9 SCIENCE FICTION-STORIES
Sternwarte. Selbst die kleinen Versuchsgeräte auf dem Mond hatten all die Teleskope bei weitem übertroffen, die da den Wolken- und Dunstschleier der irdischen Atmosphäre zu durchdringen suchten. Die Geschichte von Mount Wilson, Palomar, Greenwich und den anderen großen Namen näherte sich dem Ende. Man würde diese Observatorien weiterhin benutzen, für Ausbildungszwecke; aber die Forschungsfront selbst mußte vorangetrieben werden, hinaus ins Weltall.
Und ich mußte mit ihr. Ja, man hatte mir bereits den Posten eines Vizedirektors angeboten, für das Tarside Observatorium. Ich durfte hoffen, in wenigen Monaten Probleme zu lösen, an denen ich seit Jahren gearbeitet hatte. Jenseits der Atmosphäre wäre ich dann wie ein Blinder, der plötzlich das Augenlicht geschenkt bekam.
Es war natürlich völlig unmöglich, Laika mitzunehmen. Die einzigen Tiere auf dem Mond waren solche, die für Experimentalzwecke benötigt wurden. Es mochte noch eine Generation dauern, bis Haustiere erlaubt waren, und selbst dann würde es ein Vermögen kosten, sie hinzubringen und am Leben zu erhalten. Laika mit ihren gewohnten zwei Pfund Fleisch pro Tag zu versorgen, würde ein Vielfaches meines recht annehmbaren Gehaltes verschlingen. Die Wahl, vor der ich stand, war höchst klar und eindeutig. Ich konnte daheim bleiben und auf meine Karriere verzichten. Oder aber zum Mond fliegen und auf Laika verzichten.
Schließlich und endlich war sie nur ein Hund …
In einem Dutzend Jahren würde sie tot sein, während ich auf dem Höhepunkt meiner Laufbahn angelangt wäre. Niemand mit gesundem Menschenverstand hätte da gezögert. Dennoch aber zögerte ich, und wenn Sie bis jetzt nicht verstehen, warum, kann ich Ihnen durch noch so viele Worte nicht helfen …
Ich wußte mir keinen Rat, also ließ ich die Dinge einfach auf mich zukommen. Bis zur allerletzten Woche, da ich abfliegen sollte, hatte ich für Laika noch immer keine Pläne gemacht. Als Dr. Anderson sich bereit erklärte, sich um sie zu kümmern, nahm ich betäubt an, mit kaum einem Wort des Dankes. Der alte Physiker und seine Frau hatten sie immer schon gut leiden können, und ich fürchte, sie hielten mich für gleichgültig und herzlos. In Wirklichkeit war gerade das Gegenteil der Fall.
Wir unternahmen noch eine letzte Wanderung über die Hügel; dann übergab ich sie schweigend den Andersons – und sah sie nie wieder.
Der Start verzögerte sich beinahe um vierundzwanzig Stunden, bis ein größerer Lichtsturm die Erdbahn passiert hatte. Doch auch dann waren die Van-Allen-Strahlungsgürtel noch immer so aktiv, daß wir unseren Abflug durch die Nordpolarlücke arrangieren mußten.
Es war ein ungemütlicher Flug. Abgesehen von den üblichen Scherereien mit der Schwerelosigkeit fühlten wir uns alle ganz schlapp durch die Anti-Strahlungs-Pillen. Das Schiff befand sich schon über Tarside, ehe ich mich für das Kommende zu interessieren begann, daher versäumte ich den Anblick der Erde, als diese hinter den Horizont tauchte. Nicht, daß ich das wirklich bedauerte! – Ich wollte keine Erinnerungen, und ich beabsichtigte, nur noch an die Zukunft zu denken. Trotzdem konnte ich dieses Schuldgefühl nicht loswerden … Ich hatte jemanden im Stich gelassen, der mich liebte und mir vertraute, und war somit nicht besser als jener, der Laika vor Jahren ausgesetzt hatte … dort neben der staubigen Straße zum Palomar-Observatorium.
Die Nachricht von ihrem Tod erreichte mich einen Monat später.
Niemand konnte es sich erklären; die Andersons hatten ihr Möglichstes getan, und sie waren ganz verstört. Es schien, als habe sie einfach das Interesse am Leben
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