9 SCIENCE FICTION-STORIES
wecken. Er kniete an ihrer Seite, lauschte einen Augenblick lang dem ungetrübten Rhythmus ihres Atems und wunderte sich, daß sie an einem Ort wie diesem so ruhig schlafen konnte.
Er legte seine Hand leicht auf ihre Schulter. »Carol. Wach auf, Carol.«
Sie bewegte sich, aber ihre Augen blieben geschlossen – als wollte sie nicht aufwachen, dachte Dawes. Als zöge sie es vor, in der Sorglosigkeit ihres Traums zu verweilen. Er schüttelte sie energischer, und sie begann aufzuwachen.
»Carol? Bist du wach?«
»Was – oh – Mama, ja – ich muß verschlafen haben …«
Sie öffnete die Augen und setzte sich auf. Einen Augenblick lang starrte sie auf Dawes, auf die Höhle, verdutzt und verständnislos. Dann verblaßte ihr Traum von zu Hause, und die Wirklichkeit kehrte zurück.
»Oh – ich träumte. Ich schlief so fest, die ganze Nacht – ich dachte, du wolltest zu mir kommen, aber das tatest du nicht, nicht wahr? Du …«
»Komm«, sagte er ruhig. »Gehen wir zu den andern. Es ist Tag.«
Zu dem Zeitpunkt war auch Cherry schon wach; sie streckte sich, rieb sich die Augen, brachte ihre Kleider in Ordnung. Noonan stand mit verschränkten Armen neben ihr. Dawes und Carol näherten sich ihnen. Cherry nickte Carol zu und lächelte Dawes ironisch an.
Lange Zeit standen alle vier da, jeder für sich, und schauten einander an. Schauten sich lediglich an. Und Dawes erkannte plötzlich, daß sich das Leben in der Höhle komplizieren würde.
Er wußte: Noonan und Cherry hatten die Situation erfaßt. Im Augenblick aber wußte er nicht, ob Carol begriff, was er die Nacht zuvor angestellt hatte; oder, wenn ja, ob sie die unglücklichen Verwicklungen verstand. Jene Liebe, in die er sich vergangene Nacht gestürzt hatte, blindlings, tastend, in panischem Bedürfnis, verband sie alle vier auf eine Weise, die Dawes nur zum Teil verstand. Innerlich war er sich einzig und allein sicher, Carol betrogen zu haben.
Alle vier schauten einander nur an. Noonan musterte Carols schlanke Figur mit unverhohlener Neugierde. Cherry schien zu schwanken: sie äugte zu Noonan auf eine weibliche, herausfordernde Art und betrachtete zur selben Zeit Dawes sowohl mütterlich als auch offen begehrend. Es hatte den Anschein, sie wollte jeden. Dawes war sich seiner Regungen vollkommen unsicher. Dem Kolonie-Gesetz nach war Carol seine legitime Frau. Aber zwischen ihnen war nichts gewesen als jener eine unterbrochene Kuß. Und er hatte ihre Hochzeitsnacht mit Cherry verbracht.
»Wir werden hier nicht sehr viel Privatleben führen können«, brach Noonan endlich das angespannte Schweigen.
»Sag das noch einmal«, begehrte Cherry auf.
»Das werde ich nicht. Aber einige hier werden ihre Auffassungen ein wenig ändern müssen. Und ich weiß auch nicht, wie lange man uns hier gefangenhalten wird – denn vermutlich kommen wir nicht ohne fremde Hilfe heraus.«
»Sie glauben nicht, daß es eine Möglichkeit gibt, uns selbst zu befreien?« fragte Dawes.
Achselzucken. »Mir fällt nichts Geeignetes ein. Bis hinunter ist es ein langer Weg, das ist alles.«
»Diese Fremden«, mischte sich Carol zögernd ein, »sind unten und beobachten uns?«
Noonan nickte. »Ein ganzes Rudel hält sich im Tal unten auf. Wir sind hier festgenagelt, und sie können uns zu jeder beliebigen Zeit holen kommen. Für uns aber gibt es keine Möglichkeit zu entkommen.«
»Und die Kolonisten werden uns wohl kaum zu Hilfe kommen«, meinte Cherry Thomas. »Die werden uns als verschollen abschreiben, nehme ich an. Sie werden zu sehr damit beschäftigt sein, ihre Grenzen zu verteidigen.«
»Es gibt keine Grenzen«, entgegnete Carol. »Wenn sie diese Klippen hier ersteigen können, so können sie auch über eine fünf Meter hohe Mauer
Weitere Kostenlose Bücher