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911

911

Titel: 911 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulf Poschardt
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997er zum potentiellen Klassiker hochgejubelt.
    Schon kurz nachdem die Produktion des 997ers gestoppt worden war, begann in der Fangemeinde eine lebhafte Diskussion über den Klassik-Appeal dieses Elfers. Doddie, Stammleser des PFF, eines führenden Internetforums für Porsche-Freunde, war sich sicher, der 997er sei auf dem Weg zu einem der beliebtesten Porsche-Klassiker. Der neue 991er sei ihm zu perfekt. Wer fahre hier eigentlich wen, fragte sich Doddie. Sein 997er von 2007 dagegen werde schon in ein paar Jahren – der Elfer-Fahrer denkt stets und immerdar historisch – der besten Baureihe der wassergekühlten 911-Modelle entstammen, als Porsche noch eigenständig war und noch nicht von VW geschluckt. Mit dem Einstieg von VW bei Porsche entwickelten die Fans eine Beteiligungshäresie zur Distinktion. Doddie zitiert in diesem bemerkenswerten Thread Mies van der Rohes Weisheit, dass weniger mehr sei, und fordert seine Leser auf, auf ihre 997er, insbesondere die erste Baureihe »profacelift«, aufzupassen: »Genießt die Vorzüge eures Autos auf dem Weg zu einem echten Klassiker der Porsche-Geschichte.« Und weil selbst leidenschaftlichste Elfer-Freunde bei aller Schwärmerei sachlich bleiben wollen, listet er 14 Argumente auf, warum gerade der 997er das Zeug zum Klassiker habe. Die Argumente reichen von den kleinen, formschönen und schmalen Außenspiegeln über den freundlich grinsenden Gesichtsausdruck ohne blendende Tagfahrlichtstreifen bis hin zu glatten Rundscheinwerfern, die verglichen mit den aufgeblähten Insektenaugen des 991ers so viel ansehnlicher proportioniert waren.
    Doddie bekam für seinen Beitrag viel Zustimmung und einwenig kulturpessimistische Melancholie von denen, welche die Produktionszahlen des 997ers kannten, die einem Klassikerstatus entgegenstehen. Ein 356er-Fahrer namens Helmut gönnt es den 997er-Fahrern zu glauben, dass ihr Wagen ein Klassiker sei, aber für ihn, den Puristen, endet mit dem 964er die Klassikerexistenz des Elfers, weil danach die Torpedorohre verschwinden. Wolfgang 31248 aus Münster wählt einen demokratischen Begriff des Klassikers und betont, dass der Klassiker im Auge des Käufers und Nutzers entstehe. »Schließlich sind WIR es, die den Bedarf entstehen lassen.« Im elferliste-Forum denken die User schon weiter. »Alle Heckmotor-Porsches werden Klassiker werden – spätestens wenn es keine mehr gibt.«
    Die Elfer-Freunde folgen damit einem Klassikerbegriff, wie ihn Rainald Goetz für die Literatur und die Popkultur eingeführt hat. »Im besten Fall ist der Klassiker logisch das, was auch Pop im besten Fall ist: nämlich ein Hit«, schreibt Goetz. »Hits sind so gut, dass sie einen nie langweilen, genau umgekehrt, je auswendiger man sie kennt, desto noch auswendiger mag man sie kennen lernen.« Und weiter: »Denn ein Merkmal, geradezu das Kardinalssymptom des Hits wie des Klassikers ist schließlich: dass er Mut macht, einem neue Kraft gibt, neue Stärke, neues Neu und neue Wut für die nächste Attacke.« Dass Goetz in dieser Passage seines Aufsatzes sogar über »das totale Vollgastempo« des Pop schreibt, wirkt allzu passend.

Elitär in Harvestehude:
die 911-Monokultur der Hansestadt
    Zu Beginn des 21. Jahrhunderts entstand in den wohlhabenden Vierteln Hamburgs eine Porsche-911-Monokultur, die in ihrer Rigidität auch im internationalen Vergleich einzigartig elegante Straßenlandschaften schuf. Vor den strahlend weiß renovierten Jugendstilstadthäusern mit grauen oder anthrazitfarbenen Fensterrahmen und Haustüren parken schwarze und anthrazitmetallic lackierte Carreras, selten älter als fünf Jahre. Als Erstwagen dominieren Range Rovers, Cayennes oder E-Klasse-Kombis. In der stets vermögenden Kaufmannsstadt wurde der Porsche 911 zum Kaschmirpullover unter den Sportwagen. Ähnlich humorfrei wie bei der Wahl von Buchsbaum- und Eibenhecken in den Vorgärten wurde der automobile Klassiker zum Lieblingsgefährt hanseatischer Familien rund um die Alster und in Blankenese. Es hält sich das Gerücht, dass auch diese Stilentscheidung von Jil Sander vorbereitet wurde, die ihren911 Carrera schon in den 80er Jahren als minimalistisches Statement gegen die damals noch spürbare Dominanz britischer Sportlimousinen verstand.
    Der Charme des Elfers war stets, dass er als Sportwagen weniger die Exzentrik eines Ferrari haben wollte, als vielmehr die gängige Definition eines Sportwagens lässig erfüllen wollte, ohne verhindern zu können, dass Sound und Form auch beim

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