Aaron: Blutengel Band 2 (German Edition)
Apparaturen für sie ein gewohnter Anblick, aber diese geliebten Menschen so zu sehen, ließ sie verzweifeln. Rebecca konnte die Tränen nicht zurückhalten. Innere Blutungen und ein Lungenriss bei ihrer Mutter und bei ihrem Vater ein Schädelbruch. Niederschmetternde Diagnosen.
Es gab viele Vermutungen darüber, dass Menschen, die innerlich eng miteinander verbunden waren, spürten, wenn dem anderen etwas zustieß.
Dennoch kannte sie kein Beispiel, bei dem jemand beschrieben hätte, den Tod des anderen empfunden oder erlebt zu haben. Und das hatte sie definitiv. Ihre Fähigkeiten entsetzten sie. Floss durch ihre Adern wirklich Engelsblut?
Ein erschreckender Gedanke, der sie nicht mehr losließ. Nephilim! Es würde ihre Gabe erklären. Doch weshalb hatte Aaron das nicht gespürt? Warum hatten ihre Eltern ihr nichts davon erzählt? Ihr Verstand sträubte sich, das zu glauben, obwohl sie tief in ihrem Innern spürte, dass es der Wahrheit entsprach.
Rebecca trat ans Bett ihrer Mutter und fasste ihre eiskalte Hand. Eine Kanüle, die durch einen Schlauch mit dem Infusionsbeutel verbunden war, ragte aus dem Handrücken.
«Mom, Dad», flüsterte Rebecca, «bitte verlasst mich nicht.»
Ihr Herz wurde schwer. Rebecca schloss die Augen und spürte die Nähe des Todes. Tränen quollen unter ihren Lidern hervor. Sie lief zu ihrem Vater und nahm auch seine Hand. Sie wollte ihren Eltern das Gefühl geben, dass sie bei ihnen war.
«Becky?»
Rebecca sah auf, als sie Francescas Stimme hörte. «Fran!»
Sie breitete die Arme aus und zog die Freundin an sich. Francescas Nähe tröstete sie mehr, als Martin es vermocht hatte.
«Es tut mir so leid», flüsterte Fran. «Du darfst die Hoffnung nicht aufgeben. Deine Kollegen hier sind wirklich gut und tun ihr Möglichstes.»
Rebecca nickte, obwohl sie fühlte, dass das Schicksal längst anders entschieden hatte.
«Du bist so blass. Magst du vielleicht einen Kaffee?»
Rebeccas Zunge klebte am Gaumen. Vielleicht würde der Kaffee sie wachhalten. Sicher lag eine lange Nacht vor ihr. «Okay, aber ich möchte schnell wieder zurück sein, Fran.»
«Ja, ja, natürlich.»
Francesca führte Rebecca ins Schwesternzimmer, das nur zwei Türen weiter lag. Der heiße, starke Kaffee beendete schließlich ihr Frösteln. Durch eine Scheibe konnte sie hinaus in den Korridor blicken.
Rebecca war Fran für ihr Schweigen dankbar. Angespannt saß sie auf dem Stuhl, umklammerte die Tasse und starrte in den Flur hinaus. Noch vor wenigen Tagen war ihre Welt völlig normal gewesen, ihre Eltern gesund und munter. Nichts hatte auf die Existenz dunkler Wesen hingedeutet. Wie schnell war diese sichere Welt eingestürzt.
«Wenn du reden magst, bin ich für dich da. Manchmal tut es gut, über die Ängste zu sprechen.»
Francesca drückte Rebeccas Hand.
«Danke, vielleicht später.»
Sie brauchte Zeit, um sich zu sammeln und über das nachzudenken, was geschehen war. Nephilim! Das Wort ging ihr nicht aus dem Kopf. Wenn sie wirklich einer wäre, müsste auch durch die Adern eines Elternteils Engelsblut fließen. Nephilim lösten sich im Tod in Staub auf. Einem von beiden würde das widerfahren. Und ihr selbst und Aaron. Sie schloss die Augen und fühlte seine Nähe.
Aaron, ich wünschte, du wärest bei mir . Wie schnell konnte alles vorbei sein. Das Leben war viel zu kurz und jeder Tag kostbar, um die Chancen nicht zu nutzen. Sie würde Rosie anrufen und sich nach beiden erkundigen , beschloss sie.
Als ein eisiger Hauch ihr Gesicht streifte, öffnete sie die Augen. Etwas presste ihr Herz zusammen. Ein schwarzer Schatten huschte am Fenster des Schwesternzimmers vorbei. Rebecca setzte die Tasse so heftig ab, dass der Kaffee überschwappte und sich über den Tisch ergoss. Sie sprang vom Stuhl auf und rannte aus dem Zimmer.
«Becky, was ist denn los?», rief Fran ihr hinterher.
Bitte nicht , flehte Rebecca im Geist, als sie durch den Korridor rannte. Alle Vorschriften missachtend riss sie in dunkler Vorahnung die Tür zum Krankenzimmer auf. Ein durchdringender Piepton alarmierte jetzt auch die Schwestern. Zu spät. Rebecca blickte auf die starren Augen ihrer Eltern. Sie waren gestorben, während sie Kaffee getrunken hatte.
Eine dunkelhaarige Ärztin trat neben ihre Mutter, wandte sich zu Rebecca um und schüttelte mit ernster Miene den Kopf. Rebecca konnte nicht weinen, der Tod, alles wirkte so irreal. Sie fühlte sich wie betäubt. Rebecca schwankte und Fran fing sie auf.
«Komm, Becky.»
Die
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