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~900 Meine Reise auf dem spanischen Jakobsweg. (German Edition)

~900 Meine Reise auf dem spanischen Jakobsweg. (German Edition)

Titel: ~900 Meine Reise auf dem spanischen Jakobsweg. (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dennis Welz
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Herbergspersonal meine Meinung über die Musik zu sagen. Unten beherrsche ich mich natürlich so gut es geht und bitte in englischer Sprache freundlich die furchtbare Musik abzustellen. Kaum habe ich gefragt ist sie aus und bleibt aus. Etwas verschämt über meine vorherige Wut gehe ich zurück. So einfach lassen sich manche Probleme lösen.

04.09.0820km nach Hornillos del Camino - Kalter Regen, unverschämte Pilger(in)
    Das Ereignis des Tages lautet: REGEN! Früh am Morgen, als ich aufbreche, nieselt es bereits. Noch ahne ich nichts Böses und störe mich kaum an dem Nass von oben. Der Regen hört auf, die Kleidung trocknet schneller als sie nass wurde, dann regnet es wieder.
    In der Frühstücksbar meiner Wahl ist es sehr voll und schnell hat der Wirt den Überblick verloren. An die Reihenfolge möchten sich die in Eile befindlichen Pilger nicht halten. So entsteht ein kleines Chaos. Meine Motivation ist nicht groß genug mich dagegen zu behaupten, ich warte lange. Warum sagst du nicht endlich etwas? Ich schimpfe mit mir selbst. Sonst setze ich mich gerne durch, auch gegen den Unwillen größerer Menschengruppen. Die Leute verhalten sich wie kleine Schulkinder, die sich um Schokolade streiten. Ich möchte schreien. Seid ruhig! Rücksicht nehmen auf andere. Wie kann man es bisher nicht gelernt haben auf dem Jakobsweg? Ich verstehe es nicht. Bin traurig. Als ich endlich meinen Kaffee habe fühle ich mich völlig erschöpft. So viel Rücksichtslosigkeit. So viele Egos, die sich selbst wichtiger nehmen als alles andere. Ich habe doch so viel mehr erwartet. Gerade hier.
     
    Die Meseta (spanische Hochebene) ist für mich grau. Wolken hängen ausgerechnet in dem Gebiet, das berüchtigt ist für seine Hitze. Irgendwann fängt es dann an zu gießen und bis ich die Regensachen in panischem Chaos aus dem Rucksack befördert, ausgepackt und angezogen habe, bin ich schon nass. Zu allem Übel kriecht der Regen bis in das Knie hinauf. Schmerz. Welch wunderbare Kombination denke ich ironisch und stapfe entschlossen weiter. Dem Regen gefällt meine Entschlossenheit nicht, es regnet noch mehr, ich kontere mit einem lauten Lied, das meine Laune und Kraft erhalten soll. Einfach alles was mir einfällt wird gesungen. Kein Lied kenne ich ganz. Aber immerhin ein paar Refrains. Währenddessen werden meine Beine nass, da der Regenponcho schlicht zu klein ist. Ich habe ihn am Anfang des Camino von Agi geschenkt bekommen mit der Versicherung ‚der ist für JEDEN lang genug’. So groß bin ich nicht. Trotzdem werde ich nass. Mist . Ich singe weiter.
     
    Die letzten Kilometer zur Stadt werden Ausdauer-und Willensprobe. Ob überhaupt noch Herbergsplätze frei sind weiß ich nicht, denn heute sind große Menschenmassen unterwegs. Gestern bin ich noch ganz allein nach Burgos hineingelaufen, doch scheinen so viele dort ihren Weg begonnen zu haben, dass es sich nun etwas staut. Eine regelrechte Pilgerinvasion ist schon an mir vorbeigetrabt.
    Unter einem Kirchendach haben schon gut ein Dutzend nasser Pilger Zuflucht gesucht und warten in der Kälte auf die Öffnung der Herberge. Ich setze mich in die Schlange, verstecke mich in meinem Poncho, wärme so mich selbst. Der Herbergsvater rauscht vorbei, ruft uns zu er käme sofort, öffnet einige Stunden vor der angeschlagenen Zeit.
    Irgendwie schafft es eine junge Frau, vielleicht 19 Jahre alt, als erste in der Herberge zu sein, obwohl sie zuletzt gekommen ist. Andere, die bereits eine halbe Stunde warteten und froren müssen noch länger warten und frieren. In solchen Momenten verstehe ich erst wie schwer die unbegründete ‚Liebe’ anderen gegenüber ist, die in der Bibel proklamiert wird. Diese junge Vordränglerin auch nur zu akzeptieren in ihrem Verhalten fällt mir schwer.
    Auch Marlies aus Deutschland ist eine für mich schwer zu ertragene Person. Gerne macht sie morgens das Licht viel zu früh an, dann ist sie auf der anderen Seite aber auch sehr nett. Um alle Facetten kennenzulernen muss ich manchmal über den dunklen Schatten springen, den diese Menschen mit ihrem Verhalten werfen. Nicht immer fällt mir das leicht. So sehr ich es auch versuche. Wir kämpfen wohl alle stetig mit uns selbst. Wer weiß welches Verhalten von mir andere an den Rand ihrer Nerven treibt. Ich bin mir sicher es wird etwas geben.
     
    Es sind noch genug Betten vorhanden, ich hänge meine nassen Klamotten auf so gut es geht, dann kuschle ich mich schnell in meinen Schlafsack und genieße die Wärme. Nur kurz

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