Ab 1000 Meter wird geduzt!: Aus dem abgefahrenen Leben eines Skilehrers (German Edition)
könnte, nein, es schmeichelte uns. Wir waren die Kings! Als dann die Reportage groß unter der Schlagzeile »Moral unter null« erschien, verging uns jedoch das Lachen. Unser windiges Weiberheldenimage war ein für alle Mal zementiert, sogar mein Vater, der ja auch kein Kostverächter war, schüttelte nur zornig den Kopf. Das war selbst dem alten Gigolo zu viel. Er hatte recht: Diese PR -Maßnahme hätten wir uns wirklich sparen sollen.
Einen Imageschaden gab es aber dennoch nicht. So manche Urlauberin schwärmte in den höchsten Tönen, wenn sie mit einem von uns Skifahren durfte. Unseren Marktwert bei Frauen hatte der Zeitungsartikel offenbar noch gesteigert – und dafür konnten wir ja nichts!
An Aufmerksamkeit mangelte es aber auch sonst nicht, schließlich suchte ich mir ja auch immer besonders spektakuläre Aktionen aus, wie zum Beispiel das Saltospringen. Mit Skiern natürlich.
Während unserer Ausbildung in St. Christoph wettete ich mit Willi, einem damaligen Profi-Skispringer und Olympiateilnehmer, dass ich mit meinen normalen 2,20 Meter langen Skiern weiter springe, als er mit seinen wesentlich kürzeren Sprungskiern. Pro gewonnenem Sprung sollte es eine Flasche Sekt geben. Wir bauten eine Sprungschanze vor das bestehende hölzerne Alpkreuz, welches ungefähr fünf Meter hoch war, und sausten los. Nach dem Absprung spreizten wir unsere Beine weit auseinander, damit wir das Kreuz nicht berührten, und flogen hinüber. Das Ganze sechs Mal, und ich gewann jeden Sprung und somit einen Karton Sekt, der allerdings bis heute noch nicht geliefert wurde. Das Publikum johlte, doch Kruckenhauser sprach ein Machtwort: »Mathies, entweder du lässt diesen Blödsinn, oder du kannst sofort nach Hause fahren!« Nur ihm, dem Skipapst, gehorchte ich.
Doch ich konnte es nicht lassen. Für mein Publikum fuhr ich weiterhin auf Skiern wie ein Wilder, machte Grätschsprünge und Salti mit weit gespreizten Beinen. Da kapitulierten auch die exklusiven Hosen vom Kerber. Ständig riss die Naht im Schritt, und meine Mutter oder ein Zimmermädchen mussten bald jede Woche zu Nadel und Faden greifen. Die spektakulären Luftsprünge wurden erst zu meiner großen Leidenschaft und später zu meinem Markenzeichen. Kaum hatte ich es einmal erfolgreich ausprobiert, musste ich über jede Kante springen, die meinen Weg kreuzte. Kopfüber, vorwärts, rückwärts – mein Publikum war begeistert, und das spornte mich noch mehr an. Unnötig zu erwähnen, dass so mancher leichtsinnige Salto (in Verbindung mit dem ein oder anderen Obstler) zu unangenehmen Verletzungen geführt hat:
Eine Schnapsidee
Nach einem schönen Skitag ging ich am späten Abend auf einen Absacker ins Hotel »Mondschein«. Am Stammtisch saß der damalige Skischulleiter mit einem Schweizer Jäger, dem Pächter des Jagdbezirks in Stuben. »Willi, setz dich zu uns!«, rief er, und so kamen wir ins Gespräch. Es war nicht ungewöhnlich, dass bei geselligen Abenden schräge Ideen geboren wurden, gerade ich war ja dafür berühmt, und so kamen wir auf meine Saltokünste zu sprechen. »Der Willi kann Salto vorwärts und rückwärts, der springt über jeden Hügel!«
Der Jäger war bis dato noch nicht in den Genuss einer solchen Vorführung gekommen, er wollte aber etwas Besonderes sehen und war bereit, dafür 50 Schweizer Franken zu bezahlen. »Und an was hattet ihr da gedacht?«, fragte ich unternehmungslustig. »Ein Sprung übers Bienenhaus!«. Ich grinste breit. »Kein Problem, wann?« »Gleich morgen.«
Das Bienenhaus beherbergte nicht nur tatsächlich Bienen, es eignete sich auch aufgrund seiner Lage hervorragend für derartige Sprünge. Am nächsten Tag trafen wir uns dort, und ich legte noch eine Absprungschanze mit zwei Brettern. Die Aktion hatte sich mittlerweile rumgesprochen, zahlreiche Gäste wollten sich das nicht entgehen lassen. Mir war es recht, je mehr Zuschauer desto besser. Hinter dem Bienenhaus nahm ich Anlauf und sauste den Hügel hinunter auf mein Hindernis zu, und dann hob ich ab … Dank meines Publikums, das meine Höhenflüge auch gerne im Bild festhielt, besitze ich ein Foto von diesem besonders schönen Grätschsprung über das damalige Bienenhaus (heute befindet sich dort das »Sportcafe Arlberg«). Was man auf dem Bild aber nicht sieht: Ich landete ziemlich unsanft und zog mir einen offenen Unterschenkelbruch zu. Selber Schuld, wenn man über eine fünf Meter hohe Hütte springt und zwei Meter vor der Straße landet. Genau dort, wo eine
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