80 Days - Die Farbe der Erfüllung: Band 3 Roman (German Edition)
kam: Ein Song aus seinem ersten Album Underground , der im Mittelteil mit einem räudigen Gitarrensolo aufwartete, das er auf den Knien spielte, den Kopf so weit zurückgebeugt, dass er seine Fersen berührte. Es hieß, er praktiziere Bikram Yoga in einer speziell dafür eingerichteten Sauna in seiner Villa. Ich hatte Mühe, mich auf die Musik zu konzentrieren, als er dem Publikum diese Kostprobe seiner Gelenkigkeit darbot.
Als wir uns nach der Show aufmachten, um Chris und die anderen zu suchen, stieß mir Fran in die Rippen.
»Du weißt, dass du nur eine unter vielen sein wirst, oder?«
»Du scheinst davon auszugehen, dass ich mit ihm schlafen will.«
»Dazu muss man keine Hellseherin sein. Und warum auch nicht? Solange dir eben klar ist, dass du nicht die Einzige bist. Wahrscheinlich nicht mal die Einzige am heutigen Tag.«
»Du meinst, ich soll die Finger von ihm lassen?«
»Um Himmels willen, nein!«, sagte sie und grinste über das ganze Gesicht. »Wann hat ein Mädchen schon mal Gelegenheit, mit einem Rockstar ins Bett zu steigen? Nur zu. Achte bloß darauf, dass er sich was überzieht.«
»Ich bin ja nicht bescheuert …«, erwiderte ich, musste aber daran denken, dass Dominik und ich beim ersten Mal kein Kondom benutzt hatten. Ein unverzeihlicher Fehler, den ich nie mehr wiederholt hatte. Mit niemandem.
»Ohne Mützchen läuft gar nichts«, setzte Fran nach und fing an zu kichern, worauf ein Bühnenarbeiter, der bei der Umkleide herumschlich, die Augenbraue hob und sie fragend ansah.
In Viggos Garderobe ging es ruhiger zu, als ich erwartet hatte. Er saß auf einem Hocker und trank eine Flasche Bier, Chris und Ted hatten es sich auf einem schwarzen Kunstledersofa bequem gemacht. Der Rest von Viggos Band war losgezogen, um neue Getränke zu organisieren. Der Raum selbst war ziemlich krass. Überquellende Aschenbecher auf dem Schminktisch sprachen den zahlreichen an die Wände gehefteten Computerausdrucken Hohn, die das Rauchen verboten. Ella beugte sich dem Spiegel entgegen und schminkte sich mit Feuchttüchern ab.
Alle applaudierten, als wir eintraten. Viggos Blick blieb an Frans sehr knappen Shorts hängen.
»He, da ist ja unser kleiner Star!«, sagte Chris. »Das Publikum fand dich toll.«
»Euch fanden sie toll. Hört doch nur mal, was da draußen los ist.«
Eine Traube von Fans, hauptsächlich Frauen, hatte sich draußen versammelt und skandierte: »Viggo, Viggo«, dazwischen hörte man auch mal: »Chris!«
»Chris ist leider kein sehr erotischer Name«, sagte ich frech. »Du solltest dir einen anderen zulegen.«
»Das habe ich schon oft gehört«, entgegnete er. »Aber dazu ist es jetzt zu spät. Ich würde mir blöd vorkommen.«
Viggo stellte sein Bier ab, ergriff meine Hand und zog mich an sich, sodass ich zwischen seinen gespreizten Beinen stand. Ich spürte, dass seine Jeans an meiner Strumpfhose rieb. Seine Berührung ging mir durch und durch und stieg mir zu Kopf wie ein Glas Champagner. Ich musste an mich halten, um ihm nicht einfach in die Arme zu sinken.
»Na, Schätzchen, hast du deine Geige dabei? Spielst du noch was für uns, nachher?« Die Betonung, die er auf das Wort »nachher« legte, klang nicht sonderlich jugendfrei.
»Gerne«, antwortete ich munter und widerstand dem Drang, mich an ihn zu drücken. Es war doch etwas ganz anderes, mit einem Frauenschwarm tête-à-tête anzubandeln, als es vor aller Welt zu tun. Ich hatte keine Lust, mich von Chris und Fran die nächsten zehn Jahre deswegen aufziehen zu lassen.
»Tja«, sagte er, »wir sollten aufbrechen.«
Die Crew hatte bereits das ganze Equipment in einige Transporter gepackt. Sie nahmen auch die Sachen von Chris und seiner Band mit ins Studio, wo sie sie in der folgenden Woche abholen würden. So konnten wir bei Viggo mitfahren, der mit seiner Band zwei unauffällige schwarze Autos mit getönten Scheiben benutzte. Privat fuhr er einen schwarzen 1987er Buick, zog es aber vor, sich nach einem Konzert unauffällig absetzen zu können.
Die Autos brachten uns zu einem umzäunten Wohnkomplex in Belsize Park. Es herrschte Totenstille, als wir dort gegen zwei Uhr nachts ankamen. »In dieser Straße wohnen jede Menge Promis«, flüsterte Chris mir zu. »Und die haben trotz ihrer unerotischen Namen Karriere gemacht.«
»Na, ich glaube, da würden dir viele widersprechen.«
»Manche Leute haben immer was zu meckern«, antwortete er und verdrehte die Augen.
Viggos Villa war ganz anders, als ich sie mir vorgestellt hatte.
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