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80 Days - Die Farbe der Erfüllung: Band 3 Roman (German Edition)

80 Days - Die Farbe der Erfüllung: Band 3 Roman (German Edition)

Titel: 80 Days - Die Farbe der Erfüllung: Band 3 Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vina Jackson
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aber Höllenqualen, weil er Angélique verloren hatte und sich um ihr Schicksal sorgte. Zu gegebener Zeit kehrte er zwar nach Frankreich zurück, doch er hatte nie wieder mit dem Geigenbau zu tun.
    »Faszinierend«, sagte Dominik, als LaValle seine Erzählung beendet hatte. »Aber was ist aus der Geige geworden, die Sie ›die Angélique‹ genannt haben?«
    »Oha«, sagte LaValle. »Hier wird die Sache nun wirklich interessant …«
    Etliche Zeit später, ein Jahrzehnt nach der Wende zum 20. Jahrhundert, tauchte plötzlich eine Violine mit Baillys Namen, aber ohne Baujahr in einer Auktion bei Christie’s auf. Die Experten waren verblüfft. Das Instrument stammte unverkennbar aus Baillys Hand, doch war das Holz, aus dem es gefertigt war, offenbar anderer Herkunft als das sämtlicher anderer Geigen, die ihm zugeschrieben wurden. Außerdem unterschied sich die fragliche Geige ganz leicht in ihrer Kurvenform, sie war ein bisschen raffinierter gerundet – sinnlicher, wie es einer der Spezialisten nannte –, als wäre die Form, in die das Holz gebogen worden war, von einem ganz bestimmten Frauenkörper inspiriert gewesen. Irgendwann behauptete dann jemand, die Unterschiede erklärten sich daraus, dass diese spezielle Geige während Baillys Affäre mit Angélique entstanden und von seiner Liebe zu ihr inspiriert gewesen sei. Man war sich allgemein einig, dass es sich um die letzte Geige handelte, die Paul Bailly je gebaut hatte. Und da es nichts gab, was dagegen gesprochen hätte, war die Legende geboren, und die Violine hatte ihren Namen.
    Doch von hier an nimmt die Geschichte einen unheimlicheren Verlauf.
    Der Sammler, der die Angélique ersteigerte, war einer der ersten britischen Offiziere, der in den Schützengräben des Ersten Weltkriegs umkam. Eigentlich nichts Ungewöhnliches, außer dass die beiden nächsten Besitzer des Instruments – der erste erbte es, der zweite erwarb es von der Familie des Dahingeschiedenen – ein ähnliches Schicksal ereilte. Das hätte man einfach noch als Pech in einer blutigen Epoche abtun können. Doch nach Kriegsende gelangte die Geige in die Hände einer britischen Familie, deren Mitglieder alle bei einem Brand auf ihrem Landsitz starben. Das Instrument lagerte derweil sicher in ihrem Londoner Stadthaus. Doch als die Erben es holen wollten, war es nirgends aufzufinden. Die Geige war gestohlen worden.
    Als man das nächste Mal von der Angélique hörte, war sie in Frankreich. Und wieder einer dieser merkwürdigen Zufälle: Ihr damaliger Besitzer, ein Pariser Sammler und Politiker, starb nur wenige Wochen, nachdem er das Instrument erstanden hatte, in den Armen seiner Geliebten. Offenbar um sich für den Verlust ihres Wohltäters zu entschädigen, riss die fragliche Mätresse sich die Geige und noch andere Gegenstände aus der Sammlung ihres Liebhabers unter den Nagel und ließ sie verschwinden, ehe sie die Nachricht von seinem Tod bekanntgab. Der Aufenthaltsort der Geige in den folgenden zehn Jahren ist unbekannt, aber dann tauchte sie plötzlich in Deutschland wieder auf, und zwar im Besitz eines hochrangigen Offiziers, der am Widerstand gegen Hitler beteiligt war und dafür am Fleischerhaken endete. Sein Eigentum wurde beschlagnahmt, und das Instrument landete bei einer Regierungsbehörde. Es wurde in einem Museum aufbewahrt, bis die Rote Armee es als Kriegsbeute konfiszierte.
    Der nächste Beleg über den Verbleib der Geige stammt aus friedlicheren Zeiten: In den 1950er-Jahren gehörte sie den Christiansens, einer wohlhabenden Familie in Hannover. Die Geige wurde in der Familie weitervererbt und kam so in den Besitz von Edwina Christiansen.
    An den Namen dieser letzten Besitzerin erinnerte sich Dominik, er hatte ihn auf dem Provenienznachweis gelesen.
    Edwina war das schwarze Schaf dieser bürgerlichen Familie und allen Berichten nach eine außergewöhnliche Schönheit. In den 1960er-Jahren war sie mit einem älteren Mann liiert, einem Amerikaner, den sie in San Francisco kennenlernte. Ihre Beziehung war jedoch alles andere als konventionell, man kann schon sagen, anstößig. Um es kurz zu machen – »Sie könnten das ja in Ihrem Roman weiter ausmalen«, schlug LaValle vor –, Edwina war zu seiner Hure geworden.
    »Und die Geige?«, fragte Dominik.
    »Edwina hat sie in Deutschland zurückgelassen, als sie nach Amerika ging. Für sie war sie einfach nur ein Erbstück, das ihr Vater ihr hinterlassen hatte. Sie selbst spielte weder Geige noch irgendein anderes

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