80 Days - Die Farbe der Begierde: Roman (German Edition)
dich das nicht eifersüchtig?«
Sie seufzte. »Das fragt jeder.«
»Liegt ja auch nahe. Also, bist du es?«
»Ab und zu. Das würde wohl jeder so gehen. Aber mit Pete bin ich schon seit fünf Jahren zusammen. Wir kriegen das hin. Tony ist sozusagen mein Ersatzmann. Ich glaube, ein Typ reicht mir einfach nicht. Ist mir zu langweilig.«
»Und von wem stammt diese Idee, von ihm oder von dir?«
»Von mir, glaube ich. Wir sind ab und zu in Swingerclubs gegangen, um unserer Beziehung etwas mehr Pep zu geben. Damit hat es angefangen. Und du? Wie läuft’s bei dir? Ist es was Ernstes mit deinem Engländer?« Sie hielt ihr Glas ans Licht. »Die sparen hier immer am Cointreau. Erinnere mich daran, dass ich es dem Barkeeper mal sage.«
Ihre falschen Wimpern glitzerten im Licht, das vom Glas zurückgeworfen wurde. Jedes Wimpernhärchen zierte ein winziger Kristall – als wäre eine Spinne mit ihren dünnen Beinen durch den Schnee gelaufen.
»Nun, wir treffen uns beide irgendwie auch mit anderen.«
»Was soll das heißen, ›irgendwie‹? Entweder oder. Jede Art von ›irgendwie‹ ist gefährliches Gebiet. Habt ihr darüber geredet? Habt ihr klar ausgemacht, was okay ist und was nicht?«
»Das ist kompliziert.«
»Ach was. Gar nichts ist da kompliziert. Es ist alles ganz einfach. Sollte es zumindest sein.«
»Er zieht vielleicht bald hierher. Er bewirbt sich um ein Stipendium hier in New York.«
»Na, dann macht ihr das besser mal rasch klar.« Sie leerte ihr Glas. »Noch einen?« Sie schaute auf ihre Armbanduhr, eine golfballgroße, mit Glitzersteinchen besetzte Kugel, aufklappbar und mit Digitalanzeige.
»Warum nicht. Sind ja immer noch zwei Stunden.«
Ich glitt von meinem Hocker und stellte mich an der Bar an. Plötzlich wurde das Licht gedimmt, und zu der Melodie von Shirley Basseys »Goldfinger« begann auf der Bühne die erste Nummer des Abends. Die Tänzerin war groß, schlank und trug einen Bikini im Stil der Fünfzigerjahre mit hoher Taille und Leopardenmuster, dazu aberwitzig hohe High Heels. Sie war Mulattin mit bronzefarbener Haut und dichtem, dunklem, zu einem Afro frisiertem Haar. Es war eine Gesangs- und Tanznummer, und sie beherrschte die Bühne mit dem Selbstvertrauen einer jungen Löwin, die gerade eine Gazelle geschlagen hat.
»Danke«, sagte Cherry, als ich ihr den Cosmopolitan reichte – diesmal mit viel Cointreau. »Man würde nie auf die Idee kommen, dass sie mal ein Mann war, oder?«, flüsterte sie mir zu und nickte Richtung Bühne.
Ich schaute genauer hin. Tatsächlich, da war eine verräterische kleine Beule zwischen ihren Beinen, aber ihre Bewegungen waren ausgesprochen feminin und hatten etwas Katzenhaftes. Selbst bei entspannten Posen sah es so aus, als könnte sie sich jeden Augenblick auf eine Beute stürzen. Bitte auf mich, hoffte ich, so unwahrscheinlich das auch war.
Die nächste Nummer fiel im Vergleich dazu ziemlich ab – ein durchaus hübsches Mädchen in Männerklamotten, das einen Striptease vorführte. Aber ihr fehlte das nötige Etwas, und dann verhedderte sie sich bei ihrem Abgang von der Bühne auch noch in ihren Kleidern. Sie tat mir ein bisschen leid.
»Okay. Gleich bin ich dran. Nach der nächsten Nummer. Ich werfe mich besser mal in mein Kostüm.«
Cherry verschwand durch eine Tür neben der Bühne. Sie schleppte eine riesige Tasche mit, in der sie gut und gerne hätte wohnen können.
Vor ihr kam noch ein Striptease, diesmal ein Mann. Er hatte sich als Bär verkleidet, der Männerklamotten trug, aus denen er sich dann in seinem Strip bis auf seinen künstlichen Bärenpelz entblätterte. Das Ganze war ebenso absurd wie komisch.
Ich erkannte Cherry kaum, als sie die Bühne betrat. Sie erschien von Kopf bis Fuß in Pink, in einem bodenlangen Satinkleid mit einer Chiffonschleppe und zwei riesigen pinkfarbenen Federfächern, die beinahe größer waren als sie selbst. Dazu trug sie Stilettos, ebenfalls in hellem Pink gehalten und mit kleinen, bei jedem Schritt glitzernden Kristallen besetzt, die Absätzen waren derart hoch, wie ich es noch nie gesehen hatte. Außer ihren Füßen in den Stilettos war von ihrem Körper hinter den Fächern jedoch nichts zu sehen.
Ich hatte erwartet, dass ihre Nummer so ähnlich ablaufen würde wie die letzten, wieder ein langsamer Strip zu einem Femme-fatale-Song im Hintergrund, bei dem sie sich langsam bis zu den Dessous entblätterte. Aber Cherry legte eine wesentlich flottere Nummer zu Rick James’ »Super Freak« hin.
Das
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