911
auch in Zeiten, als dies kein Kriterium war. Schon im ersten Prospekt 1948 (!) warb die Firma mit niedrigen Verbrauchswerten. Dort hieß es, dass bei höchster Reisegeschwindigkeit der Verbrauch nur 7,2 Liter auf hundert Kilometer betrage, auch wenn Richard von Frankenberg dies rückblickend als ein wenig »naiv« einordnet. Dennoch: Die Leichtigkeit der Sportwagen und die kleinhubigen Motoren sorgten von Anfang an für einenVerbrauch, den die Konkurrenz mit ihren Achtzylindern und schweren Karossen nicht annähernd erreichen konnte. Die schwäbische Sparsamkeit, die Allergie gegen jede Form von dysfunktionaler Verschwendung bildete das Einfallstor für das ökologische Bewusstsein, bevor dieses in Mode kam. Die schlanke Ausstattung ermöglichte auch bei alten 911-Modellen entspannte Autobahnfahrten mit nur zehn Litern Verbrauch. In den 70er Jahren konsumierte der Elfer aufgrund der gesenkten Verdichtung nur Normalbenzin. Als erster Autohersteller benutzt Porsche seit 1975 feuerverzinkte Bleche serienmäßig, um die Autos langlebig vor Rost zu schützen. Die Autos erhalten Garantien gegen Durchrostung, die immer länger laufen. 1982 eröffnete in Weissach die erste autark arbeitende Abgas-Prüfanlage der Welt: das Messzentrum für Umweltschutz (MZU). Mit dem 991er und der darin verwendeten Start-Stopp-Technik kann der Verbrauch nochmal entschieden verbessert werden, zudem profitiert dieser aktuelle Elfer von der Diät und den neuen Leichtbauteilen. Noch wichtiger vielleicht ist das Image, das durch die Start-Stopp-Technik bei jedem Ampelstopp den vor sich hin qualmenden und röhrenden Nachbarn kommuniziert, dass auch dieser Sportwagen zur Verbesserung des Weltklimas etwas beitragen möchte. Die Start-Stopp-Technik senkt den Verbrauch in der Stadt, aber sie erhöht vor allem das Prestige des Elfer-Fahrers, der damit die Luxusvariante der »green conspicuous consumption« zur Distinktion nutzen kann. In dieselbe dunkelgrüne Kerbe haute auch die Vorstellung des Porsche 918 Spyder, der so 2010 zum meistfotografierten, -diskutierten und -verklärten Auto des Genfer Autosalons wurde. Der Supersportwagen in der Tradition des Carrera GT besaß zusätzlich zu einem Achtzylinder mit 500 PS zwei Elektromotoren, die 218 PS dazu addierten.Der Hybrid-Rennwagen sollte, zaghaft bewegt, mit nur drei Litern Sprit auskommen. Der extrem aufwendig konstruierte Prototyp war eine rasende Antithese zum Ökocalvinismus, der weit in bürgerliche Lebenswelten eingebrochen war, wie dies auch die Wähleranalysen der Grünen belegten. So wurde dieser Prototyp nicht nur als technisches Abenteuer wahrgenommen, sondern auch als ein Gedankenexperiment, das an den Grundfesten jener Überzeugungen rütteln sollte, die eher eine protestantische Ästhetik der Entsagung als »ökologisch korrekt« einforderten. Dass der 918 Spyder auch mit einem extrem niedrigen CO 2 -Ausstoß von nur 70 Gramm pro Kilometer bewegt werden konnte, ließ einige Kulturpessimisten verstummen. Für den Rennsport wurden Teile des Konzeptes für einen 911 GT 3 R Hybrid genutzt, der auf dem Beifahrersitz einen monströsen Schwungradspeicher plazierte, der beim Bremsen aufgeladen wird und diese Energie an die beiden Elektromotoren an der Vorderachse abgeben kann. Beim 24-Stunden-Rennen am Nürburgring lag ein GT 3 R Hybrid lange in Führung, bis ihn ein technischer Defekt zur Aufgabe zwang.
Beim genaueren Studium der Firmengeschichte wird ersichtlich, dass Porsche mit diesem Prototyp auf eine über hundert Jahre alte Tradition verweisen konnte. Der erste Coup des Ferdinand Porsche war ein Elektroauto, das auf der denkwürdigen Weltausstellung 1900 in Paris als Sensation galt. Bei diesem Großereignis zur Jahrhundertwende wurde das elektrische Zeitalter eingeläutet und Porsche war ein Pionier bei der Nutzung von Elektrizität für moderne Mobilitätskonzepte. Die Nachteile des Elektromobils waren damals – wie heute – das außerordentlich hohe Gewicht der Batterien, die begrenzte Reichweite und die lange Ladedauer. Das wurde schon im Jahr 1900 erkannt.
Marshall McLuhans etwas forsche Prognose, dass der Sportwagen die Zukunft des Automobils sei, die es als Gebrauchsgegenstand längst verloren hat, bekam ökologisch ein neues (Dreh-)Momentum. Ferry Porsche erkannte in den ökologischen Herausforderungen vor allem eine Chance. »Ich bin der Meinung, dass der Sportwagen eigentlich Vorreiter für neue Dinge ist und es auch schon in der Vergangenheit war.« In der Zukunft sollte er
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