80 Days - Die Farbe der Erfüllung: Band 3 Roman (German Edition)
machten uns auf, um die Musik zu suchen. Als wir am Dungeon vorbeikamen, warf Fran einen kurzen Blick hinein, schien aber nicht sonderlich interessiert.
»Jeder nach seinem Geschmack«, sagte sie achselzuckend und ging weiter.
Kaum hörte ich das leise Stöhnen und das Zischen der Flogger, die auf Haut schlugen, wünschte ich mir, ich wäre nicht mit meiner Schwester und meinem besten Freund hier.
Es war schon lange her, dass ich mir ein Geschirr aus Seilen hatte knüpfen lassen oder eine Hand auf meinem Arsch gespürt hatte, die mir beim Liebesspiel mehr als einen sanften Klaps versetzte. Das fehlte mir. Nachdem ich mit Dominik gebrochen und zu Simón gezogen war, hatte ich mir wirklich Mühe gegeben, mich von der Szene fernzuhalten. Es war mir falsch erschienen, Neigungen nachzugehen, die ich nicht zusammen mit meinem neuen Partner ausleben konnte. Also hatte ich alle Wünsche dieser Art unterdrückt, in der Hoffnung, sie würden mit der Zeit einfach verschwinden.
Doch wenn die Fetischszene weiterhin eine solche Wirkung auf meinen Körper und Geist ausübte, war mir das ganz offensichtlich nicht gelungen. Die Geräusche, die aus den dunklen Ecken des Dungeons drangen, das Zischen der Peitsche, die durch die Luft fuhr, das Klatschen einer Hand auf einem Hintern, das Stöhnen eines Subs, dem eine Prüfung auferlegt wurde, all das brachte meine Fantasie in Schwung und ließ meine Hände zittern. Die Atmosphäre machte mich total an, und ich war mir nicht sicher, ob ich das für den Rest des Abends verbergen konnte.
Ich wusste, dass Fran bei Chris gut aufgehoben war und ich mal kurz verschwinden konnte, um auf eigene Faust meinen Spaß zu haben.
»He, ich besorge uns was zu trinken, und wir treffen uns auf der Tanzfläche wieder, in Ordnung?«
»Okay«, rief Fran zurück. »Wir sind den ganzen Abend hier!«
Sie verschwanden in der Menge und überließen mich mir selbst.
Ich überlegte kurz, ob ich zum Dungeon zurückkehren sollte, verwarf den Gedanken aber. Alle Gerätschaften dort waren belegt gewesen, außerdem bezweifelte ich, dass mein Kostüm ein Flogging heil überstand oder dass es mir gelingen würde, mich aus meinem Latexhöschen zu schälen, ohne es zu zerreißen.
Stattdessen ging ich eine Treppe hinauf – mit meinen hohen Absätzen und bei den ausgetretenen Stufen ein heikles Unterfangen – und gelangte in einen großen, dunklen und nicht weiter gekennzeichneten Raum.
Meine Augen brauchten eine Weile, um sich an die Dunkelheit zu gewöhnen. Ich war auf dem Balkon des umgebauten Kinosaals gelandet, der noch mit den alten Klappsesseln ausgerüstet war. Ich setzte mich in eine der Reihen und war dankbar für die Gelegenheit, einen Moment aus meinen unbequemen High Heels zu schlüpfen.
Auf der Leinwand lief ein Kurzfilm in Endlosschleife. Er zeigte nackte Körper, teils in extremen und fetischistischen Posen. Im Flimmerlicht sah ich, dass ich nicht die Einzige hier im Saal war.
Nach einer Weile kam eine Frau mit einem Mann im Schlepptau und setzte sich genau vor mich. Sie war eines der hübschesten Wesen, das ich je gesehen hatte, bestimmt ein Model oder eine Schauspielerin, mit ovalem Gesicht, kurzen blonden Haaren und blassblauen oder grauen Augen. Ihr Make-up war sehr zurückhaltend, und gekleidet war sie in ein Krankenschwesternkostüm aus Latex, das sich wie eine zweite Haut um sie schmiegte und kein bisschen geschmacklos wirkte. Sicher war es extra für sie angefertigt worden und nicht wie meines von der Stange.
Ihr Partner trug Jeans und Hemd in Schwarz, aber trotz des strengen Dresscodes trug er außer einer Maske vor den Augen keinerlei Fetischkostümierung. Damit hätte er hier durchaus deplatziert wirken können, wäre da nicht die selbstbewusste Art gewesen, mit der er locker in den Schultern und mit salopp zerwühlten Haaren neben dieser wunderschönen Frau saß – er machte eher den Eindruck, es sich leisten zu können, auf die Konventionen zu pfeifen.
Als sie sich hinsetzte, trafen sich unsere Blicke, und um ihre vollen Lippen spielte ein Lächeln. Obwohl es freie Plätze in Hülle und Fülle gab, hatte sie sich einen ausgesucht, der weniger als eine Armlänge von mir entfernt war.
Ich holte tief Luft. Was würde nun geschehen? Warum hatten sie sich so nah zu mir gesetzt? Die beiden begannen sofort, sich zärtlich sanft zu küssen. Zuerst schaute ich in eine andere Richtung, weil die beiden mir so innig zu sein schienen. Doch dies war kein selbstvergessener Augenblick der
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