80 Days - Die Farbe der Erfüllung: Band 3 Roman (German Edition)
Nirgends Terrarien voller Schlangen, keine Aquarien, in denen nackte Frauen schwammen, wie Gerüchte behaupteten. Abgesehen von einigen wenigen wohlplatzierten Kunstwerken wirkte sie karg, geradezu spartanisch. Von der Decke hing eine Vogelskulptur mit ausgebreiteten Flügeln. Eine Wendeltreppe aus hellem Holz und Metall schraubte sich von der Mitte des Raums ins nächste Stockwerk.
»Ist das etwa ein Damien Hirst?«, fragte Fran vor einem Bild, das perfekte Farbkreise vor weißem Hintergrund zeigte.
»Um Gottes willen«, sagte Viggo, der etwas dichter neben ihr stand, als mir gefiel. »Für wen hältst du mich?«
Als ich mir daraufhin das Bild genauer anschaute, entdeckte ich die kleinen weißen »m« auf den bunten Kreisen, die sich damit als Süßigkeiten entpuppten.
»Pfiffige Idee!«, meinte ich.
»Nicht wahr?«, meinte Viggo. Er war mir mit der Hand ein kleines Stück unter den Rock gefahren und strich mit den Fingern über meine bestrumpften Schenkel. Ich erschauderte unter der Berührung. »Ich mag pfiffige Dinge. Nun komm mal mit hoch, das Konzert ist noch nicht zu Ende.«
Der zweite Stock entsprach schon eher dem, was ich mir ausgemalt hatte. Hier sah es aus wie in einem Harem: dunkelrote und purpurfarbene Stoffe, Kronleuchter, viel Plüsch, ein golddurchwirkter Teppich und schwarze Ledersofas in ungewöhnlichen Formen, bei denen man sofort argwöhnte, sie seien für spezielle Kamasutra-Stellungen gebaut. In der Mitte des Raums stand ein Brunnen und darin eine lebensechte Frauenstatue.
Zumindest hielt ich es für eine Statue, bis sie anmutig einen Arm bewegte und sich eine Klammer aus dem langen, blonden Haar zog, das ihr bis über die Schultern fiel. Sie drehte sich langsam in unsere Richtung, sodass ich auch ihre bloßen Brüste und ihre völlig glatte Scham sehen konnte.
Ihre Bewegungen waren grazil und schön anzuschauen, weit entfernt von dem, was eine gewöhnliche Stripperin zu bieten hat. Sie stand so da, dass der Wasserstrahl des Brunnens an ihren Beinen nach oben lief und erst kurz vor ihrem Geschlecht kehrtmachte. Neben ihrer Möse war ein winziger Revolver eintätowiert.
Irgendwo meldete sich in den Tiefen meines Gedächtnisses eine schwache Erinnerung. Es gab tausende Tänzerinnen, aber ich kannte nur eine, die sich so bewegte und an dieser Stelle eine solche Tätowierung hatte.
Es war die russische Tänzerin, die in dem Privatclub in New Orleans aufgetreten war, in den Dominik mich ausgeführt hatte. Ich erinnerte mich mit Scham und Erregung daran, dass Dominik nach ihrer unglaublich erotischen Tanzdarbietung von mir verlangt hatte, für ihn auf der Bühne zu tanzen. Ich hatte es getan, nackt bis auf rubinrote Nippelringe und einen Analstöpsel.
Luba.
Unsere Blicke trafen sich, und sie lächelte mich an.
4
DIE ANGÉLIQUE
Es war schon helllichter Nachmittag, doch das kleine Geschäft in der Burlington Arcade, wo Dominik die Geige für Summer gekauft hatte, war geschlossen. Er spähte durch die Glastür. Unter dem schmalen Briefschlitz lag stapelweise eingestaubte Post auf dem Boden. Ein Zettel an der Tür verwies auf eine Telefonnummer für etwaige Auskünfte. Dominik notierte sie.
Als er später dort anrief, meldete sich niemand.
Er versuchte es stündlich wieder.
Gegen zehn Uhr abends, als er es für diesen Tag schon aufgeben wollte, ging nach mehreren Minuten Läuten schließlich doch noch jemand dran. Ein offenbar älterer Herr, der mit gedämpfter Stimme sprach.
»Es handelt sich um das Geschäft in der Burlington Arcade«, erklärte Dominik.
»Wenden Sie sich an den Makler«, entgegnete der Mann.
»Darum geht es nicht«, sagte Dominik. »Ich war mal Kunde dort. Und habe eine Geige gekauft. Nun hätte ich ein paar Fragen …«
»Wir haben das Geschäft aufgegeben. Ich habe mich entschlossen, in den Ruhestand zu treten. Es hat sich einfach nicht mehr gelohnt«, erwiderte der Mann. »Ich glaube also nicht, dass ich Ihnen weiterhelfen kann.«
»Waren Sie der Inhaber?«, erkundigte sich Dominik.
Der Mann klang ganz anders als der Verkäufer, bei dem er die Bailly erstanden hatte.
»Ja.«
»Ich glaube nicht, dass wir beide damals miteinander zu tun hatten. Es war wohl Ihr Kollege, der mir ein wunderschönes Instrument verkauft hat. Und jetzt möchte ich gern mehr darüber herausfinden, über seine Geschichte, die Vorbesitzer …«
»Haben Sie keinen Provenienznachweis bekommen? Der hätte dabeisein müssen.«
»Doch. Aber die Informationen sind ziemlich
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