Ab 1000 Meter wird geduzt!: Aus dem abgefahrenen Leben eines Skilehrers (German Edition)
Skischule erschien, ertönte von irgendwoher: »Schaut, unser Willi, der Charles Bronson vom Arlberg!« Von nun an war ich nicht nur der Herzensbrecher, das Unikum, der bunte Hund oder der König der Albona, jetzt war ich der Charles Bronson vom Arlberg!
Dabei hatte ich mir den Schnäuzer nur zur Tarnung meiner Lippennarbe wachsen lassen, für die unser Schäferhund Rolf verantwortlich war. Rolf war ein äußerst gutmütiger und lieber Hund, aber eines Tages schnappte er mal daneben … Ich warf eine Dose in die Luft, er sprang hoch und fing sie auf. Das hätte stundenlang so weitergehen können, wenn nicht ein Wurf danebengegangen wäre – statt der Dose erwischte er meine Oberlippe. Aber eitel, wie ich nun mal war, brauchte das keiner zu wissen. Der Rolf hat den Willi gebissen – das hörte sich nicht gut an!
Ohne ein gepflegtes, attraktives Äußeres geht im Skizirkus gar nichts. Hier wurde natürlich nichts dem Zufall überlassen, ich war stets braungebrannt und durchtrainiert. Sogar meine Skihosen ließ ich nach Maß anfertigen. Dazu fuhr ich extra nach Lech zum Herrenausstatter Kerber. Die Hosen sollten natürlich den strammen Hintern und die muskulösen Beine optimal zur Geltung bringen und waren entsprechend eng geschnitten. Nun begann der nächste Teil meiner Fortbildung der etwas anderen Art: Ich wollte mich auf Frauen und Feiern spezialisieren. Für beides brauchte ich gute Lehrmeister(Innen), an denen es mir glücklicherweise nie mangelte.
Auf diese Weise lernen junge, unerfahrene Skilehrer auch immer etwas von ihren Gästen. Bei Alfred, einem erfolgreichen Transportunternehmer aus dem schwäbischen Memmingen, absolvierte ich den Partykurs für Fortgeschrittene. Früh am Morgen fuhren wir ganz komfortabel mit dem Taxi nach St. Christoph. Mit der Gondel ging es rauf auf Galzig, dann mit Skiern die Piste runter zur Valluga. Das Ganze dauerte ungefähr 15 Minuten, also höchste Zeit für einen Frühschoppen! Wir kehrten im Gasthaus »Valluga-Tal« ein, das zu diesem Zeitpunkt noch genug freie Plätze hatte. Für die meisten Skifahrer war an eine Pause noch nicht zu denken, doch Alfred war ein »gemütlicher« Skigast.
Frisch gestärkt fuhren wir dann mit der Valluga-Bahn auf 2711 Meter, und rein zufällig gab es dort oben auch ein Lokal, in das wir auf ein kleines Schnäpschen und Bierchen einkehrten. Danach standen Alfred und ich wieder auf unseren Brettern Richtung Ulmer Hütte, denn mittlerweile konnte unser Magen feste Nahrung gebrauchen. Nach einer deftigen Speckknödelsuppe servierte die Wirtin ein weiteres Schnäpschen. Die Hütte war brechend voll, nach ein paar Abfahrten waren nun auch die anderen Skilehrer und ihre Gäste hungrig. Verführerische Düfte hingen in der Luft, und eine resolute Wirtin kämpfte sich mit ihrem Tablett durch Tische und Bänke. Bei diversen Schoppen Wein, Musik und derben Witzen stieg die Laune, eine Runde jagte die nächste, und ich spielte auf meiner Ziehharmonika. Wir sangen, schunkelten und flirteten.
Wer noch nie in einer Berghütte versackt ist, hat etwas verpasst. Nirgendwo sonst lernte man so schnell Menschen kennen. Und auch wenn es schwerfiel, irgendwann war es Zeit für den Heimweg. Beschwingt wedelten Alfred und ich runter nach Stuben. So eine »gemütliche« Abfahrt machte man nur einmal, danach blieb man besser im Tal. Aber der »Skitag« war noch lange nicht vorbei, nun feierten wir im Hotel »Mondschein« weiter, wo mein Gast residierte: »Willi, geh rauf auf mein Zimmer. Zwischen den Hemden liegt meine Geldbörse. Hol sie herunter, heute machen wir ein Fest!« Da ließ sich der Transportunternehmer nicht lumpen!
In dieser Zeit entdeckte ich meine Vorliebe für die späte Dorfrunde. Wenn nur noch die unverwüstlichen übrig waren, ging es in das Tanzlokal »Tenne« (man kann als Skilehrer seinen Gast nicht einfach im Stich lassen), dort spielte eine Kapelle Livemusik. Bis in die frühen Morgenstunden wurde gefeiert, und das alles in Skilehrermontur inklusive Skischuhe!
Die Puppenkönige
Wahre Partyprofis waren auch Horst, Eugen und Klaus, von ihnen lerne ich mittlerweile seit 30 Jahren …
Zehn Jahre lang fuhren wir zusammen nach Tirol, ins Pitztal, später dann ins benachbarte Kaunertal, wo wir im Vier-Sterne-Hotel »Feichtner Hof« residierten. Es war jeden Herbst das Gleiche: Kaum hatten wir einen Fuß nach Feichten gesetzt, brach dort die Hölle los. Wir waren die Kings vom Feichtner Hof! Am Abend kamen die einheimischen Frauen, und mit denen
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