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9 SCIENCE FICTION-STORIES

9 SCIENCE FICTION-STORIES

Titel: 9 SCIENCE FICTION-STORIES Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Ernsting
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Käl­te.
    Rou­ti­ne er­faß­te ihn. Er streif­te sei­nen Py­ja­ma ab und warf ihn aufs Bett; er such­te nach Hand­tuch und Wä­sche, fand bei­des und mach­te sich auf den Weg zur Brau­se. Drei Mi­nu­ten lang blieb er un­ter dem kal­ten Strahl. Als er in sein Zim­mer zu­rück­kam, war es acht Uhr drei­zehn. Dawes lä­chel­te. Ge­nau nach Plan. Hät­te er nur nicht die­se Ver­ben ver­ges­sen! Aber jetzt war es zu spät, sich dar­über zu grä­men. Er wür­de sich eben auf sein Glück ver­las­sen müs­sen.
    Sieht aus, als wür­de die­ses Se­mes­ter ei­ne ein­zi­ge, lan­ge Schin­de­rei wer­den, dach­te er, wäh­rend er die Klei­der vom wa­cke­li­gen, al­ten Schrank nahm und hin­ein­schlüpf­te. Er war zwan­zig Jah­re alt; und das drit­te Jahr im Staa­te Ohio. Wenn al­les gut ging, wür­de er im kom­men­den Jahr pro­mo­vie­ren und die nächs­ten vier Jah­re die me­di­zi­ni­sche Fa­kul­tät be­su­chen.
    Wenn al­les gut ging.
    Um acht Uhr ein­und­zwan­zig war er fer­tig: die Zäh­ne ge­putzt, das Haar ge­kämmt, das Hemd zu­ge­knöpft, die Schuh­bän­der ver­schnürt. Die Bü­cher für die Vor­mit­tags­stun­den la­gen am Rand des Schranks. Er wür­de noch Zeit ha­ben, in der Men­sa et­was Oran­gen­saft, Toast und Kaf­fee ein­zu­neh­men. Die Wahr­schein­lich­keit ei­ner über­ra­schen­den Prü­fung in Zoo­lo­gie war zu groß, um das Früh­stück über­sprin­gen zu kön­nen; er be­nö­tig­te je­de nur auf­zu­brin­gen­de Ener­gie. Ers­tens war er ma­ger: sieb­zig Ki­lo­gramm ver­teil­ten sich auf ei­ne Län­ge von ei­nem Me­ter fünf­un­dacht­zig, und zwei­tens früh­stück­te er gern.
    Dawes ging hin­un­ter. Es reg­ne­te noch im­mer, aber nur leicht und stör­te da­her nicht son­der­lich. Au­ßer­dem be­fand sich die Men­sa ganz in der Nä­he.
    Vor­erst kam aber die all­mor­gend­li­che Be­schäf­ti­gung. Er blieb un­ten im Haus­flur bei den Brief­käs­ten ste­hen.
    Sei­ne Hand zit­ter­te ein we­nig, als er den Dau­men auf die Öff­ner-Tas­te drück­te. Ein Me­cha­nis­mus über­prüf­te sei­nen Fin­ger­ab­druck und öff­ne­te dann ge­hor­sam den Brief­kas­ten. Er nahm den Brief her­aus.
     
    Es war ein blau­es Ku­vert, län­ger als all­ge­mein üb­lich, mit dem amt­li­chen Auf­druck »Nur für dienst­li­che Zwe­cke« an der Stel­le, an der nor­ma­ler­wei­se die Mar­ke kleb­te. Er über­flog den Ab­sen­der. Ko­lo­ni­sa­ti­ons­bü­ro, Ab­tei­lung eins, New York.
    Er hat­te ein son­der­ba­res Ge­fühl im Ma­gen, wäh­rend er das Ku­vert has­tig auf­riß.
    Er war wirk­lich an ihn adres­siert. Der Brief, fe­in­säu­ber­lich in Dun­kel­rot auf blau­em Pa­pier ge­tippt, kam schnell zur Sa­che.
    Sie sind ge­zo­gen wor­den, an der Ko­lo­ni­sa­ti­ons­rei­se teil­zu­neh­men, die am 17. Ok­to­ber von Ban­gor, Mai­ne an Bord des Raum­schif­fes GE­GEN­SCHEIN star­tet. Sie ha­ben sich so­fort bei der nächst­ge­le­ge­nen Re­gis­trie­rungs­stel­le des Ko­lo­ni­sa­ti­ons­bü­ros zu mel­den. Sie un­ter­lie­gen nun den Be­stim­mun­gen des in­ter­stel­la­ren Ko­lo­ni­sa­ti­ons­ge­set­zes aus dem Jahr 2099, und jed­we­de Ver­let­zung die­ser Be­stim­mun­gen wird schwers­tens be­straft.
    Im Auf­trag von D. L. Mul­hol­land, Prä­si­dent.
    Mi­ke Dawes las den In­halt der Be­nach­rich­ti­gung vier­mal hin­ter­ein­an­der. Er konn­te es ein­fach nicht fas­sen, tat­säch­lich auf­ge­ru­fen wor­den zu sein. Schließ­lich, dach­te er, stan­den die Chan­cen eins zu x-tau­send. In sei­nem gan­zen Le­ben hat­te er nur zwei oder drei Per­so­nen ge­kannt, die man weg­ge­holt hat­te. Da war ein­mal Mr. Cut­ley, der In­ha­ber des Le­bens­mit­tel­ge­schäf­tes, und Ted­dy Na­than, der im Ne­ben­haus wohn­te. Und auch Ju­dy Wel­ling­ton, dach­te Dawes.
    Und jetzt ich.
    »Ver­dammt, das ist nicht fair!« stam­mel­te er.
    »Was ist nicht fair?« frag­te ei­ne läs­si­ge Stim­me hin­ter ihm.
    Dawes dreh­te sich um. Das war Lon Ry­beck, ein Se­ni­or vom ers­ten Stock. Ry­beck trug noch den Mor­gen­rock; er hat­te kei­ne Vor­le­sun­gen am frü­hen Vor­mit­tag, stand aber den­noch auf, um nach der Post zu se­hen.
    Stumm hielt Dawes den blau­en Brief hoch. Ry­becks

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