9 SCIENCE FICTION-STORIES
einer ausbruchsicheren Zelle, die hundert Meter lang und vielleicht zwanzig Meter breit war, ohne Feuer, ohne irgend etwas außer sich selbst. Und bislang hatten sie nicht gelernt, viel Gefallen aneinander zu finden.
Dawes’ Nerven waren angespannt wie die Saiten einer Violine. Nichts konnten sie tun in dieser Höhle, als einander anzustarren, zu sprechen, Witze zu erzählen. Und es gab so wenig Gesprächsstoff. Noonan sprach nur, wann er wollte. Carols Konversation schien sich auf Äußerungen zu beschränken, die Befürchtungen betrafen; Cherry neigte zu Witzen und zu ironischen Bemerkungen über Vergangenes.
Es war Noonan, der die allgemeine Stille unterbrach. Ohne sich auf die Hände zu stützen, sprang er aus einem Türkensitz auf die Beine. »Ich hab’ eine Idee«, rief er. »Mag sein, daß sie nicht viel wert ist, aber versuchen kann ich’s.«
Er begann, sein Hemd abzustreifen, wobei er gleichzeitig die Schuhe abschüttelte.
»Was haben Sie vor?« fragte Dawes.
Noonan schlüpfte aus der Hose. »Den unterirdischen Strom da hinten zu untersuchen. Ich werde hineinsteigen und ein wenig umherschwimmen. Vielleicht kommt der Strom irgendwo raus. Vielleicht können wir alle auf der andern Seite entkommen.«
Er hob seine Kleidungsstücke auf, klemmte sie unter den Arm und marschierte, nur mit der Unterhose bekleidet, auf die Stelle zu, wo der Strom die Oberfläche des Höhlenbodens durchbrach. Zurückblickend rief er: »Kommen Sie mit, Dawes. Wenn Sie mich rufen hören, dann schwimmen Sie mir nach.«
Dawes folgte ihm. Noonan warf sein Kleiderbündel auf den Boden, zog die Unterhose aus und stieg nackt ins Wasser. Es wirbelte knietief um seine Beine, und wurde dann, als er weiterwatete, plötzlich tiefer.
Als das Wasser Brusthöhe erreicht hatte, bemerkte Dawes ängstlich: »Dieser Versuch ist gefährlich, Noonan. Sie könnten sich irgendwo da drinnen verfangen. Und ich werde Sie nicht hören können, wenn Sie um Hilfe rufen.«
Noonan drehte sich um und schaute ihn an. Seine Lippen waren blau, und er zitterte vor Kälte. Dennoch lächelte er. »So? Und was ist schon dabei? Versucht hab’ ich’s wenigstens.«
Er drehte sich wieder um und watete auf den Platz zu, an dem der Strom wieder zurück in den Berg floß. Dawes hörte Noonan kräftig Luft holen, und dann tauchte Noonan unter. Aufgeregt begann Dawes, die Sekunden zu zählen.
»Wo ist er?« hörte Dawes Cherry fragen.
Er drehte sich um und sah beide Frauen hinter sich stehen. Das ärgerte ihn; er wollte nicht, daß Carol Noonan nackt sah, wenn er wieder aus dem Wasser stieg. Er sah ein, daß dies dumm und prüde war, aber der wahre Grund lag tief in seiner eigenen Scheu verankert.
»Er tauchte«, antwortete Dawes.
»Eine halbe Minute ist er schon weg«, ergänzte er wenige Sekunden später. »Müßte bald wieder da sein.«
»Angenommen, er kommt nicht zurück?« fragte Carol.
Dawes antwortete nicht. Aber er schlüpfte aus den Schuhen. Er wußte, daß man von ihm erwartete, Noonan nachzutauchen und ihn zu suchen. Er begann ein wenig zu zittern und legte die Hand an den Gürtel.
Wie lange konnte ein Mensch unter Wasser aushalten? Auch einem Mann wie Noonan waren Grenzen gesetzt.
»Man müßte nachschauen«, drängte Cherry. »Vielleicht ist er am Ertrinken.«
»Ja. Ich weiß.«
Das Zählwerk in seinem Gehirn funktionierte jetzt automatisch, tickte die Sekunden herunter. Dawes zog sich die Hose aus.
Plötzlich tauchte Noonan auf, Kopf voran – sprang hoch über den Wasserspiegel hinaus, schnappte laut nach Luft, tauchte wieder unter wie ein blasender Wal.
Würgend und keuchend kam er wieder zum Vorschein, kämpfte einen Augenblick oder zwei gegen die starke Strömung an und zog sich dann an den Rand. Dawes watete
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