80 Days - Die Farbe der Erfüllung: Band 3 Roman (German Edition)
in mein Singleleben in London zurückgefunden, dass mir die Zeit in Amerika auf einmal wie ein Traum erschien. Manchmal, wenn ich allein im Bett lag, fehlte er mir allerdings doch, und ich sehnte mich nach der Sicherheit einer richtigen Beziehung. Aber die meiste Zeit war ich einfach froh, meine Freiheit zu haben.
Dominik hingegen kam mir öfter in den Sinn, tagsüber und auch in meinen Träumen. Ich fragte mich, ob er eine feste Freundin hatte und ob er um der Stabilität der Beziehung willen auf seine dominanten Neigungen im Bett verzichtete, so wie ich es getan hatte. Oder ob er wieder eine devote Frau gefunden hatte, die er nachts fesseln konnte.
Am Ende derselben Woche saßen wir wieder in einem Taxi, diesmal auf dem Weg zur Brixton Academy, wo das Konzert stattfinden sollte. Chris, Ella und Ted waren schon Stunden vorher losgefahren, um beim Aufbau der Anlage dabei zu sein, der von Viggos Roadies beaufsichtigt wurde, und um einen Soundcheck zu machen. Fran und ich bildeten die Nachhut.
Chris hatte mir versichert, dass wir wirklich beide zu der Party nach dem Konzert eingeladen seien, mit der Viggo den Auftakt seiner Tour feiern wollte. »Ja, was glaubst du wohl, wie Viggo reagiert hat, als ich ihm erzählt habe, dass du noch eine Schwester hast?« Er verdrehte die Augen.
»Pah«, antwortete ich. »Er soll mal ruhig träumen.«
»Ich werde jedenfalls ein Auge auf euch beide haben.«
»Du wirst viel zu sehr mit den dreihundert Models beschäftigt sein, die er wahrscheinlich engagiert hat, um die Getränke zu servieren.«
»Du weißt genau, dass Kellnerinnen, die in Bikinis herumscharwenzeln, nicht mein Ding sind.«
Fran musste lachen, und er grinste sie an.
Chris und ich hatten die Academy schon immer sehr gemocht. Allerdings wirkte der Konzertbau ohne Publikum ein wenig düster, und der Saal war kleiner, als ich ihn in Erinnerung hatte. Kaum vorstellbar, dass sich hier in wenigen Stunden viertausend Menschen drängen würden. Der zur Bühne hin leicht abschüssige Boden war fleckig und roch nach verschüttetem Bier, aber das Gebäude hatte Atmosphäre und strahlte Geschichte aus.
Die Fans standen schon seit Stunden vor dem Eingang. Die Stimmung war locker, es wurde Dosenbier getrunken und geraucht. Nicht wenige waren ausdrücklich wegen der Groucho Nights gekommen, wie ich erfreut hörte. Chris hatte mittlerweile eine treue Anhängerschar. Sie sahen Fran und mir neugierig nach, als wir den stämmigen, uniformierten Türstehern unsere Backstage-Pässe zeigten und durchgewunken wurden. Ich war ziemlich unspektakulär in einem Jeans-Minirock und meinen alten kirschroten Doc Martens erschienen, aber Fran, die dem britischen Wetter in knappsten Jeans-Hotpants trotzte, die ich je an ihr gesehen hatte, war ein echter Hingucker. Dabei war es so kalt, dass ihre Haut beinahe blau anlief.
»He«, sagte sie, »ich werde demnächst dreißig, und von da an soll es ja steil bergab gehen. Da zeige ich lieber meine Beine, solange ich noch kann.«
Viggo hatte mich gebeten, meine Geige mitzubringen. Wofür, hatte er nicht gesagt, ich vermutete, ich sollte auf der Aftershow-Party für ihn spielen. Bei dem Gedanken war mir nicht ganz wohl. Außer für Dominik hatte ich noch für niemanden eine Privatvorstellung gegeben, aber schon um der Band willen sagte ich Ja. Auch eine Gelegenheit, in Übung zu bleiben, da ich derzeit keine Konzerte gab. Ich ließ die Bailly im gut bewachten Green Room zurück, wo sich die Künstler vor und nach dem Konzert aufhielten. Dort war allerdings im Moment niemand, weil die Holy Criminals noch in der Garderobe und Chris, Ella und Ted mit dem Soundcheck beschäftigt waren. Fran und ich vertrieben uns die Zeit in der Bar im oberen Stockwerk, bevor wir uns ganz vorne mitten vor die Bühne stellten.
Von dem Augenblick an, da Chris vor die Menge trat, war er ein anderer Mensch. Im Alltag wirkte er eher schüchtern und jungenhaft, aber sobald er an ein Mikrofon trat, war er wie ausgewechselt, die perfekte Verkörperung eines Rockstars.
Die Band legte sofort mit einem meiner Lieblingsstücke los, »Roadhouse Blues«, lauter rollende Riffs, zu denen Chris und Ted mit rauchiger Stimme sangen. Die Worte rollten ihnen so genüsslich über die Zunge wie ein Schluck guter Whisky. Für den zweiten Song des Abends, »Fire Woman«, ein heißes Liebeslied, das eher in Richtung Swing ging, griff Ted zum Kontrabass. Bei diesem Stück rasteten die Frauen im Publikum regelmäßig aus, so auch diesmal. Mit weit
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