AAA - Das Manifest der Macht
Erlebnissen der letzten Stunden wunderte ihn nichts mehr. Ein Blick auf die Uhr zeigte ihm, dass die vereinbarte Zeit bereits um sieben Minuten überschritten war. Das passte nicht zu dem obersten Chef von First Internationals , der für seine gnadenlose Pünktlichkeit bei den Mitarbeitern berüchtigt war.
Wieder blickte er nach allen Seiten und überlegte gerade, ob er auch am richtigen Treffpunkt war, als er hinter sich ein metallisches Geräusch hörte. Er fuhr herum.
Eine Stahltür in der Wand des Lagerhauses, die ihm vorher gar nicht aufgefallen war, öffnete sich. Der Kopf von Frank van den Bergh schob sich durch den Spalt. Nachdem sich Johns Chef vorsichtig vergewissert hatte, dass niemand außer John in der Nähe war, winkte er ihn mit der Hand herbei.
„Psst, John, hierher.“
Er winkte wieder mit der Hand. John ging auf die Stahltür zu und betrat die Lagerhalle. Sein Chef warf nochmals einen prüfenden Blick nach draußen und schloss die Tür. John schaute sich in der fast endlos erscheinenden Halle um. Licht fiel nur durch einige völlig verschmutzte Oberlichter ins Innere. Bis auf einige Paletten vollgefüllt mit Kartons schien das Gebäude völlig leer zu sein. Gleich in unmittelbarer Nähe stand ein schlichter beigefarbener Honda Accord älteren Baujahrs, und John überlegte, ob sein Chef wohl mit diesem Wagen gekommen war. Dies war wirklich ein sonderbarer Platz für ein Treffen.
Frank van den Bergh hatte Johns Blick bemerkt.
„Ein unauffälliges Fahrzeug, wie man es bei Gelegenheiten wie dieser braucht“, meinte er erklärend.„Man muss schließlich nicht überall gesehen werden.“
John versuchte ein Lächeln, wusste aber nicht recht, was er von der Situation halten sollte. Was bezweckte sein Chef mit diesem Geheimtreffen?
Frank van den Bergh räusperte sich. „John, ich habe zwar nicht viel Zeit, doch ich muss dir einiges erklären.“
John antwortete nichts und blickte seinen Chef nur erwartungsvoll an.
„Zunächst einmal zu …“, Frank van den Bergh warf einen Blick durch die Lagerhalle, „… unserem Treffpunkt. Ich weiß, eine solche Umgebung entspricht nicht den üblichen Gepflogenheiten unserer Firma, aber gewisse Umstände zwingen mich zu besonderen Maßnahmen.“
Er machte eine Pause.
„John, in unserer Firma gehen Dinge vor, über die ich noch nicht sprechen möchte, besser gesagt nicht kann, weil ich die möglichen Auswirkungen dieser Vorgänge in ihrer ganzen Tragweite selbst noch nicht erfasst habe.“
Wieder legte Frank van den Bergh eine Pause ein, und schaute sich um, als suche er nach den richtigen Worten.
„Ich habe in den vergangenen Monaten festgestellt“, fuhr er fort,„dass einige unserer Mitarbeiter nicht mehr rückhaltlos hinter den Zielen unserer Firma stehen. Mit anderen Worten: Ich weiß derzeit nicht genau, wer Freund und wer Feind ist. Doch ich habe vor, das bald herauszufinden.“
John wollte etwas sagen, aber Frank van den Bergh hob beschwichtigend die Hand.
„Ich ahne, was du sagen willst, John, aber allein die Tatsache, dass ich mich hier an diesem Ort mit dir treffe und dir von diesen Dingen berichte, sollte dir zeigen, dass ich keinen Anlass habe, an dir zu zweifeln. Du erinnerst dich vielleicht: Ich habe dir gestern Abend eröffnet, dass ich Großes mit dir vorhabe, und daran hat sich durch die Geschichte mit deinem angeblichen Ur-Urgroßvater nichts geändert.“
„Mr. van den Bergh“, warf John ein, „bitte, Sie glauben diesen hanebüchenen Unsinn doch wohl nicht!“
„Was ich glaube, darauf kommt es nicht an, John, wichtig ist, was du glaubst. Aber lassen wir das. Eine wichtige Frage habe ich an dich: Was hast du jetzt eigentlich vor?“
Die Frage kam für John nicht ganz unerwartet.
„Ich habe darüber schon nachgedacht, Mr. van den Bergh, und ich bin fest entschlossen, bei First Internationals zu kündigen, allein schon, um die Firma aus den Schlagzeilen zu bringen.“
„Und dann? Willst du von New York weggehen und woanders neu anfangen?“
„Nein, zunächst einmal nicht. Ich glaube, ich möchte erst einmal feststellen, wer ich bin, wer meine leiblichen Eltern wirklich waren und wo meine Wurzeln sind. Ich habe gestern Abend ein großes Stück meiner Identität verloren und werde einige Zeit brauchen, um es wiederzufinden.“
Frank van den Bergh sah ihn eine Weile schweigend an.
„Gut, John, das kommt meinen Plänen sehr entgegen, außer, dass ich eine Kündigung deinerseits niemals akzeptieren werde. Ich schlage
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