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911

911

Titel: 911 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulf Poschardt
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der Autobahn bei Stuttgart gestorben war, im Alter von 51 Jahren.
    Bei Dieter Landenberger, dem Leiter des Porsche-Archivs, begann die Liebe zu Porsche und zum Elfer im Speziellen friedlicher und weniger traumatisch. Seine Mutter fuhr einen 924er, doch auch im Elfer konnte er als Junge häufig Platz nehmen. Saß er hinten rechts, in Embryohaltung in die Notsitzmulde gekauert, konnte er von da den Tacho in den Blick nehmen und jubelte innerlich, wenn die Marke von 200 Kilometern pro Stunde gerissen wurde. »Wenn ich mal groß bin …« stand in großen Lettern über dem Bild eines Jungen, der mit einem weißen Elfer spielte, während in der elterlichen Garage ein gelbes G-Modell parkte. Diese Werbung aus den 70er Jahren imaginiert jenen Generationenvertrag, der etwas konventionell vor allem vom Vater auf den Sohn übertragen werden soll. Dieses Klischee ist längst aufgebrochen. Bei der ziemlich exklusiven Oldtimer-Rallye »Mille Miglia« sieht man autobegeisterte Familien, in denen Vater, Mütter, Söhne und Töchter gleichermaßen eine Art genetisch verwobenen Rennstall bilden.
    Oft genug gibt es auch in glücklichen und harmonischen Ehen Auseinandersetzungen darüber, wie vernünftig die Mitfahrt der Töchter und Söhne in Papas Elfer ist. In der Regel werden strenge Vorgaben über Höchstgeschwindigkeiten und Kurvendurchfahrtsweisen erteilt. Die Werbungfür den Elfer schnitzt daraus ihre eigene Pointe: »Sie können länger frühstücken. Sie sind früher zum Abendessen zurück. Gibt es ein besseres Familienauto?« Logischerweise wurde die Werbung auch auf einen Aufruf zur Raserei reduziert und deswegen druckte Porsche rechts über die kessen Werberzeilen die rührende Anregung: »Porsche empfiehlt: Fahren Sie vorsichtig!« Darüber wurde bei den Freunden der zügigen Fortbewegung viel gelacht. Die Mehrheit der Deutschen lehnte diese Art von Ironie und Werbung ab. Die gesellschaftliche Akzeptanz der Sportwagenfahrer und die der Porsche-Piloten im Besonderen nahm ab. 1994 beendete Porsche die Zusammenarbeit mit Jung von Matt. Die Grünen erhielten bei den Europawahlen im selben Jahr erstmals über zehn Prozent der Stimmen in Deutschland. Das Bildungsbürgertum ersetzte Humor durch Moral.

Der grüne Porsche
    Es war eine ziemlich außergewöhnliche Bitte, welche die Entwicklungschefs der deutschen Autohersteller 1995 an Porsche richteten. Sie sollten die Abgaswerte des Porsche 993 Turbo eher nicht veröffentlichen. Ausgerechnet der 408 PS starke, fast 300 Kilometer pro Stunde schnelle, breitbackige, tiefergelegte Porsche Turbo war 1995 das emissionsärmste Serienauto der Welt. Ein VW Golf mit 60 PS schleuderte fast dreimal mehr CO 2 in die Luft, ein Mercedes 600 SEC mehr als fünfmal so viel. Verantwortlich dafür waren die beiden Katalysatoren, die mit »Krakenarmen«, wie der »Spiegel« hymnisch berichtete, das Antriebsaggregat umschlangen und die Abgase aufwendig reinigten, ständig überwacht durch zwei Lambda-Sonden.
    Einmal mehr profitierte Porsche von den ökologisch wegweisenden politischen Vorgaben an ihrem bedeutendsten Absatzmarkt, den USA. Schon Mitte der 90er Jahre zeichnetesich ab, dass Kalifornien bald noch strengere Abgasauflagen einführen würde, die Porsche mit dem 993 Turbo bereits erfüllte. Zudem erwarb das Entwicklungszentrum in Weissach damit eine Kompetenz, die es als Hightech-Dienstleister auch an andere Automobilhersteller verkaufen wollte. Die Resonanz des Coups wirkte lange nach und ließ auch vergessen, dass einige Porsches, sogar einige Elfer in Sachen Verbrauch alles andere als vorbildliche Zeitgenossen waren. Auf den Seiten der Porsche-Foren beichteten Elfer-Freunde den Durst ihrer 86er Turbos (bis zu 26,5 Liter), ihrer 911 S oder auch der G-Modelle, wenn sie in der Stadt zügig bewegt wurden. Doch diese Exzesse waren eher die Ausnahmen als die Regel.
    Selbst der Elfer-skeptische Brite Jeremy Clarkson staunt in seinem gutgelaunten Filmchen über den damals neuen 997 Turbo über die für einen solchen Sportwagen niedrigen Emissionswerte, die verglichen mit dem Ferrari 430 geradezu vorbildlich waren. Wenn man damit in eine stark verschmutzte Stadt wie Los Angeles, Kalkutta oder London fahre, so Clarkson, sei die Luft, die der Motor einzieht schmutziger als das, was aus dem Auspuff wieder herauskommt. So komme ihm dieser Turbo wie ein großer Staubsauger vor, man hätte ihn Dyson Turbo nennen sollen.
    Das Prinzip des Leichtbaus verhalf Porsche oft zu vernünftigen Verbrauchswerten,

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