Ab die Post
hatte… ein wenig aufgeräumt. Er konnte einfach nicht anders. Er war ein Ganove. Was erwartete Vetinari von ihm?
Die Postboten kehrten zurück, als er das Gebäude betrat. Herr Grütze wartete mit einem besorgten Lächeln auf ihn.
»Wie läuft’s, Postinspektor?«, fragte Feucht munter.
»Recht gut, Herr, recht gut. Es gibt gute Nachrichten, Herr. Die Leute haben damit begonnen, uns Briefe zu geben, Herr. Es sind noch nicht viele, und einige von ihnen sind, äh, scherzhaft gemeint, aber wir haben jedes Mal einen Cent bekommen. Hier sind sieben Cent«, fügte er stolz hinzu und reichte Feucht die Münzen.
»Meine Güte, heute Abend gibt’s was zu essen!«, sagte Feucht und nahm die Münzen und Briefe entgegen.
»Wie bitte, Herr?«
»Schon gut, Herr Grütze. Bravo. Äh… du hast gute Nachrichten erwähnt. Gibt es auch welche von der anderen Sorte?«
»Ähm… manchen Leuten gefiel es nicht, Post zu bekommen, Herr.«
»Wurden Briefe falsch zugestellt?«, fragte Feucht.
»O nein, Herr. Aber alte Briefe sind nicht immer willkommen. Zum Beispiel dann nicht, wenn sie einen letzten Willen enthalten. Damit meine ich ein Testament, Herr«, betonte der Alte bedeutungsvoll. »Wie sich herausstellte, ist vor zwanzig Jahren Mutters Schmuck an die falsche Tochter gegangen.«
»Oh«, sagte Feucht.
»Die Wache musste gerufen werden, Herr. In der Weberstraße ergab sich etwas, das die Zeitungen ›Krach‹ nennen, Herr. In deinem Büro wartet eine Dame auf dich, Herr.«
»Lieber Himmel, doch nicht eine der Töchter?«
»Nein, Herr. Eine Schreiberin von der Times. Man kann den Leuten von der Times nicht trauen, Herr, obwohl sie ein recht gutes Kreuzworträtsel bringen«, fügte Grütze in verschwörerischem Tonfall hinzu.
»Was will sie von mir?«
»Keine Ahnung, Herr. Vielleicht ist sie hier, weil du der Postminister bist.«
»Geh und… koch Tee oder so.« Feucht klopfte auf seine Jacke. »Ich… äh… muss mich nur ein wenig zusammennehmen…«
Zwei Minuten später war das gestohlene Papier sicher verstaut, und Feucht betrat sein Büro.
Herr Pumpe stand an der Tür, das Feuer in den Augen nicht ganz so hell, mit der Haltung eines Golems, dessen Aufgabe derzeit nur darin bestand zu existieren. An Feuchts Schreibtisch saß eine Frau.
Er musterte sie. Sie war attraktiv, gewiss, aber so gekleidet, dass sie die eigene Attraktivität herunterspielte und sie gleichzeitig geschickt unterstrich. Aus irgendeinem Grund waren in der Stadt wieder Turnüren in Mode, doch ihr einziges Zugeständnis daran war eine Gesäßrolle, die hinten keck wirkte, ohne dass man siebenundzwanzig Pfund gefährlich mit Federn beladene Unterwäsche tragen musste. Sie war blond, trug ihr Haar aber in einem Netz, ein weiteres elegantes Detail. Ein kleiner und recht modischer Hut ruhte auf ihrem Kopf, ohne einen besonderen Zweck zu erfüllen. Eine große Umhängetasche stand neben dem Stuhl, ein Notizbuch lag auf den Knien der Frau, und sie trug einen Ehering.
»Herr Lipwig?«, fragte sie heiter. »Ich bin Fräulein Kratzgut. Von der Times.«
Na schön, Ehering, aber trotzdem »Fräulein«, dachte Feucht. Mit Vorsicht behandeln. Hat wahrscheinlich Ansichten. Nicht versuchen, ihre Hand zu küssen.
»Und wie kann ich der Times helfen?«, fragte er, setzte sich und schenkte ihr ein nicht herablassendes Lächeln.
»Wollt ihr die ganze Post zustellen, die sich angesammelt hat, Herr Lipwig?«
»Wenn es möglich ist, ja«, antwortete Feucht.
»Warum?«
»Es ist meine Aufgabe. Regen, Schnee, Dunkelheit der Nacht, wie es über der Tür steht.«
»Hast du vom Aufruhr in der Weberstraße gehört?«
»Ich habe von einem Krach gehört.«
»Ich fürchte, es war schlimmer. Ein Haus stand in Flammen, als ich ging. Beunruhigt dich das nicht?« Fräulein Kratzguts Stift war plötzlich zum Schreiben bereit.
Feuchts Gesicht blieb ausdruckslos, als er angestrengt überlegte. »Doch, natürlich«, erwiderte er. »Die Leute sollten keine Häuser anzünden. Aber ich weiß auch, dass Herr Parker von der Kaufmannsgilde am Samstag seine Jugendliebe heiratet. Hast du das gewusst?«
Das war nicht der Fall. Fräulein Kratzgut schrieb eifrig, während Feucht ihr von dem Brief des Gemüsehändlers erzählte.
»Das ist sehr interessant«, sagte sie. »Ich werde ihn besuchen. Du hältst es also für eine gute Sache, die alte Post zuzustellen?«
»Die Post zuzustellen ist die einzige Sache«, sagte Feucht und zögerte erneut, als er ein fernes Flüstern zu hören
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