80 Days - Die Farbe der Erfüllung: Band 3 Roman (German Edition)
Überraschenderweise war es Frans Idee gewesen.
Sie hatte mir beim Auspacken geholfen, und dabei war ihr ein Foto von mir in die Hände gefallen, das ich schon fast vergessen hatte. Es zeigte mich und meine alte Freundin Charlotte bei meinem allerersten Besuch eines Fetischclubs.
Dominik war mein erster dominanter Liebhaber gewesen, aber in die Fetischszene hatte mich Charlotte eingeführt. An ihrer Seite hatte ich mein erstes Spanking erlebt und zum ersten Mal Fetischisten bei ihren Spielen beobachtet. Wir hatten uns später nach einer Party, die aus dem Ruder gelaufen war, aus den Augen verloren. Sie hatte sich an Dominik rangeschmissen, und ich hatte meine Eifersucht nicht bezähmen können. Obwohl ich mittlerweile keinen Groll mehr gegen sie hegte, hatte ich seitdem keinen Kontakt mehr zu ihr.
Das Foto, das schönste Erinnerungen in mir wachrief, war von einem Clubfotografen aufgenommen worden, und Charlotte hatte mir einen Abzug geschenkt. Es zeigte sie in einem leuchtend gelben Minikleid aus Latex mit roten Blitzen auf den Hüften, das so tief ausgeschnitten war, dass es ihre Brustwarzen halb freilegte.
Ich war mit einem hellblauen Satinkorsett, Rüschenhöschen und Zylinder etwas weniger auffällig gekleidet. Wir standen an Deck des Partyschiffs und lachten über irgendeinen Witz. Der Zylinder, der mir schräg auf dem Scheitel saß, gab mir ein keckes Aussehen.
»Da muss es ja lustig zugegangen sein«, sagte Fran und nahm das Foto in die Hand.
»Ach, halb so wild«, versuchte ich in möglichst neutralem Ton abzuwiegeln.
Aber wenn Fran mal etwas gewittert hatte, blieb sie hartnäckig, und so begann sie, mich mit Fragen zu löchern.
Da sie mir keine Ruhe ließ, erzählte ich ihr schließlich, was für ein Club es gewesen war, verschwieg ihr allerdings, dass mir der Meister des dortigen Dungeons unter dem wachsamen Auge von Charlotte mein erstes Spanking verpasst hatte.
»Da will ich auch hin!«, verkündete sie. Sie nahm gleich ihr iPad zur Hand und rief die Website auf. »Schau mal«, rief sie. »Die schmeißen morgen Abend eine Valentinsparty! Sieht mehr wie eine Antivalentinsparty aus. Genial. Ich hasse den Valentinstag.«
»Also, ich glaube nicht, dass das was für dich ist.«
»Woher willst du denn wissen, auf was für Partys ich stehe?«, fuhr sie auf. »Wir haben uns in den letzten fünf Jahren kaum gesehen.« Sie schürzte die Lippen und fuhr sich durch ihr kurzes blondes Haar, eine energische Geste, die keinen Widerspruch duldete.
Chris stand in der Tür und hörte uns zu. »Wenn ihr hingeht, komme ich mit.«
»Hast du nicht Probe?«, fragte ich. Am kommenden Samstag sollte der große Auftritt als Vorgruppe für die Holy Criminals steigen.
»Wir haben noch Proben ohne Ende. Auf keinen Fall lasse ich euch ohne Bodyguard in Unterwäsche aus dem Haus.«
»Na gut«, sagte ich widerwillig. So wie ich Fran kannte, würde sie sonst ohne mich gehen. Und so konnte ich wenigstens ein bisschen auf sie aufpassen.
Am nächsten Tag zog Fran los, um auf dem Portobello Road Market ein Outfit für sich und Chris zu besorgen. Mit leuchtenden Augen und schwer mit Tüten bepackt kam sie zurück. Widerstrebend ließ Chris sich von ihr mit einem alten Frack als Bräutigam ausstaffieren und dann so schminken, als wäre er bei seiner Hochzeit ermordet worden und hundert Jahre später aus der Gruft gestiegen. Für sich hatte sie ein dazu passendes, halb zerfetztes Hochzeitskleid aufgetrieben. Die wilde Frisur, die sie sich mit viel Gel ins Haar zauberte, gab ihrem viktorianischen Zombielook einen punkigen Akzent.
Als ich ihr vorschlug, sich doch lieber eine Perücke mit Victory Rolls zuzulegen, schnaubte sie nur verächtlich: »Ich hasse diese Pin-up-Frisuren.«
Ich trug zum ersten Mal Latex: ein knappes Matrosenkostüm, das ich online bestellt hatte und das mir per Express im Handumdrehen ins Haus geliefert wurde. Da es mir zu peinlich gewesen war, jemanden zu bitten, mir beim Anziehen zu helfen, hatte ich mich selbst mit Gleitmittel eingeschmiert, um mich in das enge Jäckchen und die dazu passenden blau-weiß gestreiften Hotpants zu zwängen. Nun fühlte ich mich klebrig und unbehaglich und hatte panische Angst, ich könnte irgendwo hängen bleiben, sodass das dünne Zeug riss und ich womöglich plötzlich splitternackt auf der Tanzfläche stand.
Kaum waren wir auf der Party angekommen, war Fran Feuer und Flamme. Sie eilte erst einmal durch sämtliche Räume und erforschte neugierig jeden Winkel des
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