürchte, dieser Zug ist abgefahren. Meine Miete zahlt Vivaldi.«
»Wie war Silvester? Hat dich dein Typ besucht?«
»Es war toll! Wir waren in New Orleans. Nur dass ich jetzt dringend ein paar Tage Erholung bräuchte. Er hat mich völlig fertiggemacht.«
»Sei froh! Meine beiden Männer sind im Moment nicht greifbar, sie arbeiten woanders.«
»Wie bitte? Deine ›beiden Männer‹?«
Cherry grinste bis über beide Ohren. »Jepp. Bin ich nicht ein glückliches Mädchen? Ich habe gleich zwei.«
»Und wissen sie voneinander?«
»Klar doch. Pete hat auch noch eine andere Freundin. Bei der ist er gerade. Tony ist auf Tournee mit seiner Band. Ich bin seine feste Freundin, aber da schwirren auch immer noch eine Menge Groupies herum. Er ist ein viel beschäftigter Typ.«
Ich starrte sie ungläubig an. »Macht
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