9 SCIENCE FICTION-STORIES
hinein, packte ihn am Arm und schleppte ihn hinaus auf den Sand.
Noonan war über und über blau. Ausgestreckt lag er da, mit dem Gesicht zum Sand, und rang nach Atem, mit tiefen, heiseren, schluchzenden Seufzern. Endlich schaute er auf.
»Kalt«, sagte er. »Kalt!«
»Was gefunden?« fragte Dawes.
Noonan schüttelte matt den Kopf. »Nein. Keine Spur. Ich folgte dem Strom, soweit ich nur konnte. Nichts. Schwamm dann zurück und konnte die Öffnung nicht finden. Dachte – dachte, ich müsse ertrinken. Dann brach ich durch.«
Er zitterte unaufhörlich. Dawes hatte noch nie einen Menschen gesehen, der so unterkühlt und so erschöpft war. Noonan schnappte noch immer nach Luft.
»Er wird erfrieren«, sagte Carol besorgt. »Er ist ja ganz naß, und der Sand klebt an ihm. Wir sollten ihn irgendwie aufwärmen.«
Dawes fühlte sich durch diese Sympathie-Kundgebung irritiert. Noonans waghalsiges Tauchen war nichts als ein großartiges Schauspiel gewesen; er hatte sich aufgespielt, um den Frauen zu imponieren, und weiter nichts.
»Ihm wird schon von selbst w arm werden«, brummte Dawes. Cherry starrte ihn an. »Niemals! Wenn wir ihn so liegenlassen, holt er sich eine Lungenentzündung. Aber ich werde mich schon um ihn kümmern.«
Dawes schaute sie erschrocken an.
Denn die Blondine hatte sich, während sie sprach, bis auf weniges entkleidet. Errötend schaute er weg, sah aber von der Seite gerade noch, wie sie auch die letzten Hüllen herausfordernd fallenließ.
Nackt legte sie sich in den Sand neben den noch immer keuchenden Noonan. Sie umfing ihn mit ihren Armen.
»Geht weg, ihr zwei«, sagte sie, ohne aufzublicken. »Ich werde ihn wärmen.«
An diesem Tag erhielten sie kein Essen mehr. Die Fremden planten offensichtlich, ihnen pro Tag nur eine Mahlzeit zu geben – wenn überhaupt soviel.
»Wir brauchen eine Geisel«, sagte Noonan, mehr zu sich, als zu irgend jemand anderem. »Das ist die einzige Möglichkeit, an irgendein Ziel zu kommen. Morgen werden wir uns in der Nähe des Eingangs aufhalten, bis sie uns das Essen bringen – wenn sie uns überhaupt etwas bringen. Sobald einer auftaucht, packen wir ihn.«
»Und weshalb?« wollte Dawes wissen.
»Das weiß ich noch nicht«, sagte Noonan. »Aber es ist wenigstens etwas, verdammt nochmal. Ein Zeichen, daß wir etwas unternehmen, um hier herauszukommen. Wollen Sie etwa ewig hier drinnen sitzenbleiben?«
»Wahrscheinlich werden wir das«, warf Cherry ein. »Wie Vögel in einem Käfig. Warum konnten diese Affen nicht jemand anderen nehmen. Warum gerade uns?«
Die Nacht brach herein. Unten, im Tal, flackerte das rote Lagerfeuer der Fremden.
»Sie beobachten uns«, stellte Dawes wieder fest. »Beobachten uns die ganze Zeit. Sie wollen sehen, was wir tun. Sie wollen wissen, wie lange es dauert, bis wir zu streiten anfangen, bis wir uns hassen, bis wir uns diese verdammten Klippen hinunterstürzen, um erlöst zu sein.«
»Halten Sie den Mund!« schnappte Noonan.
Dawes ignorierte ihn. »Ich sage das im Ernst! Das ist wie ein Laboratoriums-Versuch. Wir machten ähnliche Experimente im College, in der Psycho-Stunde. Man nimmt zum Beispiel vier Ratten und steckt sie in einen Käfig. Oder stellt sie auf eine Tretmühle, und wirft ihnen Futter zu, wenn sie am Ende ihrer Kräfte zu sein scheinen. Das ist es, was wir sind: Ratten auf einer Tretmühle. Der Experimentierende wartet und beobachtet, macht Notizen, schaut, wie lange es dauern wird, bis die Ratten übereinander herfallen, bis sie vor Erschöpfung umfallen.«
»Ich sagte Ihnen bereits, Sie sollen den Mund halten«, schrie Noonan drohend. »Wir werden durchkommen. Es wird nicht mehr lange dauern.«
14
In der Dunkelheit jener zweiten Nacht hielt Dawes Carol in den Armen.
Seine Frau. Welch ein Ort für
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