Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
80 Days - Die Farbe der Begierde: Roman (German Edition)

80 Days - Die Farbe der Begierde: Roman (German Edition)

Titel: 80 Days - Die Farbe der Begierde: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vina Jackson
Vom Netzwerk:
schwiegen eine Weile. Dominik versuchte sich vorzustellen, wie die Landschaft von Maine vor ihrem Hotelfenster aussah. Felder? Berge? Meer?
    »Ich muss jetzt auflegen«, sagte Summer. »Die anderen erwarten mich unten zum Frühstück. Es soll hier fabelhafte Pfannkuchen geben. Mit Ahornsirup.«
    » Bon appétit «, sagte er, um einen munteren Tonfall bemüht.
    »Wir sehen uns am Donnerstag.«
    Dominik wusste bereits, dass er am Donnerstag nicht zu Hause sein würde, weil er zu diesem Zeitpunkt einen Vortrag in der Bibliothek hielt. Über das Thema hatte er sich allerdings noch gar keine Gedanken gemacht. Es kam ohnehin nie mehr als ein Dutzend Leute, und Improvisation war seine Stärke. Der Vortrag gehörte zu den Verpflichtungen seines Stipendiums, aber weder die Bibliothek noch die Stiftung gaben sich besondere Mühe, diese Veranstaltungen mit mehr als ein paar lieblosen Ausdrucken zu bewerben, die irgendwo aufgehängt wurden, wo sie kaum jemand wahrnahm. Der einzige Trost war, dass keiner der anderen Stipendiaten dieses Jahres ein größeres Publikum anzog, nicht einmal jener, der für den Booker Prize nominiert war, ebenso wenig die Trägerin des National Book Award, die beide viel berühmter waren als er und zahlreiche Bücher veröffentlicht hatten.
    Gerade kam er mit ein paar lockeren Bemerkungen über die diversen Verfilmungen von Fitzgeralds Gatsby und die Schauspieler, die Jay, Daisy und Nick verkörpert hatten, zum Schluss.
    Da schob sich noch ein Nachzügler durch die Tür und nahm in der letzten Reihe Platz. Dominik erkannte ihn sofort. Es war Victor.
    Er wusste, dass der Kerl in New York war, hatte aber keinen Versuch gemacht, mit ihm Kontakt aufzunehmen.
    Wie hatte Victor von dieser entlegenen Veranstaltung Wind bekommen? Da fiel Dominik ein, dass er sie beiläufig Lauralynn gegenüber erwähnt hatte. Das war die Erklärung. Ob sie immer noch in New Haven war? Hatte sie die Schwangerschaftsvertretung ergattert?
    »Gehst du mir etwa aus dem Weg, alter Knabe?«, fragte Victor, der auf Dominik zutrat, als die Zuhörer nach und nach den Raum verließen. Er hatte sich in den Monaten, in denen sie sich nicht gesehen hatten, kein bisschen verändert. Klein, graue Haare, sorgfältig gestutzter Bart, eine gepflegte, weltmännische Erscheinung mit selbstsicherem Auftreten. Die Frauen standen auf ihn, auch wenn Dominik nie begreifen konnte, woran das eigentlich lag. Wahrscheinlich war es die Überlegenheit, die er ausstrahlte, und der entschlossene Blick seiner stahlgrauen Augen.
    »Vielleicht.« Der Ton seiner Stimme war kühl, aber höflich.
    »Ich dachte, wir sind Freunde?«
    »Das dachte ich auch.«
    »Was hast du dann?«
    Victor trug ein weißes Seersucker-Jackett mit blauen Streifen, schwarze Hosen und ein Hemd mit Button-down-Kragen. Trotz der warmen Witterung hatte er nicht auf eine Krawatte verzichtet, ein unmodisches braunes Teil mit riesigem Knoten. Victor hatte einen etwas exzentrischen Kleidungsstil, der seine osteuropäische Herkunft verriet. Er sah stets eher wie ein geschniegelter Apparatschik als wie ein lässiger Akademiker aus. Wahrscheinlich hatte er sich das in seiner Jugend angeeignet; in gewissem Grad sind wir alle Sklaven unserer Herkunft.
    Da Dominik ihm offenbar keine Antwort geben wollte, hakte Victor amüsiert nach. »Geht es um das Mädchen? Die Geigenspielerin?«
    »Genau.«
    Victor war sich ziemlich sicher, dass Summer Dominik keinen reinen Wein eingeschenkt hatte über das, was in New York zwischen ihnen gelaufen war. »Lauralynn hat wohl geplaudert, was?«
    »Dass die Idee mit der Krypta von dir stammte und du auch sonst die Fäden gezogen hast, als wären wir Marionetten. Das war ziemlich hinterhältig von dir, Victor.«
    »War doch bloß ein Spiel, Dominik. Hab dich nicht so, wir lieben doch beide Spielchen, oder etwa nicht? Wir verstehen uns.«
    »Hast du hier in Amerika mit ihr zu tun gehabt?«, fragte Dominik. Victor überlegte. Wenn Dominik ihn so fragte, musste er völlig ahnungslos sein. Victor lächelte in sich hinein. »Natürlich nicht! Ich habe sie hier und da mal gesehen, wir verkehren schließlich in denselben Kreisen. Das ist unvermeidlich – es ist eben eine kleine Welt, in der wir uns bewegen. Hat fast schon was von Inzucht, wenn du mich fragst. Außerdem wusste ich doch, dass sie dein Eigentum ist … Anschauen erlaubt, Anfassen verboten, stimmt’s?«
    »Mein Eigentum?«
    »Dein Schoßhündchen, oder etwa nicht?«
    »Du hast eine reichlich seltsame Art, so

Weitere Kostenlose Bücher