911
Modellbezeichnungen mit einer Null in der Mitte gesichert hatte. Deswegen wurden nur einige Prototypen mit der Modellbezeichnung 901 gebaut. Dafür muss man Peugeot bis heute dankbar sein, wie uncharmant und laborhaft hätte der Kosename »Nulleinser« geklungen. »Mach’ ma halt eine zehn dazu«, bemerkte Ferry trocken. Mit schwäbischem Stoizismus hieß der 901er daraufhin 911er. Der Grund war ganz pragmatisch: Die Metalltypen 9 und 1 waren bereits produziert. So wurde die 1 ganz einfach doppelt verwendet. Verschwörungstheoretiker könnten darauf hinweisen, dass dies die Abkürzung des Schicksalstags der Deutschen ist: der 9. November.
Kurz vor Serienproduktion wurde im Inneren die Armaturentafel auf jene Kulisse erweitert, die bis zum 996er jeden Elfer-Fahrer beeindrucken sollte. Die bogenförmige Instrumententafel hatte im Zentrum den Drehzahlmesser, ganz links waren die Tankanzeige und die Ölmengenanzeige, dann folgten Öltemperatur und Öldruck, rechts neben dem Drehzahlmesser war der Tachometer und ganz rechts die Uhr. Die Abfolge der Armaturen von links nach rechtsfolgte der Dramaturgie, die im Blutkreislauf und Herztrakt des Sportwagens beginnt und mit der Geschwindigkeit und der Uhrzeit das Schlagen des Boxermotors mit den Daten des Raum-Zeit-Kontinuums in Verbindung bringt. Öltemperatur und Öldruck wurden beim Elfer stets kontrolliert, oft genug wurde bei den Ur-Elfern auch alle tausend Kilometer der Ölstand mechanisch am Heck überwacht. Bis heute blickt der Elfer-Fahrer am Morgen bei den Ur-Elfern zuerst unter den Motor, ob dort nicht an der einen oder anderen Stelle Öl ausgetreten ist. Selbst die rüdesten Fahrerinnen und Fahrer eines Ur-Elfers achten darauf, dass die neun Liter Öl aus dem Trockensumpfkreislauf behutsam erwärmt werden, bevor man richtig auf die Tube drückt. »Barbaren«, die ihren Elfer schon kalt hochdrehen, werden von der Gemeinde mit Verachtung, Missmut und Liebesentzug bestraft.
Wer das Vergnügen hatte, einen der letzten schnellen 356er zu fahren, weiß, wie nahe der Ur-Elfer seinem Vorfahren kommt. Der Mythos der Unbeherrschbarkeit hält sich, gilt aber ausschließlich für den engen Grenzbereich, ansonsten lassen sich diese Fahrzeuge unglaublich zügig bewegen und besitzen selbst angesichts der heute karg erscheinenden PS-Zahlen und dank des leichten Gewichts große Agilität. Ein Heckmotor gibt Traktion, aber in Kurven und bei Regen waren die Elfer bis in die 90er Jahre hinein Heckschleudern. Das Auto übersteuerte konsequent und die meisten Elfer-Piloten verwandelten den anfänglichen Schreck über diese Tendenz zur Instabilität in eine Neigung, den Sportwagen zum Tanzen zu bringen. Die ersten Elfer hatten einen miesen Geradeauslauf. Zum Austarieren verpasste man ihnen Eisentrümmer in den Stoßstangenecken, was Ferdinand Piëch seinerzeit richtig wütend machte. Der belgische RennfahrerPaul Frère nannte die circa 20 Kilo Blei in der vorderen Stoßstange »keine sehr elegante Lösung«, aber sie milderte die Windempfindlichkeit. Hinzu kam der »Pfusch« bei den oben nicht einstellbaren Federbeinen. Piëch wetterte derart heftig dagegen, dass der Technische Leiter von Porsche gehen musste und Piëch sich um die Gewichtsverteilung und Balance des Sportwagens kümmern durfte. Trotz dieser Herausforderungen, die stets auch Herausforderungen an die Fahrer eines Porsche 911 waren, blieb das Vergnügen, diesen Sportwagen zu pilotieren, beeindruckend. Es gab keinen Autotester, der das nicht so sah.
Als Porsche Anfang 2013 Autojournalisten weltweit nach Stuttgart lud, um die verschiedenen Baureihen auf der Teststrecke zu erleben, stellten diese fest, wie beeindruckend die Fahrdynamik dieses heute untermotorisiert anmutenden Ur-Elfers ist. Die Beschleunigung von null auf hundert Kilometer pro Stunde gab Porsche mit 9,1 Sekunden an, andere Tester wie Paul Frère schafften es in unter neun Sekunden, Graf von Brockdorff gar in 8,5 Sekunden. Auch wenn ein halbes Jahrhundert später jeder gut motorisierte Kleinwagen ähnliche Fahrwerte liefert, waren die Kritiker beeindruckt. Graf Brockdorff erinnerte die Beschleunigung an die eines »Überschalldüsenjägers«, wohl auch wegen der Geräuschkulisse des Sechszylinder-Boxers, der dem Elfer seither seinen Klang gab. Die »elferclassix Lounge« setzt den Sound des Boxers auf Platz 1 ihrer 50 Gründe, einen Porsche 911 zu fahren. Wer mit Fahrern, Beifahrern, Passanten, Neugierigen und Interessierten nach dem Besonderen des Elfers
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