AAA - Das Manifest der Macht
sich nicht nehmen lassen, John unter den neugierigen Blicken der halben Belegschaft von Worldwide News bis in ihr Büro zu geleiten. Dort hatte sie darauf bestanden, dass er sich erst einmal auf ihre rote Ledercouch legte.
„Geht’s wieder?“
John nickte und hielt Samantha das Glas zum Nachfüllen hin. Langsam legte sich der Schock. Sein Juristenverstand setzte wieder ein. Er begann klarer zu denken und konnte die Geschehnisse der vergangenen Stunde aus einem sachlichen Blickwinkel noch einmal Revue passieren lassen.
Ein Brandsatz.
In seinem Wagen.
Wie war er dort hineingekommen? Dumme Frage, schalt er sich. Es gab in New York genügend Menschen, die einem einen Porsche Cayenne trotz aller elektronischen Spielereien unter dem Hintern wegklauten. Eine Tür zu öffnen war für die ein Kinderspiel. Bessere Frage: Wer hatte das Ding in seinem Wagen deponiert? Oder deponieren lassen. Wer hatte ein Interesse daran, ihn tot zu sehen?
Er rief sich die Szene ins Gedächtnis zurück und ging in seiner Erinnerungnoch einmal auf denWagenzu. Etwas stimmte nicht.Wenn jemand ihn umbringen wollte, wieso war dann der Brandsatz bereits hochgegangen, als er noch einige Dutzend Meter entfernt war?
Er blickte Samantha an.
„Meinst du, man wollte mich umbringen?“, fragte er.
Sie überlegte eine Weile. „Ich glaube nicht“, sagte sie dann. „Es war sicher kein Zeitzünder, denn niemand konnte wissen, wie lange du bei mir bleiben würdest. Ich gehe davon aus, dass das Ding über Funk gezündet wurde, üblicherweise geht so was heute über ein Mobiltelefon. Derjenige hat dich beobachtet und wollte dir lediglich eine Botschaft übermitteln, eine Warnung.“
„Klingt irgendwie logisch. Das denke ich auch.“
„Hilft es dir weiter?“
„Nicht wirklich, ich wüsste nicht, wer mich umbringen will. Aber genauso wenig weiß ich, wer mir eine Warnung zukommen lassen will.“
„Irgendjemand aus deiner Firma?“
„Da gibt es sicher ein paar, die mir meinen Erfolg neiden, aber von denen ist sicherlich keiner fähig, einen Brandsatz zu legen.“
„Ein Mandant, der mit deiner Arbeit unzufrieden ist?“
John schüttelte den Kopf.„Nein, ganz bestimmt nicht.“
„Hast du jemandem in die Suppe gespuckt? Ich meine, jemand Mächtigem?“
„Nein, auch nicht, aber vielleicht hast du ja jemandem in die Suppe gespuckt?“
„Wie meinst du das?“
„Na ja, ich könnte mir denken, dass du mit deiner Enthüllung von gestern Abend einigen Wirbel verursacht hast. Vielleicht passt das gewissen Leuten nicht.“
„Schön, aber dann hätte mein Auto gebrannt und nicht deins.“
„Stimmt!“ John setzte sich aufrecht hin. „Aber wer oder was steckt hinter der Sache?“
„Das werden wir wohl nicht so schnell herausbekommen. Was willst du jetzt machen?“
„Das weiß ich noch nicht. Ich kann nicht einmal sagen, ob ich in der Firma überhaupt noch willkommen bin. Denn stell´ dir einen Mandanten vor, den ich beim Verkauf seines Unternehmens berate. Der denkt doch die ganze Zeit nur an Karl Marx. Ich werde bestimmt nirgendwo mehr ernst genommen. Sprich: Ende der Karriere. Und das habe ich ganz allein dir zu verdanken.“
„Möglich, aber …“
Samantha wurde durch das Klingeln von Johns Mobiltelefon unterbrochen.
„Ja, bitte?“, meldete sich John, dann warf er Samantha einen bedeutungsvollen Blick zu. „Guten Tag, Mr. van den Bergh.“ Er hörte einen Moment zu. „Gut, Mr. van den Bergh. – Ja, genau in einer Stunde. – Ich werde dort sein.“
John unterbrach die Verbindung und sah Samantha an.
„Der oberste Boss will mich sprechen, aber nicht im Büro.“
„Wo denn?“
„Das darf ich nicht sagen.“
„Stell’ dich nicht so an.“
„Nein, Miss neugierige Reporterin, so vertraut sind wir dann doch noch nicht.“
KAPITEL 23
Eine Stunde später stand John vor einem Lagerhaus an der Süd-spitze Manhattans. Er hatte sich ein Yellow Cab genommen und war einige hundert Meter vor dem Ziel ausgestiegen, um ganz sicher zu gehen, dass ihm niemand folgte.
Hier gab es keine hohen Häuser, keine lauten Autos und keine Menschen, die sich wie ein Schwarm Fische den Gehweg entlangschoben. Hier war es ruhig und einsam. Um ihn herum waren nur alte, niedrige Lagerhäuser und Firmengebäude, die schon lange geschlossen waren. Der ölige Geruch des Hudsonriver lag in der Luft.
John schaute sich nach allen Seiten um, aber es war niemand zu sehen. Ein ungewöhnlicher Ort für ein Meeting mit seinem Boss, aber nach den
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