AAA - Das Manifest der Macht
Seufzer aus.
Kurz darauf öffnete sich die Tür des Wohnhauses, und eine Frau mittleren Alters, die in einen bunten Kittel gekleidet war, trat ins Freie.
„Anka, zurück! In die Hütte!“ Die Hündin machte tatsächlich kehrt und verzog sich in ihre Behausung.„Sie müssen entschuldigen, sie passt bloß auf mich auf.“ Sie sah Samantha freundlich an. „Kann ich Ihnen helfen?“
„Ja“, erwiderte Samantha ebenso freundlich,„bestimmt können Sie das. Wir sind heute Morgen am Flughafen in Köln angekommen und wollten den alten Herrn, der dort oben im Wald wohnt, mit unserem Besuch überraschen. Er hat uns gar nicht gesagt, dass er nicht mehr dort wohnt. Wo lebt er denn jetzt?"
Bei dieser Frage setzte die Frau ein betrübtes Gesicht auf.
„Oh!“, machte sie und hielt sich die Hand vor den Mund, „hat man Sie denn nicht benachrichtigt? Der alte Herr Schmitt ist vor drei Wochen plötzlich verstorben. Das tut mir leid, dass Sie jetzt extra hierhergekommen sind!“
„Was? Herr Schmitt ist tot?“ Samantha tat überrascht. „Ach du lieber Gott, das hat uns niemand gesagt. Voriges Jahr ging es ihm doch noch so gut.“
„Nun, ja.“ Der Frau war die Situation sichtlich unangenehm. „Es hat ja keiner so richtig gewusst, was er machte und mit wem er Umgang hatte. Wir wussten ja auch nicht, wen wir benachrichtigen sollten.“
„Wo ist er denn beigesetzt worden?“
„Auf dem Friedhof im nächsten Dorf.“
„Und was ist mit seinen Sachen passiert?“
„Na, ja, ich habe ihm immer ein wenig geholfen, und er hat gesagt, dass ich mir alles nehmen soll, wenn er tot ist. Das habe ich gemacht. Viel war das sowieso nicht, meist alter Kram. Seine gesamte Kleidung habe ich schon weggegeben.“
„Oh!“ Samantha machte eine kurze Pause, als ob sie nach den richtigen Worten suche. „Sehen Sie“, begann sie zögernd, „es ist mir ein bisschen peinlich. Aber waren da vielleicht auch Bücher und alte Briefe bei seinen Sachen?“
„Ja, aber das habe ich mir noch gar nicht genau angeschaut. Wieso fragen Sie?“
„Nun, ja, es ist so: Meine Großmutter hat mit Herrn Schmitt einen regen Briefwechsel geführt. Jetzt, wo er verstorben ist, wäre es doch schön, wenn sie ihre Briefe, die sie ihm geschrieben hat, wiederbekäme. Für meine Großmutter wäre das sehr wichtig. Sie freut sich bestimmt, wenn ich ihr die Briefe mitbringe.“
„Na ja, wenn das so ist. Dann schauen Sie mal dort im Schuppen nach und nehmen Sie sich, was Sie brauchen. Auf die Bücher und so was lege ich sowieso keinen Wert.“
Samantha machte innerlich Freudensprünge, aber sie ließ sich nichts anmerken. Sie folgte der Frau zu einem kleinen, windschiefen Gebäude, das sich seitlich an das Wohnhaus anzulehnen schien. Die Frau öffnete die Tür und zeigte in eine Ecke.
„Dort drüben liegen die Unterlagen aus seinem Schreibtisch und seine Bücher. Viel Licht ist leider nicht hier drinnen“, meinte sie entschuldigend,„aber es könnte reichen.“
„Ja, danke, überhaupt kein Problem.“ Samantha strahlte die Frau dankbar an.
Viele Bücher hatte Herr Schmitt tatsächlich nicht besessen, stellte sie beim Umschichten des kleinen Stapels an der hinteren Wand des Schuppens fest. Ein paar Romane, zwölf völlig vergilbte Lexikonbände von A bis Z, eine abgegriffene Bibel, ein Schulatlas von 1923 und schließlich, sie spürte ihr Herz plötzlich bis zum Hals schlagen, eine Mappe aus dickem, hellbraunem Schweinsleder, die beim Aufklappen einen ganzen Stapel von erstaunlich gut erhaltenen Briefen freigab, auf denen Samantha im Halbdunkel des Schuppens in penibler Handschrift gesetzte Zeilen erkannte. Sie blätterte ein wenig hin und her, um sich wieder zu beruhigen, aber je mehr sie sah, desto aufgeregter wurde sie. Der Verfasser der Zeilen musste den Daten nach in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts gelebt haben.
„Das hier ist es“, sagte sie, wobei ihre Stimme leicht zitterte. „Meine Großmutter wird sich ja so freuen!“
„Dann nehmen Sie es bitte mit!“ Offensichtlich interpretierte die Frau das Zittern in Samanthas Stimme als Rührung über das vermeintliche Wiederfinden der Briefe ihrer Oma.
„Kann ich Ihnen denn nicht dafür etwas geben?“
„Ach, nein, es ist schön, wenn ich Ihrer Großmutter eine Freude machen kann. Nehmen Sie es nur mit, ich brauche es ja nicht.“ Die Frau war sichtlich hocherfreut.
„Dann sage ich danke im Namen meiner ganzen Familie. Aber jetzt möchte ich Sie nicht weiter aufhalten, wir haben
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