Aaron: Blutengel Band 2 (German Edition)
sparen.»
Rebecca erinnerte sich an Ruths Worte, dass sie der Feuernephilim sei und nicht Joshua. Ihre Mutter hatte ihm vorgeworfen, nicht halb so viel Mut und Kraft zu besitzen wie sie. Doch widerwillig musste sie zugeben, dass er seine Kräfte gezielter benutzte.
«In uns fließt das gleiche Blut», versuchte sie an sein Gewissen zu appellieren.
Er lachte laut. «Das zählt hier nicht, sondern einzig der Seelenbund.»
Rebecca ahnte sofort, was er meinte. «Du hast dich auf einen Pakt mit Luzifer eingelassen?»
Joshuas Miene verfinsterte sich. «Der einzige Weg, der uns zur Erleuchtung führt», ereiferte er sich. «Bekehre dich zu ihm und ich werde dich verschonen. Wir könnten mit unseren Kräften so viel erreichen. Die Apokalypse ist nah, und wir … kämpfen an der Seite des Siegers!»
Ihr Bruder wirkte wie berauscht. In seinen Augen lag nun ein infernalischer Glanz.
«Ich würde niemals auf eurer Seite kämpfen!», schleuderte sie ihm entgegen.
Joshua versteifte sich und kniff die Lippen zusammen. «Dann ist dein Ende besiegelt», presste er hervor.
Er breitete die Arme aus und schon spürte Rebecca, wie sich sein Körper erhitzte. Sie duckte sich und sprang vor, tauchte unter seinem Arm durch und knallte der Länge nach auf den Boden. Ehe sie sich aufrappeln konnte, spürte sie einen stechenden Schmerz im Rücken. Sie stöhnte, aber dann biss sie die Zähne zusammen und rollte sich auf den Rücken. Joshua stand mit triumphierendem Lächeln über ihr, die Arme nach vorn gestreckt, aus denen noch immer Flammen züngelten.
Wenn sie nicht sterben wollte, musste sie handeln. Sie sammelte die Energie in ihren Fingerkuppen und versuchte, sich einen Laserstrahl vorzustellen. Eine simples Bild, das ihr tatsächlich half, das Feuer ihrer Hände zu formen.
Joshua holte mit dem Arm aus. Rebecca reagierte sofort und die Flamme ihrer Hand wurde zu einem goldroten Strahl, der seine Kleidung durchdrang und tief in seinen Brustkorb fuhr. Er erstarrte, seine Augen weiteten sich, bevor er voller Entsetzen an sich herab auf die Flamme sah, die in seiner Brust glomm. Was hatte sie nur getan?
Seraphimfeuer, hörte sie Ruths Stimme in ihrem Kopf.
Joshua verbrannte vor ihren Augen wie der Junge im New Yorker Krankenhaus. Entsetzt betrachtete sie ihre zitternden Hände, die eben den Bruder getötet hatten. Dass es so weit kommen musste, hatte sie nicht gewollt.
Sie wusste, dass sie für Joshua nichts mehr tun konnte, und kniete sich weinend neben ihn und Ruth. Die Brauen ihrer Mutter waren versengt, ebenso die dichten Wimpern, um die Rebecca sie beneidet hatte. Ruth wollte sich aufrichten, sank aber sofort stöhnend wieder zurück. Als Rebecca ihr aufhelfen wollte, hob sie abwehrend die Hand. Es war nur eine schwache Geste, die Rebecca dennoch verstand.
Zu spät , erklang Ruths Stimme erneut in ihrem Kopf. Alles zu spät.
Ihr Blick glitt zu Joshua hinüber, dessen Körper zu Asche zerfiel. «Das habe ich nicht gewollt!», rief Rebecca voller Verzweiflung aus.
Die verdorbene … Frucht meines … Leibes. Der dunkle Zwilling musste … getötet werden. So steht … es …
Aus Ruths verzerrter Miene sprach so viel Hass, dass Rebecca erschauderte. Joshua und sie hatten der Mutter nur als Rachewerkzeug gedient.
«Wohin hat der Hass geführt, Mutter? Dass wir uns gegenseitig umbringen?», rief Rebecca unter Tränen.
Doch sie erhielt keine Antwort mehr. Ruths Herz schlug nicht mehr. Einen Moment lang blieb Rebecca nachdenklich neben ihr sitzen, bis die Angst um Aaron sie nach San Francisco zurückforderte.
Wie in Trance fuhr Rebecca nach San Francisco. Sie konnte nicht mehr weinen, sie fühlte sich wie betäubt. Aaron war tot. Ihr Feind vernichtet. Jeder hätte Erleichterung gespürt. Sie nicht. Deutlich erinnerte sie sich an die Entschlossenheit in Aarons Blick.
Ausgerechnet in diesem Augenblick war ihr bewusst geworden, dass sie ihn liebte. Dass auch sie ihm nicht gleichgültig war, bewies die Tatsache, dass er ihr Leben verschont hatte. Vielleicht wäre es besser gewesen, er hätte sie getötet, damit der Schmerz in ihrem Innern endlich endete.
Seit sie wusste, dass sie ein Nephilim war, gab es nur noch Leid, Verzweiflung und Tod. Die dunkle Welt hatte sie in dem Moment verschlungen, als sie ihren Bruder getötet hatte. Auch wenn es aus Notwehr geschehen war, sie fühlte sich schuldig. Die Hölle konnte nicht schlimmer sein als ihr Leben.
Rebecca schrak zusammen. Ihr Handy klingelte. Sie schaltete die
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