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900 Großmütter Band 1

900 Großmütter Band 1

Titel: 900 Großmütter Band 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R. A. Hrsg Lafferty
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beiderlei Geschlechts bei feierlichen Gelegenheiten die Reißverschlüsse auf; und es war (vermutlich) sein Verdienst, daß Feldmann nicht zum Bürgermeister gewählt wurde – irgend etwas passierte in voller Öffentlichkeit auf der Tribüne, und mit Feldmann war es aus und vorbei.
    So etwas kann eine Zeitlang neu und amüsant sein. Beim Bewegen großer Objekte gab es natürlich Schwierigkeiten. Vincent wollte so gern mal ein Pferd in eine Gesellschaft hineinschmuggeln. Aber ein Pferd kann man nicht in die akzelerierte Zeit mit hineinnehmen; es ist zu groß. Vincent zeichnete das Diagramm auf, das der Gesichtslose ihm gegeben hatte, und präsentierte es dem einzigen Pferd, das er kannte. Aber das Pferd begriff nicht, worum es ging. Es wollte nicht in den beschleunigten Zustand übertreten.
    »Entweder muß ich ein intelligenteres Pferd auftreiben, oder eine Methode erfinden, um schwere Gegenstände zu transformieren«, überlegte Charles Vincent.
    Manchmal fesselte Vincent zwei Fremde, die nebeneinanderstanden und auf den Wechsel der Verkehrsampel warteten, mit Handschellen aneinander. Wenn jemand an einem Laternenpfahl lehnte, band er ihn daran fest; auch stahl er unglücklichen Gebißträgem die Zähne aus dem Munde. Er schrieb geheimnisvolle und erschreckende Botschaften mit Fettstift auf den Teller, den ein Tischgast sich aufzufüllen grade im Begriff war. Er vertauschte Kartenspielern die Karten und stellte allerlei greulichen Unsinn mit Billardbällen an. Er nahm den Golfball vom Abschlag weg und steckte ein großes Schild mit den Worten SIE HABEN VORBEIGEHAUEN statt dessen in den Sand. Beim Baseball stahl er den Ball aus dem Handschuh des Fängers und legte statt dessen einen jungen nackten Spatz hinein. In keinem Regelbuch fand man, trotz allen Suchens, eine Vorschrift für derartige Fälle.
    Oder er rasierte Schnurrbarte und Köpfe. Eine Frau, die er nicht leiden konnte, suchte er mehrere Male heim, schor sie kahl und vergoldete ihren blanken Schädel.
    Mit geldzählenden Bankkassierern stellte er die tollsten Sachen an und bereicherte sich dabei. Er schnitt Zigaretten mit der Schere entzwei und blies Streichhölzer oder Feuerzeuge aus, bis ein Frustrierter tatsächlich einen Nervenzusammenbruch erlitt und in Tränen ausbrach, weil er sich seine Zigarette nicht anzünden konnte.
    Er nahm Polizisten die Waffe aus dem Halfter und steckte ihnen Zündplättchen- oder Wasserpistolen hinein. Besonders gern riß er einem spazierengehenden besseren Herrn einen Ärmel ab. Wenn nur ein Ärmel fehlt, so wirkt das komischer, als wenn beide fehlen.
    Er hakte Hunde von der Leine und hing an ihrer Stelle auf Rollen laufende Spielzeughunde daran. Er praktizierte Frösche in Trinkgläser und glimmende Feuerwerkskörper auf Bridgetische, verstellte Armbanduhren am Handgelenk des Besitzers und spielte grausame Streiche auf Herrentoiletten, so daß ehrsame Gentlemen sich naßmachten.
    »Im Grunde war ich immer ein kleiner Junge«, sprach Charles Vincent bei sich.
    In diesen ersten Tagen des neuen und kontrollierten Zustandes sicherte er sich außerdem materiell ab, indem er auf allerlei krummen Wegen Reichtümer erwarb und in mehreren Städten Bankkonten unter verschiedenen Namen errichtete, für einen eventuellen Notfall.
    Er schämte sich keineswegs der Streiche, die er der unakzelerierten Menschheit spielte. Denn wenn er sich in diesem Zustand befand, waren die Menschen für ihn kaum mehr als Statuen, fast unbeweglich, blind und taub. Und es ist durchaus nicht beschämend, vor solchen komischen Wachsfiguren keinen sonderlichen Respekt zu empfinden.
    Außerdem – und wiederum, weil er im Herzen ein kleiner Junge war, – trieb er seinen Spaß mit den Mädchen. »Ich bestehe nur noch aus braunen und blauen Flecken«, sagte Jenny eines Tages. »Meine Lippen sind ganz wund, und meine Vorderzähne sind locker. Ich weiß nicht, was in aller Welt mit mir los ist.«
    Aber er hatte ihr keineswegs wehtun wollen. Er hatte sie recht gern und beschloß, in Zukunft vorsichtiger zu sein. Immerhin machte es ihm großen Spaß, sie hier und da an außergewöhnlichen Stellen zu küssen oder ihr sonstige kleine Beweise seiner Zuneigung zu geben, wenn er in diesem Zustand war und sie ihn wegen seiner Übergeschwindigkeit nicht sehen konnte. Sie gab eine gute Wachsfigur ab, und es war eine interessante Beschäftigung. Außerdem gab es auch noch andere.
    »Sie sehen auf einmal so alt aus«, sagte ein Kollege eines Tages. »Passen Sie auch gut

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