Aaron: Blutengel Band 2 (German Edition)
flehende Augen vor sich und dachte an Juan. Er konnte nicht tatenlos zusehen, wie die Flammen den Mann verschlangen. Er zog den Bewusstlosen hoch und schulterte ihn.
Als er sich umdrehte, nahm er eine Bewegung wahr. Seraphiel beobachtete ihn. Mit dem Schwert in der Hand und der Last auf der Schulter wandte er sich zum Fenster, um ins Freie zu spurten. Im selben Augenblick griff Seraphiel an.
Aus Mund und Händen des Feuerengels schossen Flammen, die Aaron mit seinem Schwert parierte. Doch durch den Mann über seiner Schulter war er in der Bewegung stark eingeschränkt und konnte seinen Widersacher nur mit einem Arm abwehren.
Verfluchter Mist! Alles schien sich gegen ihn verschworen zu haben. Er spürte, wie das Leben mit jedem Atemzug aus dem Körper des Mannes wich. Wenn er ihn retten wollte, musste er mit ihm hier raus.
Hohe Flammen loderten jetzt auch die Treppe empor und schnitten ihm den Rückweg ab. Auf der anderen Seite versperrte ihm der verhasste Engel den Weg. Wut und Enttäuschung ballten sich in Aaron zusammen. Nun stand er vor dem Mörder seiner Mutter und konnte nicht gegen ihn kämpfen, weil er wieder ein Leben retten musste.
«Du hast keine Chance, Blutengel. Er gehört mir», flüsterte Seraphiel und lächelte triumphierend, bevor eine weitere Feuerattacke aus seinem Schlund folgte.
«Das werden wir ja sehen!», rief Aaron, wirbelte herum und sprang mit dem Ohnmächtigen durch die Flammen vors Fenster.
Seraphiel folgte ihm. Wie ein lebendiger Flammenwerfer attackierte er Aaron, dem es jedes Mal gelang auszuweichen.
«Wir sehen uns wieder, Seraphiel», stieß er hervor und trat das Fenster auf.
Hastig steckte Aaron das Schwert zurück in die Scheide und zog den Verletzten an seine Brust, bevor er durchs Fenster nach draußen in die Tiefe sprang. Er schaffte es, die Wucht des Aufpralls abzufedern. Der Mann in seinen Armen lebte noch.
Er sah über die Schulter zum Fenster hinauf und erkannte das Gesicht des Feuerengels in den Flammen. Sein Lachen dröhnte in seinem Kopf. Seraphiel drehte sich im Kreis, bis er nur noch ein wirbelnder Feuerkegel war. Flammen schlugen aus dem Dachstuhl. Wie eine brennende Rakete schoss Seraphiel hinaus in den Nachthimmel, begleitet von einem Funkenregen.
Die Leute auf der Straße sahen nach oben und schrien auf, als er wie ein glühender Drachen mit ausgebreiteten Flammenflügeln für Sekunden über den Dächern schwebte und schließlich erlosch. Wieder hatte Aaron eine Chance vertan.
Verdammt! Verdammt! Verdammt!
Wut und Enttäuschung drohten ihn zu ersticken. Sanitäter nahmen ihm den Verletzten ab. Immer mehr Gaffer hatten sich eingefunden und umringten den Ohnmächtigen. Wilma, die im Krankenwagen auf der Trage saß, schluchzte auf, als sie in dem Bewusstlosen ihren Partner erkannte. Sie stieß den Arzt mit dem Ellenbogen beiseite und humpelte aus dem Wagen. Tränen rannen über ihre Wangen, aber ihre Augen leuchteten voller Dankbarkeit.
«Das FBI wird gleich hier sein. Wir sollten besser verschwinden», raunte Joel ihm ins Ohr.
Aaron nickte. Sie überquerten die Straße und eilten zu Joels Pick-up zurück, bevor die Leute ihnen Beachtung schenken konnten. Dass er Seraphiel ungestraft ziehen lassen musste, ließ ihn vor Zorn fast platzen. Er kletterte an einer Hausfassade hoch, um den Weg zum Wagen über die Dächer zurückzulegen. Joel folgte ihm.
Aaron rannte und sprang über die Häuser, bis er glaubte, seine Muskeln würden reißen. Endlich sah er den Pick-up unter sich auftauchen und glitt hinunter. Joel schwieg, aber er betrachtete Aaron mit sorgenvoller Miene, als er den Wagen aufschloss. Aaron schlug mit der flachen Hand auf die Motorhaube.
«Fuck! Ich hätte ihn heute besiegt!»
Knurrend presste er die Kiefer zusammen.
«Ich weiß. Aber du hast dem Mann das Leben gerettet.»
Joels Worte trösteten ihn nicht. «In den Augen meines Vaters habe ich wieder versagt, weil mir ein Menschenleben wichtiger war als das Wohl aller. Weil ich ein Mensch bin mit Schwächen», brach es aus ihm heraus. «Ich hätte …»
Aaron schnaubte wütend.
«Du hast dich richtig entschieden. Ich hätte genauso gehandelt. Du wirst darüber hinwegkommen. Es wird eine neue Chance geben.»
Joel klopfte ihm auf die Schulter.
Hoffentlich! Jophiel hätte sich sicher anders entschieden , dachte Aaron grimmig. Zu viel Menschliches steckte in ihm, zu viel Mitleid, zu viel irdische Emotionen. Doch er konnte sie nicht einfach aus sich herausreißen. Sie gehörten zu ihm wie
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