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911

911

Titel: 911 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulf Poschardt
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den nagelneuen Elfer ignoriert hatte. Der Heckantrieb war für den Rallyesport (vor dem Quattro-Zeitalter) ideal, weil die Kraft des Boxers durch das Gewicht des Motors hinten gut auf die Straße kam. 1968, 1969 und 1970 gewann jeweils ein seriennaher Elfer die Rallye Monte Carlo. 1978 gelang dies nochmal mit einem 911 Carrera.
    Porsche-Kunden nutzten ihre Fahrzeuge von Anfang an konsequent und mitunter waghalsig für den Motorsport. Der Clubsport ist bis heute ein wichtiges Betätigungsfeld für die Porsche AG und ein Ort, wo sich die Porsche-Familieund -Gemeinde trifft. Früher fuhren Porsche-Kunden ihren Sportwagen zur Rennstrecke, klebten ein paar Rennsticker auf, fuhren ein Rennen und mit einem Pokal auf der Straße wieder nach Hause. James Dean war so ein Amateursportler. Im 21. Jahrhundert ist dies im Rennsport fast ausgestorben. 2009 aber fuhr ein Rennteam seinen straßenzugelassenen Serien-GT3 RS auf der Autobahn zum 24-Stunden-Rennen auf dem Nürburgring, erkämpfte sich den 13. Platz im Gesamtklassement und cruiste anschließend den Wagen auf der Autobahn zurück. Außer einem Austausch der Bremsen vorne mussten die Mechaniker nur tanken, Reifen wechseln und die Scheiben saubermachen. Es demonstrierte, dass sogar ein Serienfahrzeug aus Zuffenhausen mit den schnellsten Rennsportwagen ihrer Zeit in einem harten Langstreckenrennen mithalten konnte.
    Im Sportwagen sind im besten Fall zwei Konzepte miteinander versöhnt: das des Rennwagens, mit dem man im Motorsport siegen kann, und das des Straßenfahrzeugs, mit dem man seinen Alltag beschleunigt. Mitunter neigt der Sportwagen mehr zur einen oder zur anderen Seite. Beim Elfer kann der Käufer vom kommoden Standard-Carrera bis zu den wirklich giftigen GT2 RS wählen, auf welche der Identitätssäulen er mehr Wert legt. Für die Ingenieure heißt dies, stets beides zu bedenken, etwas, das bei Porsche, wie die Geschichte der Firma hinlänglich bewiesen hat, von Anfang an trainiert wurde.
    So überrascht es kaum, dass der Porsche 911 bei Rennfahrern (Jo Siffert, Niki Lauda, Mark Webber) ein beliebtes Privatauto war und ist. Steve McQueen entspannt in »Le Mans« bei der zivilen Nutzung seines Elfers, bevor er als Pilot eines Rennsportwagens von Porsche mit Todesverachtung schnelle Rundenzeit erkämpft. In dem bewegendenknapp zweistündigen Dokumentarfilm »Senna« über den vielleicht größten Formel-1-Fahrer aller Zeiten bekommt der Elfer am Ende einen kleinen Cameo-Auftritt. Wie in Zeitlupe rollt Senna, der stets seine Formel-1-Boliden am Rande der physikalischen Gesetze bewegte, in einem silbernen G-Modell Carrera Cabrio auf eine Hauptstraße. Einem der waghalsigsten Rennfahrer der Formel -1-Geschichte dient der Elfer als Spa. Es war für den Millionärssohn wohl auch ein selbstverständliches Auto, das zu seinem strandnahen, Jetski fahrenden, frauenbetörenden Privatleben gut passte. Der Film endet mit diesen unscharfen Privataufnahmen in einem Elfer. Selten hat man Senna auf oder in einem Fahrzeug langsamer fahren sehen. Er schleicht und strahlt dabei. Der Porsche ist das Gehäuse seiner Leidenschaft, ohne allzu ausgeprägten Todestrieb.
    Aber vielleicht versteht der maßvoll beschleunigende Elfer-Fahrer sein Fahrzeug am besten. Jerry Seinfeld hat ein kühles Verhältnis zur Raserei. Obwohl er 2003 bei der Vorstellung des Carrera GT auf irgendeinem ehemaligen russischen Militärflughafen 200 »miles per hour,« also etwa 320 Kilometer pro Stunde, gefahren sein soll und auch auf deutschen Autobahnen schnell unterwegs war, definiert Seinfeld das Glück des Sportwagenfahrens nicht über Geschwindigkeit: »Zu den Top-Ten-Kicks, die mir ein Porsche bereitet, gehört die Spitzengeschwindigkeit gar nicht dazu. Wichtiger sind das Fahrverhalten und das Design. Mittlerweile kann fast jedes Auto schnell fahren. Entscheidend ist nicht, wie schnell es fährt, sondern wie es schnell fährt.«



Der 997er

Neoklassizismus

Mit dem 997er begann die neoklassizistische Phase des Elfertums. Der 997er, der wie einrekonturierter, gefacelifteter 996er aussah, beruhigte die Traditionalisten. Mehr noch, der 997er wirkte wie ein auf Waschbrettbauch heruntertrainierter996er, der wieder die Athletik und die muskulöse Sinnlichkeit des Ur-Elfers sichtbar werden ließ. Die Gemeinde war schnell versöhnt. Porsche hatteverstanden, dass die Weiterentwicklung des Elfers behutsamer geschehen müsse, um die Treue der Gusseisernen nicht zu vergiften. Schneller als jeder andere Elfer wurde der

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