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900 Großmütter Band 1

900 Großmütter Band 1

Titel: 900 Großmütter Band 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R. A. Hrsg Lafferty
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ich da wieder raus?«
    »Oh, das ist einfach. So leicht, beinahe als ob Sie bloß auf einen Knopf drücken. Hier zeichne ich Ihnen zwei Diagramme auf. Sehen Sie sich beide genau an. Das erste: lassen Sie es vor Ihrem geistigen Auge erstehen, und Sie sind in diesem Zustand. Dasselbe mit dem zweiten – und Sie sind wieder draußen.«
    »So einfach?«
    »So täuschend einfach. Der Haken ist, daß Sie lernen müssen, warum es funktioniert – wenn Sie Erfolg haben wollen, das heißt, wenn Sie leben bleiben wollen.«
    Danach verließ Vincent den Fremden und ging nach Hause, wobei er für den Kilometer etwa neuneinhalb Sekunden brauchte. Aber er hatte das Gesicht des Mannes nicht gesehen.
    Die Fähigkeit, nach Beheben in den Zustand der Beschleunigung einzutreten, gewährt intellektuelle, geldliche und amouröse Vorteile. Es ist ein füchsisches Spiel. Man muß vorsichtig sein, damit man nicht erwischt wird und nichts zerbricht oder beschädigt, was sich im Normalzustand befindet.
    Vincent konnte immer mal acht oder zehn unbeobachtete Minuten abzweigen, in denen er seine Tagesarbeit erledigte. Und fünfzehn Minuten Kaffeepause konnte er in einen fünfzehnstündigen Streifzug durch die Stadt umfunktionieren.
    Das lausejungenhafte Vergnügen, Gespenst zu spielen: zu erscheinen und reglos vor einem heranbrausenden Zug zu stehen, so daß die Pfeife der Lokomotive aufkreischte – und dennoch nicht in Gefahr zu sein, weil er sich fünf- oder zehnmal schneller als der Zug bewegen konnte; irgendwo einzutreten und plötzlich mitten in einer exklusiven Gruppe zu sitzen und zu sehen, wie sie ihn alle anstarrten, und dann wieder aus ihrer Mitte zu entschwinden; sich in allerlei Sport und Spiel zu mengen: dem Boxer, den er nicht leiden mochte, ein Bein zu stellen, ihn festzuhalten oder ihm einen Schlag zu versetzen; wie ein Blitz ins Eishockeyfeld zu schießen, mit zweitausendvierhundert Kilometer Stundengeschwindigkeit auf Schlittschuhen dahinzugleiten und für jede Partei Dutzende von Toren zu schießen, während das Publikum nur begriff, daß irgend etwas Sonderbares geschah.
    Das Vergnügen, eine Fensterscheibe zerspringen zu lassen, indem er ein kleines Lied sang, denn in diesem Zustand klingt die Stimme (obwohl man selbst sie als normal empfindet) sechzigmal höher. Aus dem gleichen Grunde ist sie für die anderen unhörbar.
    Der Spaß an den kleinen Diebereien und Streichen: er konnte einem Manne die Brieftasche aus der Jacke ziehen und schon zwei Häuserblocks weiter sein, wenn der Bestohlene die Berührung gespürt hatte und sich umdrehte; er konnte zurückkommen und die Brieftasche in den offenen Mund des Mannes stopfen, wenn der nach einem Polizisten schrie.
    Er konnte in das Zimmer einer Dame treten, die grade einen Brief schrieb, ihr das Papier wegnehmen, drei Zeilen darauf schreiben und verschwunden sein, ehe der Schrei ihrem Munde entflohen war.
    Er konnte einem in normalem Schritt gehenden Manne Schuh und Socke von einem Fuß abziehen. Kein Menschenantlitz seit Beginn der Zeit hat jemals so einen Ausdruck des Erstaunens getragen, wie das des Mannes, dem dergleichen zum erstenmal passierte. Die Feststellung, daß man mitten auf einer belebten Straße plötzlich halb barfuß ist, hat in aller menschlichen Erfahrung keine Parallele.
    Vincent konnte einem Manne die Brillengläser grün anmalen, was die gesamte Persönlichkeit dieses Menschen irgendwie veränderte: er bekam den Schluckauf, wedelte mit Armen und Beinen und entwickelte allerlei Manierismen. Oder wenn ein Unglücklicher eben den ersten Zug einer Zigarette genoß, nahm Vincent sie ihm aus dem Munde, rauchte sie bis auf den heißen Stummel auf und steckte sie ihm wieder zwischen die Lippen.
    Er nahm den Bissen von der Gabel, die jemand grade zum Munde führte; praktizierte einem, der grade seine Suppe aß, zwischen zwei Löffelvoll ein paar junge Schildkröten, dem anderen lebendige Fische in den Teller. Und wenn eine Köchin ein Ei über der Pfanne zerschlug, schnappte er den weichen Dotter mitten aus der Luft und setzte eine ausgewachsene quakende Ente in die Pfanne – sehr zum Mißbehagen der Köchin sowohl als auch des Vogels.
    Wenn sich zwei die Hand schüttelten, band er ihnen die Gelenke mit einer kräftigen Schnur zusammen. Er verknüpfte die Schnürsenkel eines tanzenden Paares. Oder er nahm die Saiten von der Gitarre, auf der grade jemand spielte, oder er stahl das Mundstück von der Trompete, wenn der Bläser eben mal Atem holte.
    Er zog Leuten

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