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Aasgeier

Aasgeier

Titel: Aasgeier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter J. Kraus
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Wenn der keinen Muskelkater bekam! Das Herrchen hob mitten im Schritt die Hand, ein Bein blieb einen Moment oben, wurde dann kräftig auf den Boden gestoßen, der ganze Kerl machte aus dem Stand eine Vierteldrehung, stampfte wieder mit einem Bein auf, riss die Rechte in Augenhöhe und schrie „Hyle!“
    Bobby gab ihm die Indianergrußgeste und sagte ebenfalls, allerdings im Gesprächston „Hyle“. Ich grüßte „Hi.“
    Er stellte mich als guten Freund vor, der hier einige Tage verbringen würde, und betonte, dass ich Ruhe suche. „Er will unter keinen Umständen gestört werden, keine Besucher empfangen, will absolute Ruhe, und ich versprach ihm, dass ihr ihm den Frieden garantiert, den er sucht.“
    „Jawoll!", brüllte das Männchen, fragte seine fünf Gänse, ob sie verstanden hätten, worauf die Fünf auch „Jawoll!“ brüllten. Dann beugte es sich vor und streckte mir die Pfote entgegen. Ich griff und schüttelte. Besiegelt!
    Die schwitzenden Uniformierten marschierten weiter, Bobby und ich schauten ihnen nach, bis ich fragte, was Hyle bedeutete. „Heil", sagte er, „wie Führer. Auf Englisch, halt. Hyle.“
    Ach so.
    Die marschierten noch immer. Kamen nicht so schnell voran, hier am Hang und immer nur ein Bein auf dem Boden. Sie wackelten sogar bedenklich zwischendurch. Irgendwie taten sie mir leid.
    „USA-SS", sagte Bobby, der ihnen auch nachschaute. „United we Stand for America, Schutz Staffle. Schreiben die mit le statt el, weil ihr Führer behauptet, das sei die korrekte Schreibweise, sonst könne man es ja nicht aussprechen. Ich schlug dann vor, Schutz mit zwei o zu schreiben, weil es ja sonst Schatz ausgesprochen wird. Hat er lange überlegt und dann abgelehnt. Weil er, wie er sagte, genau wusste, dass die Deutschen das mit u schreiben.“ Er schüttelte den Kopf. „Die Zukunft der Arier, die Letzte Hoffnung der Weißen Rasse. Mein lieber Mann!“
    Wir spazierten in den Wald hinein, dorthin, woher die martialischen Hoffnungsträger kamen. Schön kühl war es im Schatten der Bäume, eine Brise vom Meer hielt Gräser und Zweige in Bewegung, der Milan kreiste nun über unserem Wäldchen und aus sehr großer Ferne war Autoverkehr zu hören. Ich musste an Misty denken. Meine Misty. Tot.
    „Wir treffen uns heute Nachmittag mit Ignacio. Der kommt her. Dann überlegen wir, was zu tun ist.“
    Ignacio kam um drei. Der alte Käfer ächzte gebläsejaulend den Berg hoch, endlich kam er in Sicht. Ich kannte das Auto fast ebenso lange, wie ich seinen Besitzer kannte, aber noch immer wirkte Ignacio wie ein Fremdkörper in dem Insektenauto. Er hockte auf zusammengedrücktem Sitz gebückt vor dem dünnen Kunststofflenkrad, schaute verkrampft durch die viel zu niedrige Scheibe, und wenn er sich aus dem Innenraum schälte, kam unwillkürlich Mitleid auf. Ich wollte ihm immer beim Aussteigen helfen, aber er wurde jedes Mal so grantig, dass ich gelernt hatte, den Impuls zu unterdrücken.
    Er lehnte sich an die gewaltige graue Granitsäule, von der die linke Hälfte der Eingangsüberdachung hochgehalten wurde. „Kreuzweh", ließ er wissen. Kein Wunder.
    „Kaufe dir doch endlich mal ein Auto.“ Er schaute nur verwundert. Als wollte ich von ihm einen Pariser borgen.
    Wir saßen im Kreis und dachten nach. Ich hatte genau berichtet, was am Freitag passierte. Inzwischen hatten die Zeitungen wohl auch die Geschichte gebracht, allerdings nur als Füllsel, denn Florida war fern und Drogen überall. Lediglich die Tatsache, dass beide Toten Kalifornier waren, war eine Meldung wert.
    Ignacio wollte genau wissen, wie der FBI–Mensch aussah, ob Dienstmarke und Dienstausweis echt waren – hätte lieber Bobby fragen sollen, ich kann doch nicht zwischen echt und guter Fälschung unterscheiden – und den genauen Wortlaut seiner Fragen. Ich hatte keine Ahnung. Den Sinn konnte ich wiedergeben, die Worte nicht. Afroamerikaner, um die vierzig, sah gut aus, die zusammengebundene Haarpracht, der schicke Anzug. Aber mehr auch nicht. „Doch,“ fiel mir ein, „er hatte eine prächtige Aussprache, sehr klar, sehr gute Betonung, eindeutig auf einem teuren College erlernt. Und jetzt, da mir das wieder einfällt, auch eine sehr klare Art, seine Fragen zu stellen. Als er mir detailliert sagte, was er wollte, fiel mir auf, dass er ungewöhnlich gut sprach.“ Die Erinnerung kam wieder. „Und dass ich ihn schon mal irgendwo gesehen hatte. Hat er zwar auch bestätigt, ist aber nicht näher drauf eingegangen.“
    Ich konnte auf

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