80 Days - Die Farbe der Erfüllung: Band 3 Roman (German Edition)
Summer, aufgenommen mit einem Weichzeichner. Man sah eine Spur ihrer nackten Schultern, und die Mähne ihres feuerroten Haars wirkte vor dem schneeweißen Hintergrund wie eine ohrenbetäubende Explosion. Dominik meinte, den schmalen schwarzen Träger ihres Kleids wiederzuerkennen. War es nicht das, das er ihr auf dem Straßenmarkt am Waverly Place gekauft hatte?
Bitter grübelte er, dass nun irgendjemand in einem Geschäft, das sowohl mit Büchern als auch mit CD s handelte, zufällig beides gemeinsam kaufen konnte – seinen Roman und Summers Musik –, ohne zu wissen, wie eng sie einst verbunden gewesen waren.
Schwermütig seufzte Dominik auf. Er wusste, dass seine Stimmung sich nicht bessern würde, wenn er jetzt die CD abspielte.
Was er brauchte, war Stille.
Der blinkende Cursor auf seinem Bildschirm schien ihn zu verhöhnen.
Seit ihrer Rückkehr nach London hatte Lauralynn es sich zur Aufgabe gemacht, Dominik wieder aufzurichten. Ohne ih ren Zuspruch hätte er vielleicht nicht durchgehalten und seinen Paris-Roman abgebrochen. Wahrscheinlich wäre er dann ganz einfach wieder in sein stilles Dasein als Professor zurückgekehrt und hätte sich mit gelegentlichen unverbindlichen sexuellen Abenteuern zufriedengegeben.
Sie wusste, dass er sich von ihr angezogen fühlte, und ließ keine Gelegenheit aus, ihn mit ihrem ungezwungenen Verhältnis zu Nacktheit und Sex erotisch aufzuheizen. Dies versetzte ihn in eine Spannung und Erregung, die ihm den nötigen Treibstoff lieferte, um genügend Sätze auszuspucken, sodass das Manuskript am Ende vielleicht doch fertig wurde. Es half ihm auch nicht in Selbstmitleid und seinen Erinnerungen an Summer zu versinken, wenngleich die weibliche Hauptfigur seines Buchs in all ihren Zügen an eine gewisse rothaarige Violinistin angelehnt war.
»Du brauchst mehr Zerstreuung, mein Guter«, hatte sie eines Abends mit einem neckischen Augenaufschlag gesagt, der verriet, dass sie etwas im Schilde führte.
»Findest du?« Er wusste, sie meinte es gut mit ihm, doch er hatte das Gefühl, noch immer in der Trauerphase zu sein. Es war viel zu früh, sich wieder ins Leben zu stürzen.
Aber Lauralynn ließ sein Nein nicht gelten und überredete ihn, sich zu diesem Anlass feinzumachen. Mit der ironischen Bemerkung, so alt sei er doch wohl noch nicht, brachte sie ihn davon ab, ein gemustertes Hemd anzuziehen, und überredete ihn zu einem blauen Button-down-Hemd von Tommy Hilfiger. Das trug er sonst eigentlich nur zu ausgesprochen förmlichen Anlässen, zu denen dieser Abend eher nicht zählte.
»Du wirst es nicht bereuen«, versicherte ihm Lauralynn.
»Das will ich doch hoffen.«
Lauralynn überließ nichts dem Zufall, und ihr Geschmack war, milde ausgedrückt, anders geartet. Einmal hatte er gescherzt, sie sei wohl so eine Art Kleinstadt-Casanova und habe sicher ein kleines schwarzes Buch voller Namen und Adressen von Leuten, die sie innerhalb kürzester Zeit zu einer kleinen Party zusammentrommeln konnte. Mit einem breiten, spitzbübischen Lächeln hatte sie geantwortet, da liege er falsch. Sie habe die Namen und Adressen allesamt im Kopf.
»Und säuberlich nach Kategorien unterteilt«, fügte Domi nik hinzu. »Subs, Sklaven, Swinger, Crossdresser, schlichte Bottoms und Switcher und noch all die anderen Unterteilungen, von denen Unbedarfte wie ich keine Ahnung haben. Zweifellos sind sie ausnahmslos hübsch und warten brav darauf, mal wieder für ein Spielchen ausgesucht zu werden.«
»So ist es«, hatte sie ihm triumphierend bestätigt. »In schwierigen Zeiten wie diesen muss eine Frau schließlich eine gewisse Ordnung halten …«
»Also, was steht heute auf der Tagesordnung?«, fragte Dominik. Es war später Nachmittag, und sie warteten auf das bestellte Taxi, da sie wegen der Parkbeschränkungen in der Innenstadt unmöglich mit seinem BMW ins West End fahren konnten.
»Wart’s ab.« Ein Hauch ihres Parfüms wehte ihm um die Nase, eine köstliche Mischung aus grünen Komponenten mit einer Zitrusnote. Lauralynn besaß ein ganzes Arsenal von Düften, die sie je nach Beute einsetzte. Wenn sie offen nach Frauen jagte, benutzte sie schweren, dunklen Moschus, dunkel vor Angriffslust. An diesem Nachmittag war sie aber offenbar auf anderes aus, wie Dominik aus dem eher zarten Akzent ihres Parfüms schloss.
Sie waren in der Kellerbar eines Pubs am Cambridge Circus im Zentrum Londons verabredet. Dominik war nie ein großer Freund von Pubs gewesen, da ihm Alkohol nicht schmeckte und er sich
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