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911

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Titel: 911 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulf Poschardt
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es bleiben, wenn es um ökologische Herausforderungen ging. Da der Verbrauch von Gewicht und Luftwiderstand abhängig sei, sei »der Sportwagen im Vorteil«. Zudem sah Ferry Porsche die Möglichkeit, Entwicklungen für den Rennsport nicht nur zur Leistungsoptimierung zu nutzen, sondern – mit dem Turbo zum Beispiel – den Wirkungsgrad der Motoren zu verbessern. Dadurch kämen Autos »auf extrem niedrige Verbrauchswerte«. Ohne Anleitung oder Ermahnung von Seiten der Politik hat Porsche »green technology« vorangetrieben. Es passt gut zum Selbstverständnis des Unternehmens.
    Wer auf Internetseiten nach gebrauchten Ferraris, Lamborghinis oder eben Elfern sucht, findet erstaunlich viele Modelle mit geringen Laufleistungen. Der Porsche 911 wird weniger für den automobilen Alltag denn als Genussmittel eingesetzt. Für Schnee, Regen, Salz auf der Straße oder auch nur einen mürrischen Tag mit grauem Himmel und diesiger Sonne eigentlich zu schade. Der Porsche verhält sich zum täglichen Pendlerkarren für den Nichtmillionär wie das Ökofleisch vom Biomarkt zur Supermarkt-Bratwurst. Ein Werbespot von Mercedes zeigt den modernen Kunden beim ästhetischen Genuss der Limousine in der Garage, um ihn dann mit dem Fahrrad losfahren zu lassen. Je teurer und schöner ein Fahrzeug ist, umso bewusster wird es eingesetzt. Besitzer von Oldtimern und seltenen Sportwagen verkörpernmit dieser Praxis die Vorhut künftiger Pkw-Nutzung. Weniger, aber besser. Die LOHAS haben erkannt, dass besonders in der verstauten Rushhour-Zeit sich ein Porsche am wohlsten in der Garage fühlt und U- und S-Bahnen die zügigeren Transportmittel sind, aber wer am Wochenende oder zu für Workaholics typischen absurden Arbeitszeiten ins Büro muss, hat jede Menge Spaß mit einem Porsche 911.
    Vollkommen ausgeschlossen ist es für Porsche-Liebhaber, ihren Wagen für den sprichwörtlich gewordenen Weg zum Bäcker nebenan zu benutzen. Dies würde den Wagen schon mittelfristig zerstören, weil gerade bei alten Elfern – wie schon mehrfach erwähnt – die neun Liter Motoröl warm gefahren werden müssen, bevor ein dem Wohl und Wehe des Fahrzeugs gedeihliches Hochdrehen des Boxers empfohlen wird. Die Liebe zum Auto führt zu einer hohen Sorgsamkeit im Umgang mit dem Porsche und damit zu einer erhöhten Lebensdauer, die für die Ökobilanz entscheidend ist. Ein Porsche verweigerte sich von Anfang an der Logik des Wegwerfproduktes und der Elfer wurde von allen Porsches derjenige, der anders als die günstig zu erwerbenden und deutlich durstigeren Cayennes oder 928er für viele junge Elfer-Freunde geradezu schockierend wertbeständig ist. Selbst schrottreife Exemplare, die aus feuchten Scheunen aus dem amerikanischen Mittleren Westen nach Europa geschifft werden, kosten im Jubiläumsjahr 2013 so viel wie vor 15 Jahren noch ein gut erhaltenes Exemplar desselben Baujahrs. In der Sprache des Bankberaters: Ein Porsche 911 ist mit der Ausnahme des 996ers ein Bluechip im Gebrauchtwagenmarkt. Glaubt man den Experten der unzähligen Old- und Youngtimer-Magazine, hat diese Kursentwicklung nur eine Tendenz: stur nach oben.
    In Deutschland werden 1,1 bis 1,7 Millionen Fahrzeuge jährlich verschrottet – unter großen Belastungen für die Wirtschaft. In der EU fallen jährlich neun Millionen Tonnen Automüll an. Anders bei den Porsches: Von allen jemals produzierten Zuffenhausener Sportwagen sind über 70 Prozent noch existent, eine deutlich höhere Quote der Porsche 911 ist noch »am Leben«. Dies macht die Sportwagen zu ökologischen Vorzeigeobjekten. Eine Tatsache, auf die Porsche sehr stolz ist. Der wahre Porsche-Fahrer versteht sich als verantwortungsbewusster Konsument. Er ist kein Freund des Tempolimits, aber auch kein Hasardeur der Überholspur. Es genügt vollkommen zu wissen, was das Auto kann, es muss nicht ständig unter Beweis gestellt werden. Das überlässt er den gestressten Vertretern und leitenden Angestellten in ihren süddeutschen Kombis.
    Konsumenten entscheiden über die ökologische Verfassung der globalisierten Welt – vorausgesetzt, sie verfügen über das Mindestmaß an Wohlstand und Wissen, das dafür notwendig ist. Im Kapitalismus betreibt der Konsument mit seiner Nachfrage ständig und umfassend die Gestaltung der Welt. Das Credo liberaler LOHAS stammt vom Säulenheiligen des Neoliberalismus, Adam Smith, der postulierte, dass Zweck jeder Produktion der Verbrauch sei. Ein ökologisch bewusster Lebensstil war bisher geprägt von Schuldund

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