Aasgeier
hinterm Hotel spazieren. Bis zur Straße hoch und wieder hierher zurück.“ Dann schrieb er, nickte und verschwand.
„Was gibt´s?“, wollte Marisol wissen.
„Nichts. Warum?“
„Weil du auf einmal bleich wie die Wand wurdest. Deshalb.“ Sie schaute mich etwas mokiert an, aber ich schüttelte nur den Kopf und trank ihr mit dem Eiswasser zu. Na denn, Prost.
Sie wollte unbedingt mit, aber ich blieb stur.
„Ich muss allein weg – frage nicht warum, glaube mir nur.“ Was sie wohl oder übel auch musste. Hatte ja keine andere Wahl.
Ich zog meinen Pullover übers Hemd und nahm eine feste Jacke mit. Ein frischer Wind wehte, und ich wusste nicht, wie lange ich draußen sein würde.
Keine hundert Meter war ich gegangen, als neben mir jemand zischte. Leise, aber eindringlich.
Seit er damals ins Kloster von San Miguel kam, um Ignacio und mir nach dem Tod des Drogenbullen in Ignacios Klause aus der Patsche zu helfen, hatte ich Macmillan nicht mehr gesehen. Weiß Gott, was er von mir wollte.
Er nahm mich am Arm und zog mich in den Wald hinein, an zwei oder drei Herren vorbei, denen man den Bullenberuf auch noch im Halbdunkel ansah. Wir sprachen keinen Ton, bis er mich in einen Lieferwagen bugsierte, der seiner Aufschrift nach einem Lebensmittelgroßhändler fehlte.
Zwei Herren saßen im vollgestellten Laderaum, trugen Kopfhörer und starrten auf eine Bank elektronischer Instrumente. Einer von ihnen drehte sich zu uns um und nickte Macmillan zu. Der nickte zurück und deutete auf eine Sitzbank, die gerade genügend Platz für einen Hintern bot. Ich setzte mich.
„Erst mal muss ich mich für den Schrecken entschuldigen,“ aber da winkte ich schon großzügig ab. „Ich musste auf die Schnelle mit Ihnen Kontakt aufnehmen, aber ich wollte Sie nicht auf Ihrem Schiff anrufen. Mir blieb nur die Kellnerverkleidung.“
„Und was wollen Sie?“
„Schnell gesagt. Sie schippern vier Herren herum, die in der Passagierkabine Ihres Fischkreuzers Geschäftliches besprechen. Wir müssen wissen, was da besprochen wird.“
Aber da war ich schon auf Hundert. „Dachte ich mir´s doch. So ein Schwachsinn; die lassen mich nicht mal in die Nähe meiner eigenen Kajüte. Ausgeschlossen, dass ich irgendwas mitkriege. Und der eine Kerl, der offenbar für einen von denen arbeitet, rennt dauernd mit irgendeinem Messgerät herum. Bei mir oben auf der Brücke war er auch schon, hat da ein Mikrofon oder eine Probe herumgehalten und scheinbar nichts gefunden. Aber wenn die was merken, fliege ich gleich über Bord. Und meine Freundin auch.“
Er klopfte mir beruhigend aufs Knie, was ich noch nie leiden konnte. „Keine Angst! Deshalb sitzen wir ja zusammen. Ich will Sie doch nicht in Verlegenheit bringen. Sie erinnern sich doch sicherlich, wie einwandfrei wir zusammen die Morenosache erledigten, oder? Ist doch perfekt gelaufen, nicht wahr?“ Er hörte sich nach Gebrauchtwagenverkäufer an. Wie ein amerikanischer Präsident. Weichklopfen, nennt sich die Methode. Ich würde ihm kein Wort glauben können.
„Die Sache jetzt", fuhr er fort, „ist dagegen kaum der Rede wert. Kein Risiko. Wir erledigen alles. Sie müssen nur Ihr Einverständnis geben. Dann übernehmen wir.“
„Worum geht es denn überhaupt?“ Eigentlich war mir ja klar, dass es Drogen sein mussten. Das war seine Spezialität, darauf war er geeicht. Aber er überraschte mich.
"Geld. Schmuggel, Steuern, Falschgeld. Geldwäsche, Betrug und natürlich am Rande Drogen, wie neuerdings immer. Aber hauptsächlich um viel, viel Geld, um ein paar riesige Macher der internationalen Untergrund-Wirtschaft."
"Schwarzmarkt?" Ich dachte, ich spinne.
"Wenn Sie wollen, Schwarzmarkt. Wir sind einem Phänomen auf der Spur, das in diesem Umfang erst seit Kurzem existiert. Und bis jetzt in anderen Ländern, Dritte-Welt-Ländern. Wir wollen es gleich packen, wollen´s abstellen, ehe es sich bei uns einnistet und überhandnimmt."
Hm. Eigentlich gar nicht so mein Ding. Ich habe ja keine Ahnung von solchen Sachen. "Buchhalter bin ich aber keiner. Im Prinzip soll doch jeder sein Geld verdienen, wie er will. Die Steuer bescheißt doch jeder."
"Klar bescheißt jeder die Steuer. Darum geht´s ja gar nicht. Diese feinen Herren verschieben riesige Geldmengen an der Behörde vorbei von Land zu Land. Weiß Gott, wem die Geldströme zugutekommen. Zu jedem besseren Terroranschlag gehört viel Geld, jeder Drogenschmuggel muss finanziert werden, der Menschenschmuggel, diese moderne Sklaverei,
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