Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Aasgeier

Aasgeier

Titel: Aasgeier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter J. Kraus
Vom Netzwerk:
wurde.
     
    Montag frühstückten wir auf der Veranda, aalten uns in der Morgensonne und waren in recht aufgeräumter Stimmung. Der Arzt hatte ab zehn Uhr Sprechstunde, also verabschiedete er sich um kurz nach zehn von uns und ließ sich in die Stadt fahren. Wir sollten ruhig so lange bleiben, wie wir wollten – er würde noch ein paar Löcher Golf spielen und gegen drei wieder zu Hause sein. Winston hatte jedoch eine kleine Fahrt geplant, also schlug er vor, den Doc zum Mittagessen in Ojai zu treffen.
     
    Wir drei quetschten uns wieder auf den Rücksitz des Leihwagens und fuhren an Santa Barbara vorbei am Meer entlang, dann durch die Inlandstäler hinter Lompoc. Gegen Mittag bog der Fahrer rechts ab und brachte uns ins sonnenbeschienene einsame Santa Maria Tal. Ich konnte mich gut an die Gegend erinnern, hatte ich doch viel Zeit hier verbracht. Über Tage hinweg lag ich hier auf der Lauer, beobachtete Drogenkönig Moreno und seine Kneipe, prägte mir den Tagesablauf seiner Geschäfte ein, des legalen und des ungleich größeren illegalen, und tarnte mich so gut es ging durch Harley und allerlei Staub- und Sonnenschutz. Ich war oft mit dem Auto unterm Gipfel des Mount Tepusquet, saß dort in der Krone einer der vielen Goldeichen und beobachtete. War schön, so im Nachhinein. Außer Schulden hatte ich damals nur Sorgen, weil mir allzu viele Leute nach dem Leben trachteten, aber ich war doch ein glücklicher Mensch. Aus Dummheit, vielleicht. Oder aus anerzogenem Leichtsinn? Jedenfalls war ich nicht das Nervenbündel, zu dem ich mich entwickelt hatte.
     
    Wir fuhren am Restaurant vorbei und den Tepusquet hinauf zu meiner alten Beobachtungseiche kurz vor der Moreno-Bergfestung mit dem Wohnei und der verbuddelten Kohle. Wer das Grundstück wohl gekauft hatte?
     
    Winston war bestens ausgerüstet. Der Habicht reichte drei Ferngläser Marke Minolta herüber. Die Kneipe machte ein bombiges Mittagsgeschäft. Nicht schlecht für einen Montag auf dem Land. Ich zählte vierzehn Autos auf dem Parkplatz, und ein stetes Kommen und Gehen zeigte, dass sie ihr Geschäft verstanden. Ein Wunder, dass VanDeKamp hier beteiligt sein sollte. Ich konnte noch immer nicht so recht glauben, dass der Dämlichste meiner Schulkameraden auf einmal ein cleverer Drogenboss sein sollte. Der hatte auch als Ortsbulle kläglich versagt, obwohl unsere einheimischen Cops mehr Wert auf Seilschaft als auf Fachwissen legten.
     
    Die Scheune auf dem Morenogrundstück, die seinerzeit dem Drogenkrieg zum Opfer fiel, strahlte in wiedererrichteter Frische. Die beiden Torflügel waren fest verschlossen, auf dem Hof davor stand nicht einmal ein Huhn herum, geschweige denn Autos, nur die unmittelbare Umgebung der Kneipe war belebt. Offenbar hatte die Witwe Moreno entweder den Geschäftssitz verlegt oder andere Ladenöffnungszeiten eingeführt. Hier war eindeutig der Hund begraben, sagten sich Fuchs und Hase Gute Nacht, trafen alle derartigen Vergleiche aus dem Tierreich zu. Nix los.
     
    Nicht nur mir war die Stille aufgefallen. Auch Ignacio wunderte sich. „Sie achten sehr darauf, dass beide Geschäftszweige sauber getrennt bleiben,“ wusste Winston. „Vor allem VanDeKamp soll sich ständig darum kümmern, sagt mein Gewährsmann. Der Bulle hat wohl Schiss, dass seine einstigen Kollegen dahinterkommen könnten.“
    Kein Wunder. Wenn von denen einer spitzkriegt, was der ungeliebte Frühpensionär dort treibt, wimmelt die Bude vor Uniformierten. Winston stimmte meiner fundierten Meinung nur mit starkem Vorbehalt zu.
    „Weil der Scheißkerl als erfolgreicher Restaurantbetreiber den Pismobullen bei jeder Gelegenheit unter die Arme greift, ist er heute ein geachteter Mann. Er lädt sie zum Essen ein, er zahlt für Ausflüge in die Weinfelder ringsum, er veranstaltet Kameradschaftsabende für die Uniformierten und lädt ihre Familien ins Disneyland ein, er hat der Stadt sogar einen neuen, komplett ausgestatteten Bullenkreuzer gestiftet. Ich bezweifele, dass die eine solch sprudelnde Quelle abwürgen würden. Ein paar Cops sind immer bei ihm zum Essen da, jeden Mittag. Kaum anzunehmen, dass ihr Gehalt für solch feine Küche ausreicht.“
    „Dann habe ich mich in VanDeKamp getäuscht. Sorry. In der Schule und hinterher als Greifer war der so beknackt, dass er sich erst die entsprechende Vorschrift vorlesen ließ, ehe er irgendwas unternahm. Was immer für Heiterkeit sorgte. Aber offenbar hat er sich dabei was gedacht. Sein Ruf als völlig trockenes, geistloses

Weitere Kostenlose Bücher