Ab die Post
Feucht, »die Briefe, die wir den Jungs gerade gegeben haben, die sind doch nicht aus einer anderen Dimension oder…«
»Keine Sorge, ich habe sie gestern Abend überprüft«, erwiderte Grütze. »Sie sind nur alt. In den meisten Fällen sieht man das am Stempel. Ich erkenne, welche unsere sind, Herr. Hatte jahrelang Zeit, es zu lernen. Es ist eine Fähigkeit, Herr.«
»Könntest du es anderen beibringen?«
»Ich denke schon«, sagte Grütze.
»Die Briefe haben zu mir gesprochen, Herr Grütze!«, entfuhr es Feucht.
Zu seiner Überraschung ergriff der Alte seine Hand und schüttelte sie. »Bravo, Herr!«, sagte er mit Tränen in den Augen. »Wie gesagt, es ist eine Fähigkeit. Lausche dem Flüstern, das ist der halbe Trick! Sie leben, Herr, sie leben. Nicht wie Menschen, eher so wie… Schiffe leben, Herr. All die zusammengepressten Briefe, all ihre… Leidenschaft, Herr… ich glaube, dieser Ort hat so etwas wie eine Seele, Herr, ja, das glaube ich…«
Die Tränen rollten über Grützes Wangen. Es ist Wahnsinn, dachte Feucht. Und er hat mich angesteckt.
»Ah, ich sehe es in deinen Augen, Herr, ja, ich sehe es!«, sagte Grütze und lächelte nass. »Das Postamt hat dich gefunden! Es hat dich umarmt, Herr, ja, das hat es. Du wirst nie fortgehen, Herr. Manche Familien haben hier hunderte von Jahren gearbeitet, Herr. Wenn man erst einmal den Stempel des Postdienstes bekommen hat, gibt es kein Zurück mehr…«
Feucht löste seine Hand so taktvoll wie möglich aus dem Griff. »Ja«, sagte er. »Erzähl mir von Stempeln.«
Bomm.
Feucht blickte auf das Blatt Papier. Abgenutzte und schmierige rote Buchstaben bildeten die Worte: »Postamt Ankh-Morpork.«
»Genau, Herr«, sagte Grütze und winkte mit dem schweren Stempel aus Holz und Metall. »Ich knalle den Stempel auf das Stempelkissen hier, und dann knalle ich ihn, dann knalle ich ihn auf den Brief. Hier! Siehst du? Ich hab’s nochmal getan. So ist es jedes Mal. Gestempelt.«
»Und das ist einen Cent wert?«, fragte Feucht. »Meine Güte, jedes Kind könnte dies mit einer halben Kartoffel fälschen!«
»Das war immer ein Problem, Herr«, sagte Grütze.
»Warum muss der Postbote überhaupt die Briefe stempeln?«, fragte Feucht. »Warum verkaufen wir den Leuten nicht einfach einen Stempel?«
»Sie würden einen Cent dafür bezahlen und dann immerzu stempeln, Herr«, wandte Grütze ein.
In der Maschinerie des Universums rasteten die Zahnräder der Unvermeidlichkeit ein…
»Nun…« Feucht blickte nachdenklich auf das Papier. »Wie wäre es mit… einem Stempel, den man nur einmal benutzen kann?«
»Du meinst… mit wenig Tinte?«, fragte Grütze. Er runzelte die Stirn, wodurch sein Toupet zur Seite rutschte.
»Ich meine… wenn man mit dem Stempel viele Male auf Papier stempelt und dann die gestempelten Stellen ausschneidet…« Feucht betrachtete ein inneres Bild, wenn auch nur, um dem Anblick des langsam zurückkriechenden Toupets zu entgehen. »Die Zustellungsgebühr in der Stadt beträgt einen Cent, nicht wahr?«
»Außer für die Schatten, Herr«, sagte Grütze. »Dort sind’s fünf Cent, weil ein bewaffneter Wächter gebraucht wird.«
»In Ordnung. Na schön. Ich glaube, ich habe da eine Idee…« Feucht sah zu Herrn Pumpe, der in einer Ecke des Büros glühte. »Herr Pumpe, bitte sei so nett und geh zum Ziegengeist drüben bei Hauswurz, und frag den Wirt nach Herrn Robinsons Box. Vielleicht möchte er einen Dollar verdienen. Und wenn du schon einmal dort bist… Es gibt da eine Druckerei in der Nähe, Wimmler und Roller. Hinterlass dort eine Nachricht, dass der Postminister über einen großen Auftrag sprechen möchte.«
»Wimmler und Rolle?«, fragte Grütze. »Die sind sehr teuer, Herr. Drucken all das Vornehme für die Banken.«
»Außerdem sind sie verdammt schwer zu fälschen«, sagte Feucht. »Das habe ich zumindest gehört«, fügte er schnell hinzu. »Wasserzeichen, besondere Fäden im Papier, alle Arten von Tricks. Ähem. Ein Ein-Cent-Druck und ein Fünf-Cent-Druck… Was ist mit Post für die anderen Städte?«
»Fünf Cent für Sto Lat«, sagte Grütze. »Zehn oder fünfzehn für die anderen. Drei Dollar für den ganzen Weg bis nach Gennua. Das mussten wir auf die Umschläge schreiben.«
»Dann brauchen wir auch einen Ein-Dollar-Druck.« Feucht machte sich Notizen auf einem Zettel. »Wir markieren die Briefe mit… Briefmarken.«
»Aber eine Briefmarke, die einen Dollar kostet…«, sagte Grütze skeptisch. »Wer würde die
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