911
pressure« seines Sohnes ihn dazu zwingt. Porsche hat in seinen Niederlassungen für diese Väter und ihre Kinder wie fast alle Autohersteller Spielecken eingerichtet, so dass der samstägliche Besuch in diesen Sakralbauten der Elferei in jeder Hinsicht familientauglich werden kann. Die Kinder können dort Porsche-Malbücher kolorieren oder mit jeder Menge Spielzeug-Elfer für Chaos sorgen. In den Vitrinen daneben werden Spielzeuge für jedes Alter angeboten. Vom abwaschbaren Plüsch-Elfer, bei dem das Porsche-Logo wie die Carrera-Schrift exakt eingestickt ist, über die Snackboxfür den Kindergarten bis hin zum gelben Elfer-Cabrio mit Elektromotor und einer Höchstgeschwindigkeit von vier Kilometern pro Stunde reicht das Angebot. In den 80er Jahren baute Porsche sogar ein SC-Cabrio im Maßstab 1:2, das mit einem 2 PS starken Honda-Motor ausgestattet wurde und wie ein »großer« Elfer mit Bedienungsanleitung, Teilekatalog und Kundendienstheft ausgeliefert wurde. Aus haftungsrechtlichen Gründen wurde die Produktion jedoch bald wieder eingestellt, heute ist das gut zwei Meter lange Millionärsspielzeug ein gesuchtes Sammlerstück.
Porsche-verrückte Väter und Patenonkel können schon im Kreißsaal mit der Bearbeitung der unschuldigen Kindergemüter beginnen. Mitunter führt derlei ungebremstes Engagement zur gegenteiligen Wirkung. Die Kinder nerven die Erregtheit der Eltern über ihren engen Sportwagen und das monotone Gerede über ein Fahrzeug, dem sie mitunter wenig abgewinnen können.
Wer als Elfer-vernarrter Vater Glück hat, erhält ein wenig Mitgefühl im doppelten Sinne: als Mitleid oder Empathie. Gelingt es den Eltern, den Elfer zu einem selbstverständlichen, ohne Pathos oder Pedanterie benutzten Familienmitglied zu machen, wachsen die Chancen, dass die Kinder das Röhren des Motors, die Wärme des Boxers, der an die für kleine Kinder wie gemachten Notsitze schlägt, als einen Teil ihrer Heimat verstehen. Einige Elfer-Väter schwören darauf, dass ein schreiendes Baby, das sich weigert einzuschlafen, auf dem Rücksitz innerhalb von zwei Minuten einschläft, wenn der Boxermotor läuft. Auf Porsche-Foren wird mit Hingabe diskutiert, welcher Kindersitz in welchen Elfer passt. Dabei werden augenscheinlich weder Kosten noch Mühen gescheut, um die Lust nach dem Cruisen oder auch Heizen mit dem Porsche zu akkordieren mit dem Sicherheitsbedürfnisder Kinder. Wohl auch deshalb sind für ältere Porsches die Kindersitze auch gebraucht ungewöhnlich teuer auf eBay.
Der Sportwagen als Idylle, in dem die Familie eng beieinandersitzt, hat zur Voraussetzung, dass alle Familienmitglieder dieses besondere Auto gemeinsam genießen können. Für den Sohn eines Rennfahrers waren die Notsitze eines Porsche oft die einzige Art, um mit dem Vater in Kontakt zu bleiben. Donald von Frankenberg erinnert sich mit Respekt an die Fahrten auf dem Rücksitz des Porsche, wenn es der Vater nicht lassen konnte, die Rennneigung auch im Straßenverkehr auszuleben. »Angst verspürte ich keine«, schreibt er rückblickend. »Damit war ich eine Ausnahme, wahrscheinlich lag eine Art Urvertrauen vor.« Andere Beifahrer, so erinnert sich der Sohn, wollten nicht am eigenen Leibe erfahren, ob die Kurve einer Autobahnausfahrt 130 oder 150 Kilometer pro Stunde vertrug. Als er zehn Jahre alt war, gab es Ausfahrten in den letzten Baureihen des 356ers, die er unangeschnallt auf dem Beifahrersitz erlebte – »immer Vollgas«. Die Spannung zwischen Geborgenheit und Angst bot ideale Voraussetzungen für eine Traumatisierung. Das Urvertrauen in den Vater übertrug er auch auf den niederländischen Formel-1-Fahrer Carel Godin de Beaufort, der bei den Frankenbergs wohnte, wenn sein Porsche in Zuffenhausen überholt wurde. »Auch er fuhr immer«, so Donald von Frankenberg, »als wäre ein Rennen!« Carel Godin de Beaufort verunglückt 30-jährig beim Training für den Großen Preis von Deutschland auf dem Nürburgring in seinem Porsche.
Als Donald mit 17 Jahren den Führerschein machte, drückte ihm der Vater den Schlüssel des 911ers in die Hand undschwitzend vor Aufregung zockelte der Sohn durch den Stuttgarter Vorort. Dann nahm der Vater auf dem Beifahrersitz Platz und lotste den Sohn auf die Autobahn, bis der Sohn bei Tempo 180 war, und das auch bei starkem Regen. Donald von Frankenberg hatte sein Unterhemd nassgeschwitzt. Jahre später sollte er am Grab seines Vaters stehen, der nach mehreren schweren und schwersten Unfällen bei einem Unglück auf
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