9 SCIENCE FICTION-STORIES
Arzt wählen.
Im Grunde genommen war das Ganze eine unzulängliche Sache. Millionen über Millionen Sterne warteten im All. Die Bevölkerung der Sterne war ein Projekt auf lange Sicht – und, wie die meisten solcher Vorhaben, grausam. Aber in kommenden Jahrhunderten würde eine weitverstreute Sternenschar im Glanz von Menschenwelten erstrahlen. Es war die einzige Möglichkeit. Existierten auch Raumschiffe, um Menschen zu den Sternen zu bringen, so könnten sich doch nur eine Handvoll Leute entschließen, sich loszulösen und hinauszufahren in die Dunkelheit des Alls. Wäre die Kolonisation auf freiwilliger Basis belassen worden, gäbe es heute kaum ein Dutzend bevölkerter Welten, anstatt der vielen, die bereits menschliche Prägung aufwiesen. Es waren kleine Kolonien, sicherlich. Aber sie wuchsen. Nur wenigen war es nicht gelungen, Fuß zu fassen. Und, dachte Mulholland, morgen in einer Woche wird das Raumschiff Gegenschein neunundvierzig Gezwungene und einen einzigen Freiwilligen zu den Sternen bringen. Er schaute die Karten durch. Herrick, Carol. Dawes, Michael. Haas, Philip. Matthews, David. Und acht Dutzend andere. Heute nacht lachten, spielten, sangen, liebten sie. Morgen würden sie nicht mehr zur Erde gehören. Das unbarmherzige Kolonisationssystem hatte sie erfaßt.
Mulholland zuckte die Achseln. Er war auf seinen alten Fehler verfallen, die Ausgewählten als Menschen zu sehen und nicht als Namen auf grünen Karten. Er durfte nicht vergessen, daß er nur seine Pflicht erfüllte, und täte er es nicht, dann eben irgendein anderer. Und es war ja zum Wohle der Menschheit.
Aber er hatte genug davon, das Amt zu leiten. In weniger als einem Monat war Wahltag, und er betete inständig, seine Partei möge verlieren. Sonderbare Wünsche für einen treuen Parteigänger! Aber Mulholland bekümmerte das nicht. Würde er sein Amt niederlegen, wäre das ein Eingeständnis von Schwäche. Eine Wahlniederlage hingegen könnte das Problem wesentlich schonender lösen.
2
Während der Nacht hatte es in Ohio geregnet. Die Wetterkontroll-Leute steuerten das Wetter sehr sorgfältig den Sommer über, wenn durstige Felder nach Regen lechzten, und im Winter, wenn zuviel Schnee die Zivilisation gefährden könnte. Aber im Oktober lagen die Felder brach. Künstlicher Regen war unnötig.
Jener Regen, der über Ohio fiel, war von Gott geschickt, und nicht von Menschen, verursacht durch die Schlechtwetterzone, die vom südlichen Kanada vorgedrungen war.
In seinem möblierten Zimmer gleich um die Ecke der elften Avenue, nicht sehr weit von der Universität entfernt, zog Mike Dawes die Decken über den Kopf. Symbolisch wollte er sich in den Mutterleib zurückversetzen, wo er Wärme und Geborgenheit zu finden hoffte. Aber es half nichts. Er war halb wach. Wach genug, um zu erkennen, daß er wach war, aber noch zu schläfrig, um aufstehen zu können. Er hörte das Plätschern des Regens. Es war ein trüber Morgen.
Auf dem Leuchtzifferblatt seiner Uhr sah er, daß es acht Uhr war. Er wußte, daß es an der Zeit wäre aufzustehen. Heute war Mittwoch, der anstrengendste Tag der Schulwoche. Um neun Uhr stand eine Zoologie-Vorlesung des alten Shepperd auf dem Programm, und Deutsch um zehn Uhr. Und ich habe vollkommen vergessen, mir diese Verben nochmals anzusehen, dachte Mike Dawes schlaftrunken. Wenn Klaus mich drannimmt, stehe ich schön da!
Einige Minuten lang überlegte er, ob er aufstehen sollte; letzten Endes gestattete er sich noch sechzig Sekunden Wärme. Er zählte: eintausendeins, eintausendzwei und sprang bei eintausendsechzig gewissenhaft aus dem Bett und zitterte in der trüben
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