Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
80 Days - Die Farbe der Lust

80 Days - Die Farbe der Lust

Titel: 80 Days - Die Farbe der Lust Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: V Jackson
Vom Netzwerk:
gekommen war, konnte ich mich immer noch anders entscheiden.
    Bei meinen Vorbereitungen für den heutigen Nachmittag hatte ich es nicht allein beim Üben des Geigenparts belassen. Ich hatte am Morgen ausgiebig geduscht, mir sorgfältig die Haare von den Beinen entfernt und dann überlegt, was ich mit meiner Bikinizone tun sollte. Rasieren oder nicht, das war hier die Frage. Darren hätte es gefallen, wenn ich unten vollkommen glatt gewesen wäre, konsequenterweise hatte ich mir als kleinen Akt der Rebellion einen üppigen Busch wachsen lassen. Er hatte mich ja ohnehin kaum lecken wollen.
    Aber was gefiel Dominik?
    Er war auf jeden Fall ein ungewöhnlicher Mann mit ganz konkreten und ausgeprägten Vorlieben. Daher nahm ich an, dass er auch sexuell eher das Exotische mochte. Vielleicht würde ich ihm mit meinem Schamhaar gefallen, das leicht nach Moschus roch und das Wesentliche verhüllte. Und gleich trugen mich meine Gedanken weiter, schlugen dunkle Wege ein, bis meine Vernunft sie in die Schranken wies und das Fantasieren beendete. Dominik nahm bereits genug von meiner Aufmerksamkeit in Anspruch. Zum Glück würden die anderen Musiker Augenbinden tragen und nichts sehen können.
    Letztendlich beschloss ich, mein Schamhaar einfach nur ein wenig zu stutzen und in Form zu bringen, um mir drei, vier Zentimeter Sichtschutz, quasi als minimale Privatsphäre, zu bewahren. Ich würde also nicht völlig nackt vor Dominik stehen.
    Langsam stieg ich die letzten Stufen hinunter. Unten stieß ich auf eine weitere Holztür, die ich aufschob. Auf der Stelle wurden meine Sinne von der fast süßlichen, stickigen Luft in der Krypta umfangen, von dem Gefühl, unter der Erde begraben zu sein. Die Decke war hoch, der Raum jedoch schmal, und durch die Gewölbebögen wirkte er beengend und bedrückend. Kurz fühlte ich mich an den Dungeon im Fetischclub erinnert, den ich mit Charlotte besucht hatte, doch die Krypta passte weit besser zu meiner Vorstellung von einem Kerker.
    Mattes elektrisches Licht fiel auf die Wände – seltsam unwirklich an einem Ort mit derart archaischer Atmosphäre und dem Geruch nach kürzlich angezündeten Kerzen. Ich fröstelte und dachte, wenn es hier elektrisches Licht gibt, dann doch bestimmt auch eine Heizung. Vielleicht hatte Dominik die Heizung ausschalten lassen, um eine möglichst echte Stimmung zu erzeugen. Oder er wollte sehen, dass meine Haut auf die kühle Luft reagierte. Ich umklammerte den Kasten der Bailly fester und schob den Gedanken beiseite.
    Ich entdeckte die drei Musiker auf einer niedrigen Bühne an der Stirnseite der Krypta. Als ich auf sie zuging, hallten meine Absätze auf dem Steinboden in einem Stakkato, das als melodisches Echo zurückgeworfen wurde. Plötzlich trat eine große Freude an die Stelle meiner Beklemmung: Der Raum hatte eine wirklich ausgezeichnete Akustik, die Bailly würde hier ihren Klang wunderbar entfalten können. Dominik würde gleich das Konzert seines Lebens hören. Das zumindest konnte ich ihm garantieren.
    Die anderen drei saßen schon bereit und warteten auf mich. Dominik hingegen war, wie angekündigt, nirgends zu sehen. Ich stellte mich vor. Die Kommunikation war anfangs etwas steif in dieser Situation, die für uns alle ziemlich ungewöhnlich war. Die Bratsche und die zweite Violine wurden von eher schweigsamen Männern in schwarzem Frack, strahlend weißen Hemden und schwarzer Fliege gespielt. Das Cello spielte eine Frau, die sich als Lauralynn vorstellte und die Gruppe wohl anführte, denn sie sprach für sie alle. Sie wirkte selbstbewusst, aber keineswegs eingebildet, stammte aus New York und besuchte in London die Musikhochschule. Sie war groß, mit langen Beinen und der Figur einer Amazone und genauso gekleidet wie die Männer: Bluse mit Fliege unter einem schmal geschnittenen, schwarzen Frack, der ihre Taille und Hüften betonte. Mit ihrer blonden Mähne und dem feinen Gesicht bot sie eine frappierende Mischung klassischer Weiblich- und Männlichkeit, was sie ausgesprochen attraktiv machte.
    »Du kennst also Dominik?«, fragte ich.
    »Du nicht?«, erwiderte sie geziert. Bei ihrem mokanten Lächeln schoss mir die Frage durch den Kopf, ob Dominik ihr mehr von seinen Plänen verraten hatte als mir. Sie ging jedoch auf keine meiner weiteren Fragen ein. Schließlich gab ich es auf und widmete mich ganz unserer Probe. Uns blieb nicht mehr viel Zeit.
    Das Stück hatte es in sich, war ein wenig schwermütig, aber sehr passend für diese Umgebung. Und Dominik

Weitere Kostenlose Bücher