Ab 1000 Meter wird geduzt!: Aus dem abgefahrenen Leben eines Skilehrers (German Edition)
Schneefräse die schweren, harten Schneereste von der Straße hingeschleudert hatte.
Da war die Party schnell vorbei, und man fuhr mich ins Krankenhaus nach Rankweil, wo ich fast drei Monate im Streckverband verbrachte. Aber das gehörte eben dazu, diesen Preis zahlte ich gerne, waren doch genau diese Geschichten erst das Salz in der Suppe, das aus Willi Mathies den König vom Arlberg machte.
Mittlerweile war ich wirklich bekannt wie ein »bunter Hund«, und das auch über die Vorarlberger Grenzen hinaus. In einem Kaufhaus in Pforzheim arbeitete ich einen Herbst lang als Verkäufer in der Wintersportabteilung und verkaufte Skier. Man hatte eine Foto von mir aufgestellt mit dem Hinweis: Willi Mathies, der berühmte Skilehrer vom Arlberg! Leider war dieses Foto sehr begehrt, es wurde dauernd geklaut, und ich musste immer wieder neue Fotos besorgen. Eines Abends ging ich mit einer Kollegin aus dem Kaufhaus zum Tanzen aus, und da gestand sie mir plötzlich: »Willi, ich trage dich immer in meinem Herzen!« Ich bekam einen kleinen Schreck, denn an romantischen Liebesschwüren war mir nicht so sehr gelegen. Doch da griff sich die Dame ins Dekolleté und zauberte das Foto von mir heraus! Ich war eben ein begehrtes Objekt!
Angefangen hatte ich wie jeder andere Skilehrer auch, aber ich war anders als die anderen. Ich war ein Mathies – und so benahm ich mich auch. Es war ja auch nicht schwer Aufsehen zu erregen, wenn man mit einem rotem Porsche (wenn auch gebraucht) durch ein 100-Seelen-Kaff fährt. Früher rumpelten meine Vorfahren mit ihren Pferdefuhrwerken durch das arme Säumerdorf, nun knatterte ich mit einem Sportwagen oder dicken Motorrad durch die Gassen. Die Aufmerksamkeit war mir sicher, aber auch der Neid. Natürlich war ich für viele meiner Kollegen oder Verwandten ein rotes Tuch, ein arroganter Kotzbrocken, aber damit musste ich leben.
Aus Charles Bronson wird David Hasselhoff
Stuben war meine Bühne – und ich bespielte sie nach allen Regeln der Kunst. Schon längst reichten mir die Wintermonate nicht mehr, auch im Sommer musste ich an meinem Image arbeiten.
Als in Stuben ein Schwimmbad gebaut wurde – denn wir wollten auch unseren Sommergästen (und uns) etwas bieten – , strömten alle mit großer Begeisterung dorthin. Eine Wellnessoase zum Relaxen, so würde man es wohl heute nennen. Bewohner und Gäste aus dem ganzen Tal, aus Lech, Zürs, St. Anton und St. Christoph packten die Badehose ein und planschten in unserem Dorfpool. Das war natürlich eine Spielwiese nach meinem Geschmack. Sofort ergatterte ich den begehrten Posten des Bademeisters: Baywatch in Stuben, ich war der österreichische David Hasselhoff.
War im Winter die Damenwelt dick verpackt und in Thermowäsche eingehüllt, tummelten sich hier, Bikiniverbot hin oder her, die Mädchen in knappen Zweiteilern. Auch ich konnte meine maßgeschneiderten Skihosen gegen weiße Baumwollhosen tauschen und meinen sonnengebräunten muskulösen Oberkörper zur Schau stellen. Natürlich verrichtete ich auch diese Tätigkeit mit hundertprozentigem (Körper-)Einsatz, indem ich Schwimmer und Nichtschwimmer beaufsichtigte, »beschützte« und an lauen Sommerabenden mit meiner Ziehharmonika für Stimmung sorgte. Meist gingen wir erst im Mondschein heim, und dort wurde dann weitergefeiert, bis die Sonne aufging.
Dennoch gehörte meine große Leidenschaft dem Winter, die Skisaison war immer das absolute Highlight, und das hatte in erster Linie etwas mit dem weiblichen Geschlecht zu tun, womit wir beim letzten und wichtigsten Teil des Fortbildungsprogramms angekommen wären.
Große Auswahl
Schon früh war mir nicht entgangen, wie sehr die weiblichen Gäste ihre Skilehrer anhimmelten – und wie diese das schamlos ausnutzten. Nun, ich war in der Blüte meiner Jahre, und so machte ich auch meine ersten Erfahrungen mit den weiblichen Urlauberinnen. Für einen Nachwuchs-Casanova wie mich waren das paradiesische Zustände: Das Angebot war groß und vor allem abwechslungsreich, hier konnte man nach Herzenslust üben, ausprobieren, lernen. Die Mädchen und Frauen empfingen uns mit offenen Armen, wer konnte da widerstehen? Meist ging es über einen kleinen Flirt hinaus, und dann musste ich meine Eroberung (oder war es umgekehrt?) heimlich in mein Zimmer schmuggeln, was mir auch meistens gelang. Tagsüber war mein Vater in Zürs auf der Piste, meine Mutter kümmerte sich um den Lebensmittelladen und die Pension, so konnte ich mich in Sicherheit wiegen.
Eines
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