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900 Großmütter Band 1

900 Großmütter Band 1

Titel: 900 Großmütter Band 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R. A. Hrsg Lafferty
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anderen Einwand?«
    »Ich praktiziere schon eine ganze Anzahl von Jahren; daher höre oder sehe ich jetzt selten mehr etwas Neues. Schon zweimal hat man mir von einem Vorfall oder einem Traum erzählt, der ungefähr auf der Linie dessen lag, was Sie erlebt haben.«
    »Haben Sie diese Patienten auch davon überzeugt, daß sie nur geträumt haben?«
    »Ja. Beide. Das heißt, ich habe sie die ersten paar Male, die es ihnen passiert ist, überzeugen können.«
    »Waren sie befriedigt?«
    »Zuerst ja. Später nicht so ganz. Aber sie sind beide gestorben, etwa ein Jahr nach ihrem Besuch bei mir.«
    »Kein gewaltsamer Tod, hoffe ich?«
    »Beide hatten einen so sanften Tod wie nur möglich: sie starben an extremer Altersschwäche.«
    »Oh. Na, dafür bin ich ja noch zu jung.«
    »Vincent, ich möchte, daß Sie in einem Monat oder so wiederkommen.«
    »Das werde ich tun, wenn die Halluzination oder der Traum wiederkommt. Oder wenn ich mich sonst nicht wohlfühle.«
    Dann fing Charles Vincent an, den Vorfall zu vergessen. Nur gelegentlich, wenn er wieder einmal mit der Arbeit im Rückstand war, erinnerte er sich belustigt daran. »Na, wenn es ganz schlimm wird, dann mache ich wieder so eine somnambule Sause und hole alles auf. Aber wenn es tatsächlich einen anderen Zeit-Aspekt gäbe und man sich nach Bedarf in ihn hineinversetzen könnte – das wäre manchmal ganz praktisch.«
    Charles Vincent hat das Gesicht dieses Mannes überhaupt nie gesehen. In manchen dieser Clubs ist es sehr dunkel, und der Coq Bleu ist wie das Innere eines Grabes. Vincent ging höchstens einmal im Monat in so einen Club, etwa nach einer Theatervorstellung, wenn er noch nicht nach Hause und ins Bett gehen wollte, oder auch, wenn er sich nur einfach ruhelos fühlte.
    Bürger glücklicherer Staaten wissen vielleicht nichts von den Mysterien dieser Clubs. In dem Staat, wo Vincent lebte, sind die einzigen öffentlichen Lokale Bierkneipen; Schnaps gibt es nur in diesen Clubs, und dort haben nur Mitglieder Zutritt. Es ist wahr, daß selbst ein so kleiner Club wie der Coq Bleu dreißigtausend Mitglieder hat; und bei einem Dollar Jahresbeitrag ist das ein ganz hübscher Nebenverdienst. Die kleinen numerierten Mitgliedskarten kosten einen Cent pro Stück im Druck, und das Mitglied setzt seinen Namen selbst ein. Aber man muß eine Karte oder einen Dollar für die Karte haben, sonst kommt man nicht in den Club. Dort gab es jedoch weder Musik noch sonstige Darbietungen, nur einen kleinen, beinahe völlig dunklen Barraum. Diese Finsternis in den Clubs war eigentlich nichts weiter als ein alter Brauch, galt aber als ungeschriebenes Gesetz.
    Der Mann war da, und dann war er wieder weg, und dann war er wieder da. Und immer war es dort, wo er saß, zu finster, als daß Vincent sein Gesicht hätte sehen können.
    »Es würde mich interessieren«, sagte der Fremde zu Vincent (oder zu der Bar im allgemeinen, obwohl keine anderen Gäste da waren und der Barkeeper schlief), »es würde mich interessieren, ob Sie ›Extradigitalismus und Genie ‹ von Zubarin gelesen haben.«
    »Ich habe weder von dem Buch noch von dem Manne selbst jemals gehört«, sagte Vincent. »Weiß der Teufel, ob alle beide überhaupt existieren.«
    »Ich bin Zubarin«, sagte der Mann. Vincent verbarg instinktiv seinen mißgestalteten Daumen; doch hätte man diesen in dem herrschenden Halbdunkel kaum wahrnehmen können; die Annahme, daß zwischen seinem Daumen und der Bemerkung des Fremden irgendwelche Zusammenhänge bestünden, wäre völlig verrückt gewesen. Es war auch gar kein richtiger doppelter Daumen. Vincent hatte keinen überzähligen Finger, mithin war er weder sechsfingrig (oder extradigital), noch war er ein Genie.
    »Ich lehne es ab, mich für Sie zu interessieren«, sagte Vincent. »Ich bin eben im Begriff zu gehen, aber ich hätte gern noch einen Schnaps.«
    »Leichter getan als gesagt.«
    »Was?«
    »Ihr Glas ist voll.«
    »Voll? Tatsächlich. Ist das ein Trick?«
    »Trick ist ein Name für alles, was entweder zu frivol oder zu mysteriös ist, als daß wir es verstünden. Aber vor etwa einem Monat hätten Sie einen ganzen Morgen lang diesen Trick ebenfalls ausführen können, und beinahe ebenso gut.«
    »Hätte ich das? Woher wissen Sie von meinem langen Morgen – angenommen, es hätte wirklich sowas gegeben?«
    »Ich habe Sie eine Weile beobachtet. Nur wenige verfugen über die Möglichkeit, jemanden zu beobachten, der sich in diesem Aspekt befindet.«
    Danach schwiegen sie eine

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