80 Days - Die Farbe der Lust
Blutergüssen schon darauf gefasst gemacht hatte. Da ich solche Gerätschaften in seinem Haus vermutete, war ich leicht enttäuscht gewesen, dass er mich nicht gefesselt, an der Decke aufgehängt oder an irgendeine Apparatur geschnallt hatte. Bisher hatte ich nur sein Arbeitszimmer und seine Küche gesehen, nicht sein Schlafzimmer. Komisch, dass er in seinem Arbeitszimmer ein Bett brauchte. Zum Nachdenken, hatte er gesagt. Nachdenken über was? Vielleicht über Möglichkeiten, mich weiter zu verwirren und zu verlocken?
Ich war in etwas verstrickt, aus dem ich keinen Ausweg sah. Nicht nur, dass ich mit meiner ganz persönlichen sexuellen Revolution klarkommen musste, die mir eine vollkommen neue Welt an erotischen Spielarten eröffnete. Ich musste außerdem noch mein Verhältnis zu Dominik klären.
Wie verwirrend, dass ich die Initiative für unser nächstes Treffen ergreifen sollte. Eigentlich keine schwierige Aufgabe, doch je länger ich darüber nachdachte, desto deutlicher wurde mir, dass ich es trotz aller Unberechenbarkeit seines Verhaltens genossen hatte, mir von ihm Befehle erteilen zu lassen. Mir gefielen die Direktheit und das Unerwartete seiner Anweisungen. Und jetzt fehlte mir der Kitzel zu erfahren, was er als Nächstes vorhatte. Bei dem, was ich mir da gerade eingestand, drehten sich die Vorkämpferinnen der Frauenbewegung wahrscheinlich allesamt im Grabe um. Und das galt erst recht in Anbetracht meiner Erfahrungen mit dem Spanking.
Das konnte nicht gut gehen.
Ich überlegte, Chris anzurufen. Er hatte Tag und Nacht an den Aufnahmen für das erste Album seiner Gruppe gearbeitet, und außer per E-Mail hatte ich seit Monaten nichts von ihm gehört. Das lag an Darren und seiner Eifersucht auf unsere Freundschaft, sodass ich den Kontakt langsam hatte einschlafen lassen, um den Frieden aufrechtzuerhalten. Jetzt tat es mir leid. Chris hatte ich stets mein Herz ausschütten können, er war meine Zuflucht, wenn ich jemanden brauchte, der mich mit meinen Eigenheiten und Problemen, wie sie jeder kreative Mensch nun mal hat, verstand.
Aber ich wusste nicht, wie ich ihm das alles erklären sollte. Chris fühlte sich als mein Beschützer, und er würde sicher hellhörig werden, wenn ich ihm von einem Mann erzählte, der mir teure Geschenke machte und von mir verlangte, ich solle mich vor ihm in irgendwelchen Katakomben ausziehen. Ich wäre bestimmt misstrauisch, wenn mir solche Geschichten zu Ohren kämen.
Also rief ich Charlotte an. Mein Problem gehörte eher in ihr Register.
»Hallo, Süße«, sagte sie. »Wie läuft’s bei dir?«
Diesmal war sie allein. Gut. Es war schon schwierig genug, einer Person meine Geschichte zu erzählen, weitere Zuhörer konnte ich nicht gebrauchen.
»Erinnerst du dich an den Typen, der mir diese E-Mail geschickt hat? Der mit den Abmachungen und Bedingungen?«
»O la la, ja!«, sagte sie, plötzlich ganz Ohr.
Ich erzählte ihr alles von Anfang an, von der Bailly, der Krypta, der Nacktaufführung, einfach alles. Ich beschrieb ihr Dominik und all seine verwirrenden Anweisungen.
»Nichts Besonderes also«, meinte Charlotte trocken.
»Was soll das heißen, nichts Besonderes? Diese Geschichte ist doch total abgefahren.«
»Ach was, abgefahren. Er ist schlicht ein Dom!«
»Ein Dom?«
»Ja. Die sind alle so. Total arrogant, Kontrollfreaks eben. Aber wie es sich anhört, hast du ja Spaß daran.«
»Hm.«
»Wie heißt er noch mal?«
»Dominik.«
Charlotte kicherte. »Mensch, das passt«, sagte sie. »So was kann man nicht erfinden.«
»Was soll ich ihm denn nun antworten, ich meine, wegen des nächsten Treffens?«
»Das hängt ganz davon ab, was es dir bringen soll.«
Ich dachte nach. Eigentlich hatte ich immer noch keine Ahnung, was ich von Dominik wollte. Sicher, da war was zwischen uns. Er ging mir einfach nicht aus dem Kopf. Aber woran lag das nur?
»Das weiß ich selbst nicht«, antwortete ich. »Darum rufe ich dich an.«
»Tja«, meinte sie, pragmatisch wie immer, »du musst dir schon überlegen, was du willst, sonst kriegst du es nie.«
Ein weiser Rat.
»Lass ihn ruhig ein wenig schmoren«, riet mir Charlotte. »So ein, zwei Wochen. Schlag ihm vor, dass du wieder für ihn spielst, nackt natürlich, wenn ihn das so anmacht. Und zwar bei ihm zu Hause – dann brauchst du ihn nicht in deine Bude einladen. Außerdem denkt er dann, der Ball wäre wieder bei ihm. Was natürlich nicht stimmt.«
Ich konnte förmlich hören, dass sich ein breites Grinsen auf ihrem
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