AAA - Das Manifest der Macht
erkennen.“ Er machte eine Pause. „Ich hole dann mal meinen Koffer“, fügte er hinzu und verließ das Zimmer.
Eine Sekunde später steckte er wieder den Kopf durch die Türöffnung. „Falls es euch bei euren Ermittlungen hilft, dieses verdammte Türschloss mache ich in drei Sekunden mit einem gebogenen Nagel auf.“
Dann verschwand er den Flur hinunter zu seinem Zimmer.
John vermied es, Samantha direkt anzusehen.
„Ist er jetzt sauer?“, fragte er.
Samantha schüttelte den Kopf. „Es gibt für ihn keinen Grund, sauer zu sein, John.“
„Es liegt mir fern, dir irgendwelche Probleme zu bereiten – zusätzlich zu denen, die du ohnehin schon hast.“
Samantha schüttelte wieder den Kopf. „Nein, John, du machst mir keine Probleme. Im Gegenteil – ein bisschen gehalten zu werden tat richtig gut.“ Sie zögerte kurz. „Und wenn ich es nicht gewollt hätte, dann hätte ich es nicht zugelassen.“
„Gut!“ John stieß erleichtert die Luft aus. „Was willst du jetzt machen?“
Samantha schien sich wieder gefangen zu haben.
„Na, was wohl?“, grinste sie. „Natürlich nach Paris fliegen!“
Um nicht von der Straße aus gesehen zu werden, hatte Dominique den schwarzen Golf etwas weiter in den Wald hinein gefahren und beobachtete die Frühstückspension durch einen kleinen Feldstecher. Sie warf einen zufriedenen Blick auf die hellbraune Ledermappe, die neben ihr auf dem Beifahrersitz lag. Es war einfacher gewesen, als sie gedacht hatte, die Mappe aus Samanthas Zimmer zu holen.
Leichter, als einem Baby den Schnuller wegzunehmen, dachte sie und grinste über diesen gelungenen Vergleich.
Bei einem ersten Durchblättern hatte sie handschriftliche Briefe aus dem 19. Jahrhundert erkannt, und an einer Stelle war ihr das Wort „Schatz“ entgegengesprungen. Für eine weitere Lektüre war jetzt keine Zeit, denn die drei konnten jeden Moment aus dem Hotel kommen und abfahren. Sie schaute wieder durch den Feldstecher und stellte die Schärfe ein wenig nach. Da waren sie auch schon und packten ihre Koffer und Reisetaschen ins Auto.
Amüsiert sah Dominique zu, wie alle drei sich ständig suchend umschauten, als ob sie erwarteten, dass ihnen derjenige, der die Mappe mitgenommen hatte, von irgendwoher eine lange Nase drehte. Dominique schnaubte verächtlich. Alles nur Stümper und Anfänger, dachte sie, während sie den Motor startete. Mit ihr würde es so schnell niemand aufnehmen können.
KAPITEL 30
Samantha hatte wieder wie selbstverständlich das Steuer übernommen, John saß neben ihr und blickte etwas angestrengt geradeaus. Bis auf die üblichen Fahrgeräusche, Bens gleichmäßiges Schnarchen auf der Rückbank und die gelegentlichen Anweisungen der synthetischen Stimme des Navigationssystems herrschte Stille.
„Weißt du eigentlich noch ein paar von den Dingen, die in den Briefen standen?“, brach John schließlich das Schweigen, aber seine Frage klang für Samanthas Ohren nicht nach echtem Interesse, sondern wie der etwas holprige Versuch, ein Gespräch in Gang zu bringen. Deshalb ließ sie sich mit der Antwort einige Minuten Zeit und konzentrierte sich demonstrativ auf die Straße.
„Ja, sicher“, sagte sie, „vieles; aber nichts, was uns hätte weiterbringen können. Dieser angebliche Schatz wurde immer wieder erwähnt, doch ohne konkrete Hinweise, worin er besteht und wo man ihn findet. Nachdem die Briefe weg sind, ist die Spur sowieso zu Ende.“
„Ja!“ John seufzte.„Schade.“
Danach schwiegen beide wieder. Ab und zu warf Samantha einen Blick in den Rückspiegel, in der Hoffnung, einen möglichen Verfolger zu entdecken, aber die Straße hinter ihnen war leer. Einmal hatte sie weit entfernt einen schwarzen VW Golf gesehen, doch wenig später war das Fahrzeug wieder aus ihrem Blickfeld verschwunden.
John startete einen zweiten Konversationsversuch, als das Navigationsgerät noch eine Fahrtzeit von fünfzehn Minuten bis zum Flughafen Köln-Bonn anzeigte.
„Etwas ist anders, nicht wahr?“, flüsterte er, ohne Samantha anzusehen.
„Ja“, antwortete Samantha ebenfalls im Flüsterton, nachdem sie sich durch einen Blick in den Rückspiegel vergewissert hatte, dass Ben noch schlief,„es ist wirklich anders.“
Es dauerte eine Weile, bis John leise fragte: „Möchtest du es ungeschehen machen?“
Ein leises Lächeln umspielte Samanthas Mundwinkel.
„Nein, warum sollte ich?“
Bis zur Ankunft am Gebäude der Mietwagenfirma sagte keiner der beiden ein Wort, aber es war kein
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