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Aasgeier

Aasgeier

Titel: Aasgeier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter J. Kraus
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mit den Drogengeiern vor ein paar Jahren hat mir eingeimpft, dass man nie genug wissen kann. Also warf ich den Computer an, steckte den Stick in den USB-Port und kopierte erst mal die gespeicherten Gespräche auf die Festplatte. Dann klebte ich das Speichermedium mit dem zu diesem Zweck angebrachten Klebeband hinters Waschbecken. Die Bundesbullen mochten sonst ja ein böses, undurchsichtiges Pack sein, aber gelegentlich waren sie sehr auf Zack. Der Mechaniker war einwandfrei, und die Vorbereitungen für eine zeugenlose Speicherübergabe waren erste Klasse. Nichts Schwieriges, aber es musste erledigt werden, irgendwann von irgendwem, und sie hatten das drauf. Muss man ihnen lassen.
     
    Ich hätte mir ja denken sollen, dass ich nicht so ohne Weiteres das Drogengeld holen und behalten könnte. Aber ich war damals blauäugig. Nicht mal im Traum hätte ich gedacht, dass mir jemand die Dollars wieder abnimmt. Und dass mich das FBI mit meinem doch immerhin (wie es sich ergab) opferlosen Beutezug erpresst, das war einfach unverschämt. Trieb mir die Zornesröte ins Gesicht, wenn ich daran dachte. Dass sich Macmillan kaum Gedanken machen musste, wenn er sich entschloss, mich wegzupusten, das glaubte ich ihm sofort. Nicht zu fassen wie vergeiert die Bullen waren, die unsereinen doch schützen sollen. Dabei benehmen sie sich wie die schlimmsten Verbrecher. Stimmt wohl, dass sich Feinde immer ähnlicher werden.
     
    Ich konnte dem Macmillan nicht unwidersprochen solche dicken Hunde mit meiner Zukunft erlauben. Im Moment war ich machtlos, aber irgendwann würde ich es ihm heimzahlen.
     
    In letzter Zeit trauerte ich oft meiner ruhigen Kugel in Pismo nach. Mensch...; surfen, gelangweilte Frauen, genug zu Trinken und einen Job als Rockmoderator, den ich im Schlaf machte. Was ja gelegentlich sogar passierte. Meine Mobilbude am Strand, mein sorgloses Dasein. Alles im Arsch, bloß weil ich blöder Hund am Strand einen Toten fand und stehen blieb. Ich hätte woanders hinschauen sollen und weitergehen, ihn finden lassen, wer wollte. Aber nein, immer die lange Nase reinstecken. Überall.
     
    In meinem Alter ist genügend Schlaf wichtig. Nachdem ich also meine Kopie gespeichert hatte, schlief ich ausgezeichnet und lange, wie Marisol auch. Wir schenkten uns das Frühstück, gingen gleich an Bord und bereiteten unseren Tagestrip vor.
     
    Für heute war ein gemächliches Gleiten durch das südliche Delta geplant. Wir mussten erst um sieben zum Dinner in Rio Vista sein, ich wollte die schmalen Kanäle zwischen der Insel und dem alten Bett des San Joaquin River erkunden, also steuerte ich die „Miss Lucky“ nach Südosten. Die Herren unter uns wurden gelegentlich laut, aber nur kurz, und die paar Worte, die Marisol verstand, ließen nicht auf grundlegende Meinungsverschiedenheit schließen. Arschloch und Hurensohn führten die Beliebtheitsskala, Cabron, der Gehörnte, kam gelegentlich vor, gefolgt von Variationen des im katholischen Kulturkreis immer sehr populären Rätseln um den elterlichen Familienstand, alles Dinge, die ich auch ohne Dolmetscherin verstand. Wir ließen sie schimpfen und machten uns nichts draus.
     
    Noch ein Tag, und ich wäre um einiges wohlhabender. Wurde auch Zeit; ich hatte von der Kohle gelebt, die ich aus Baja mitgebracht hatte, aber das Häufchen schmolz dahin wie Schnee in der Sonne. Ich musste mir wirklich langsam Gedanken um meine Zukunft machen. Irgendwann musste ich mir einen Plan überlegen, jedenfalls für die nächsten paar Jahre. So ging das nicht weiter. Da kamen die zwölf Mille wie gerufen. Die würden die Pleite um Monate hinausschieben. Ich meine, klar hatte ich die viele verbuddelte Kohle, aber ich musste und wollte die mit Rick teilen, und sie war der vielfache Notgroschen, den wir eigentlich nie aufbrauchen wollten. Für den Lebensunterhalt sollten unsere Konten, unser Hotel, unsere kleinen Betriebe sorgen. Das Bare im Carrizo Plain hatten wir immer nur als Spielgeld betrachtet, als allerletzte Rettung. Nicht als Vermögen, sondern als Lotteriegewinn. So wollte ich es gern lassen. Zu lebhaft war die Erinnerung an die Unsicherheit meiner Junggesellen-Existenz.
     
    Die Sonne stand im Zenit, als wir an der Brannan Island State Recreation Area vorbeifuhren. Vorsichtig suchte ich die ultraschmale Fahrrinne im Sevenmile Slough, achtete mit Augen und Ohren darauf, dass wir nicht aufliefen, denn der befahrbare Streifen im Wasserweg war nicht nur eng, sondern vor allem naturbelassen. Der Experte an

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