900 Großmütter Band 1
mächtiges Maul auf. Garamask griff geduckt an, dolchte die Hinterbeine des Tieres mit seinen Knie- und Zehenmessern, schlitzte mit dem Helmsäbel seinen Bauch und versetzte ihm mächtige Schläge mit den Handklauen. Das Tier fiel hintenüber, rappelte sich auf und floh heulend. Und Garamask hinkte hinterher, aber wenn es nicht langsamer werden würde, konnte er es nie erwischen.
»Es hat keinen Zweck, daß du ihn verfolgst, Papa Garamask«, rief Chavo. »Das ist nicht der Große Riksino. Das ist nur ein Bärenkind, und es flieht auch wie ein Bärenkind. Vergeude nicht deinen Tag mit der Jagd auf einen halb ausgewachsenen Jungbären!«
»Anscheinend klettere ich schon tagelang mit so einem in den Bergen herum«, ächzte Garamask. Er war müde, und er war ein Narr gewesen. Die echte Witterung, die Königs-Witterung, – die hing noch immer über ihm, und er hatte nur einen jaulenden Jungbären zur Ader gelassen. Das Wesen Riksino lauerte noch, ganz nahe.
»Wir sind fast auf dem Gipfel des Giri«, sagte Garamask. »Wir wollen diese Kante erreichen und sie nach links entlanggehen, bis wir über ihm sind. Oben ist alles schierer Felsen. Seine Höhle muß irgendwo in dem Steinhaufen da sein, grade unterhalb der Kante.«
Sie krochen eine furchtbare, abbröckelnde Leiste entlang, Garamask voran. Es ist ein schwieriges Kriechen, wenn man die Knie- und Zehendolche angelegt hat. Garamask begann jetzt die Nähe des sehr großen Tieres zu spüren. Er konnte es nur keuchen und die Zähne fletschen hören, und die Witterung überwältigte ihn fast. Er konnte hören, wie der Bär seine starken Klauen am Felsen wetzte; er konnte sogar das stoßende Blut in seinem Körper hören, den starken Pulsschlag. Aber als er ihn zuerst erblickte, lähmend nahe, da war es das Innere des Tieres, das er sah. Er blickte in das offene Maul, einen Meter seitwärts, zwei Meter unter ihm. Und dann, als er hinabspähte, fasziniert, zu nahe, kam ein blitzschneller Hieb, und Garamasks halbe Nase war weg. Das Tier hatte sich aufgereckt und die Vordertatzen soweit hochgereckt, wie es konnte, und eine der weitreichenden Klauen hatte den vorgebeugten Garamask ins Gesicht getroffen.
Aber Garamask hatte auch Klauen. Wütend fuhr er mit seinen Handklingen über Riksinos Tatzen, als der große Bär sich am Felsen emporreckte, so hoch er nur konnte. Garamask reizte ihn mit seinem blutigen Gesicht und konterte mit seinen Messerklauen jedesmal, wenn der Bär nach ihm schlug. Das Tier war, so fand er, langsam und dumm. Einmal schloß es das große Maul, zog seine mächtigen Vorderpfoten weg und leckte sich die blutigen Tatzen. Garamask ließ sich halb über die Kante hinab und zerschliß die Nase des Tieres fürchterlich mit seinen Handdolchen. Er blendete es halb mit seinen fetzenden Hieben; entweder hatte er ihm ein Auge herausgeschnitten, oder es war so voll Blut, daß der Bär nicht mehr damit sehen konnte. Und Garamask war schon wieder auf der Kante, ehe Riksino aufs neue nach ihm schlug.
Der Riksino-Bär duckte sich tief auf allen vier Beinen, sammelte Kraft und versuchte, auf die Kante zu springen. Er kam nur mit den Vorderpfoten über den Rand und hing sich dort fest. Garamask zermesserte mit seinen Fußdolchen die riesigen Tatzen zu einem blutigen Brei und hieb dann dem hängenden Tier wieder und wieder ins Gesicht, und das Tier rutschte auf die untere Kante hinab. Und doch war es von solcher Größe, hatte so viel Blut und Fleisch in sich, daß die paar Kratzer, die Garamask ihm beigebracht hatte, keine große Wirkung gehabt haben konnten.
»Bär, du bist ein Stolperhans, bist nur ein großer Stolperhans«, murmelte Garamask. »Wie? Was? Versuchst du was Neues? Hast du noch andere Absonderungen als deinen Gestank? Was machst du da, Bär?«
Der Riksino-Bär hatte sich steil hochgerichtet und sein großes Maul aufgerissen. Und jetzt war ein Dunst zu spüren, der noch von anderer Art war als der Gestank der Witterung.
»Papa Garamask, fall nicht!« rief Chavo. »Fall nicht in das offene Maul des Riksino!«
»Du Narr! Warum sollte ich ihm ins Maul fallen?« fragte Garamask erstaunt. »Bär, Bär, was hast du da vor? Bist du vielleicht ein Amateur-Hypnotiseur? Damit kriegst du vielleicht Vögel und Kleinwild, aber keinen Menschen. Versuch’s, Bär, mach es so stark du kannst! Garamask läßt sich nicht so verzaubern, daß er in einen Bärenrachen fällt!«
Und Garamask fiel, den Kopf voran, in den Rachen des Riksino-Bären.
Von oben kam noch ein
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