9 SCIENCE FICTION-STORIES
wahrscheinlich wissen, bin ich kein amerikanischer Bürger und riskiere deshalb, daß meine Aufenthaltsgenehmigung widerrufen wird. Folglich darf ich meine Vorrechte nur in bestimmten Fällen ausnutzen; und diese Gelegenheiten sind beschränkt.«
Sevigny schlug mit der Faust auf den Tisch. »Was soll das heißen?« erkundigte er sich wütend. »Sie sind doch der marsianische Konsul! Sie sind dazu da, die Leute zu beschützen, die Sie vertreten!«
»Aber nur Marsianer – alle anderen erst in zweiter Linie. Man könnte vielleicht argumentieren, daß diese Verpflichtung sich auch auf Cythereaner erstreckt. Ich weiß es nicht. Ich könnte Ihnen nicht einmal sagen, ob diese Frage schon einmal vor Gericht aufgetaucht ist.«
Sevigny fühlte eine schwache Hoffnung in sich aufsteigen. »Das wäre wenigstens eine Diskussionsgrundlage«, stellte er fest. »Sie brauchen mich nur bei sich aufnehmen, bis ein Gericht über die Angelegenheit geurteilt hat. Wir brauchen Zeit, damit der Fall öffentlich bekannt wird. Dann ist der Gegner machtlos.«
Volhontseff starrte ihn überrascht an. »Junger Mann«, meinte er, »für einen Kolonisten sind Sie ungewöhnlich gerissen. Schön und gut, ich werde mich also mit dem marsianischen Botschafter in Verbindung setzen …«
»Mit welchem?«
»Entschuldigung?«
»Mit allen? Vielleicht wäre das am besten.«
Volhontseff drückte seine Zigarette aus und setzte die nächste in Brand. »Wahrscheinlich haben Sie recht«, gab er zu.
»Noch etwas«, fuhr Sevigny fort. »Ich muß meinen Boß auf dem Mond benachrichtigen. Er kennt einige sehr einflußreiche Leute.« Er lachte böse.
»Das FBI wird sich noch wundern …«
Volhontseff klopfte nervös mit den Fingerknöcheln gegen die Schreibtischplatte. »In dieser Beziehung ergibt sich allerdings eine weitere Schwierigkeit«, sagte er. »Sie haben Polizeibeamte in der Ausübung ihrer dienstlichen Pflichten angegriffen. Wenn ich Sie nicht ausliefere, halte ich einen Verbrecher versteckt. Benachrichtige ich jedoch die Behörden, werden Sie wahrscheinlich mit Gewalt aus meinem Haus entfernt.«.
Und was kann ein »auf der Flucht« erschossener Mann noch beweisen? dachte Sevigny in ohnmächtiger Wut. Wenn die Polizei mich in die Hände bekommt, sehe ich wahrscheinlich keinen Mondaufgang mehr.
»Dann dürfen Sie eben die Behörden vorläufig noch nicht benachrichtigen, bis ich meine Vorgesetzten verständigt habe«, teilte er Volhontseff mit.
»Aber …«
Sevigny stand auf, beugte sich über den Schreibtisch und hob drohend die Faust. »Ich habe Sie dazu gezwungen, verstehen Sie? Ich bin stärker als Sie. Ich habe mich in Ihr Haus eingeschlichen, und jetzt bleibt Ihnen keine andere Wahl. Folglich trifft Sie keine Schuld, habe ich recht?«
»Nun … nun …«
Der Cythereaner wies auf das Telephon. »Rufen Sie an!«
Volhontseff nickte bedächtig. »Gut, ich werde die Botschaft in Paris unterrichten. Glücklicherweise ist es dort erst nachmittags. Ich werde Ihre Angaben über den Fall weitergeben und gleichzeitig darum bitten, daß die übrigen Botschaften von dort aus benachrichtigt werden. Alle Gespräche auf der Direktleitung werden automatisch verschlüsselt, so daß sie nicht abgehört werden können. Einverstanden?«
»Hmm.« Sevigny überlegte. Der Vorschlag schien durchaus vernünftig und annehmbar. »Okay. Aber was wird inzwischen aus mir?«
Volhontseff kicherte trocken. »Sie bleiben hier und lassen mich nicht aus den Augen. Ich bin völlig in Ihrer Gewalt, erinnern Sie sich?«
Er griff in die Schreibtischschublade und holte ein ledergebundenes Buch daraus hervor. »Aha, da ist ja schon die richtige Nummer«, meinte er zufrieden.
Weitere Kostenlose Bücher