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Ab ins Bett!

Ab ins Bett!

Titel: Ab ins Bett! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Baddiel
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in seinen Haaren klebte.
    »Entschuldigen Sie«, sagte er Arzt. »Würden Sie bitte...«
    »Wo willst du denn sonst hin, Nick? Hier hast du dein Zuhause gefunden!«
    »...nicht so herumschreien. Das verstört die anderen Patienten.« Er legte besänftigend die Hand auf meinen wild gestikulierenden Arm. Ich schüttelte sie ab — all das latent Jüdische in mir hatte offenbar meine Achselzuckmuskeln aufgebaut - und schlug ihm dabei aus Versehen ins Gesicht und die Brille von der Nase. Eine Sekunde später, und seine Faust landete neben meiner Schläfe, Gott sei Dank nicht gekonnt gezielt. Ich wirbelte rum und haute ihm so fest ich konnte mit der rechten Faust unters Kinn: Mittendrin von dem Ganzen fiel mir ein, daß dieses Benehmen wahrscheinlich genauso wenig seinem Charakter entsprach wie meinem, aber daß so was halt passiert, wenn es zu einem unglücklichen Zusammenstoß zwischen zwei Männern kommt, mit denen so die Gäule durchgehen, daß sie die Zügel nicht mal mehr sehen. Er versuchte mich k. o. zu schlagen, verfehlte meine Stirn aber um ein paar Zentimeter. Gott dankend, daß ich ihm als allererstes die Brille runtergehauen hatte, warf ich mich mit meinem ganzen dicken Gewicht gegen ihn, wobei er mit dem Rücken gegen das Einwegfenster knallte, das in tausend Stücke zersprang. Er flog nicht durch die Scheibe, zum Glück, und im nächsten Moment wurde ich von hundert Händen zu Boden gerissen, die meisten davon gehörten Wärtern, obwohl ich mir sicher bin, daß ich auch Nicks Nikotinfinger darunter sah; dann ein stechender Schmerz in meinem Oberschenkel, und die Welt verschwamm, so wie ich es mir immer wünsche, und ich bekam den Wecksackmoment mit, eindeutig, weil ich mich erinnern kann, daß ich eine Sekunde davor eine große Ansammlung von Insassen sah, die neugierig zu dem Fenster reinguckten, das vorher nur ihr Ich-erkenn-mich-selbst-nicht-wieder-Spiegelbild zurückgeworfen hatte.
    Am Abend war ich wieder zu Hause und ließ mir von Dina mit jodgetränkten Wattebällchen meine Wunden betupfen.
    »Aber was zum Teufel hast du dir dabei gedacht?« fragte sie zum drittenmal.
    »Gar nix, das hab ich dir doch schon gesagt. Das ist ja der Punkt. Au! Paß doch auf.«
    »Schon gut. Ich passe auf.«
    »Wenn ich eine Sekunde nachgedacht hätte, wär es natürlich
    nicht zu der Schlägerei gekommen. Und als er mir eins überzog, hätte ich mir da ’ne Sekunde Zeit genommen, mir zu sagen: Na klar, das macht er bloß, weil er glaubt, ich hab ihm absichtlich die Brille runtergehauen, und weil er außerdem ’nen stressigen Job hat«, dann hätten natürlich auch nicht vier Bullen um mich gestanden, als ich wieder zu mir kam, die mich wegen Körperverletzung belangen wollten. Aber ich hab nicht nachgedacht.«
    »Und wieviel wird es kosten, das Fenster zu ersetzen?«
    Meine Stimmung sank noch tiefer. Daran hatte ich überhaupt noch nicht gedacht.
    »Keine Ahnung. Werd ich das zahlen müssen?«
    »Nehme ich doch an.«
    Sie legte einen Wattebausch auf einen besonders bösen Schnitt auf meiner rechten Backe. Ich verzog das Gesicht; durch meine zusammengekniffenen Augen sah ich Dina lächelnd den Wattebausch wegnehmen, sich mit theatralisch gespitzten Lippen zu mir herabbeugen, und im nächsten Moment spürte ich ihre noch weicher als Watte an meiner Wange.
    Natürlich war das ironisch gemeint, eine bewußte Kopie all der Frau-küßt-ihrem-Mann-die-Wunden-Szenen, aber trotzdem war die Zartheit ihres Mundes so echt und lindernd, daß die Ironie und die dicke Schicht, mit der sie Liebesbezeugungen überzieht, so abstank wie die letzte Bemerkung eines Oberklugscheißers, die er sich lieber hätte verkneifen sollen.
    Als Dina ihr Gesicht wieder wegnahm, tilgte der lächelnde Spott in ihren Augen die Zärtlichkeit darin nicht ganz. Vielleicht wegen der plötzlichen Ironie-Amnestie, vielleicht weil es ein langer Tag gewesen war - jedenfalls fühlte ich plötzlich das Heranrollen dieser Woge in mir, jener, die unausweichlich die Worte »Ich liebe dich« auf dem Wellenkamm hat. Ich öffnete den Mund, und die Türklingel ging. Dina sah mich an.
    »Erwartest du jemand?«
    »Nein«, sagte ich.
    »Bleib sitzen, ich mache auf.« Dinas Ton gab mir irgendwie das
    Gefühl, daß ich die Verletzter-Soldat-Nummer ein bißchen übertrieb.
    Als sie zurückkam, hatte sie einen Polizisten und eine Polizistin bei sich.
    »Mr. Jacoby?« sagte der für einen Polizisten ziemlich schmächtige männliche Part, der so um die zweiundzwanzig war.
    Ich

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