80 Days - Die Farbe der Lust
Dominik.
Im ersten Moment war ich völlig perplex. Wieder eine neue Taktik. Gerade als ich meinte, ich würde ihn endlich verstehen.
»Und was ist, wenn dir mein Plan nicht gefällt?«, fragte ich.
Dominik hob die Schultern. »Hättest du denn Freude an einem Arrangement, an dem ich keinen Spaß habe?«
Nein, bestimmt nicht. Wir beide sollten unseren Spaß haben. War das nicht normal? Allerdings wusste ich immer noch nicht so recht, was genau er von mir wollte oder ich von ihm. Darum war es also nicht so einfach, einen Plan für das nächste Date zu machen.
Ich schüttelte den Kopf, plötzlich um Worte verlegen.
»Das hätte mich auch gewundert«, sagte er. »Ich erwarte deinen Anruf.«
Ich erklärte mich einverstanden, verabschiedete mich und wandte mich zum Gehen.
»Summer«, rief er mir hinterher, als ich am Gartentor angelangt war.
»Ja?«
»Du bestimmst das Datum und den Ort – von mir aus auch hier, wenn du willst –, aber ich lege die Uhrzeit fest und kläre einige kleinere Details.«
»Einverstanden.«
Ich grinste in mich hinein.
Er konnte es nicht lassen – er musste einfach die Kontrolle übernehmen.
Und ich war überrascht, dass es mir gefiel.
Auf dem Heimweg hatte ich ein Chaos im Kopf. Da es schon dunkel wurde, ging ich lieber nicht durch die Hampstead Heath, obwohl mir ein Spaziergang an frischer Luft sicher gut getan und mir geholfen hätte, einen klaren Kopf zu bekommen.
Der Sex war großartig gewesen. Richtig heiß. Ich hatte etwas Muskelkater, besonders in den Waden – sicher weil ich mich so lange in der Krypta vor ihm hatte bücken müssen. Ewig hatte ich mit schmerzenden Beinen dagestanden, während er um mich herumging, bis wir dann endlich fickten. Das hatte ich nun davon, dass ich mir auf keinen Fall hatte anmerken lassen wollen, wie unbequem die Position für mich war.
Nach meinem Orgasmus, als sein Sperma noch in mir war, hatte er mich geleckt. Er hatte mir nicht erlaubt, zu duschen oder mich im Bad auch nur kurz abzuwischen. Vielmehr hatte er mich in sein Arbeitszimmer getragen, mich auf seinen Schreibtisch gesetzt und meine Beine gespreizt. Fast hätte ich gelacht, als mir klar wurde, dass er mich doch wahrhaftig über die Schwelle getragen hatte.
So paradox es klingt, das war der romantischste Sex, den ich je hatte. Dumm nur, dass wir kein Kondom benutzt hatten, womit ich es normalerweise sehr genau nehme. Das hieß, ich musste einen Test machen lassen. Die Vorstellung, einem Arzt oder einer Krankenschwester zu offenbaren, dass ich ungeschützten Verkehr gehabt hatte, trieb mir die Schamesröte ins Gesicht. Das war natürlich völlig idiotisch gewesen, aber sein heißer Schwanz und die Art, wie er mich rangenommen hatte, brutal, wie ein Besessener, und an meinen Haaren gezerrt hatte, als würde er einem Pferd in die Mähne greifen, hatte meinen Verstand komplett ausgeschaltet.
Kein Wunder, dass mir alles wehtat.
Dominik mochte zwar ein bisschen eingebildet sein, aber im Bett war er eine Kanone und überhaupt nicht egoistisch. Beim Sex verhielt er sich keineswegs so arrogant, wie man es von einem Mann wie ihm erwarten würde.
Kaum war ich in meiner Wohnung, steuerte ich die Dusche an. Alles rotierte in meinem Kopf, während ich mir die Spuren der Abenteuer dieses Tages abspülte.
Nicht alle Spuren, dachte ich. Im Spiegel des Badezimmers sah ich meine blassblauen Flecken.
Hatte mir Dominik neue zugefügt?
Zumindest – welch ein Glück – hatte ich keine Striemen auf den Armen, sondern nur an Stellen, die von meiner Kleidung verdeckt wurden, und es sah nicht so schlimm aus, dass ich mich nicht mit einem Missgeschick herausreden konnte: gegen die Tür gelaufen oder einfach hingefallen.
Wie machten das bloß die anderen, die ich in den Fetischclubs gesehen hatte? Wie brachten sie ihr Steckenpferd, mit dem sie sich in der Nacht (und vielleicht auch am Tag) beschäftigten, mit ihrem Alltag in Einklang? Für manche bedeutete es sicher nicht mehr, als mal einen ausgefallenen Abend zu verbringen, aber wenn ich Charlotte Glauben schenkte, galt das nicht für alle. Sie meinte, es gebe überall in London Männer und Frauen, die mit ihrem Partner zu Hause vor dem Fernseher säßen, in der einen Hand ein Fertiggericht und in der anderen die Peitsche.
Ob ich auch so werden würde?
Jedenfalls nicht mit Dominik, das konnte ich mir nicht vorstellen. Bislang war er mir noch nicht mit Paddles oder Handschellen gekommen, obwohl ich mich nach seinem Interesse an meinen
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